Freitag, 30. Mai 2008

„Vorbeben“. Was die globale Finanzkrise für uns bedeutet und wie wir uns retten können.

Buchbesprechung:

Wolfgang Münchau:Vorbeben“. Was die globale Finanzkrise für uns bedeutet und wie wir uns retten können. Hanser Verlag, München 2008.

Im nachhinein lässt sich mit Fug und Recht behaupten, dass das Ausmass der anrollenden epischen Finanzkrise von der Mehrzahl der Experten völlig unterschätzt worden ist. Ausgebrochen ist die Krise im August 2007. Auslöser war die Erkenntnis, dass verbriefte Hypothekendarlehen aus dem Subprime-Sektor in den diversen Derivatenformen wesentlich riskanter waren als bis anhin angenommen. Später sprach man deshalb von einer Kreditkrise. Nun sind wir in einer globalen Finanzkrise gelandet.

Der Ausgangspunkt der Krise lag sicherlich am gelpolitischen Kurs der US-Notenbank (Fed) unter Alan Greenspan. Als fatal erwies sich aber die Idealisierung des Marktes durch Entscheidungsträger. Für das Entstehen von Spekulationsblasen ist daher eindeutig der Markt-Fundamentalismus verantwortlich. Die Relevanz der neuen synthetischen Finanzinstrumente fürs Risikomanagement und die Liquiditätsbereitstellung wurde besonders durch den damaligen Fed-Chef über den Schutz der Öffentlichkeit gestellt. Warnungen wurden von ihm geflissentlich in den Wind geschlagen. Heute haben die äusserst komplexen Finanzderivate mittlerweile eine dominate Stellung in den globalen Finanzmärkten, wobei mangelhafte Aufsicht auch eine wesentliche Rolle spielt. Wolfgang Münchau unternimmt hier den Versuch, aufzuzeigen, wie sich die Blase an den Kreditmärkten bilden konnte. Er stellt zudem anhand von besicherten Schuldverschreibungen (CDOs) verständlich dar, wie die Spekulation in den Kreditmärkten funktioniert. Auch das Prinzip der Verbriefung und das Instrument des Swaps, die beiden wichtigsten Konzepte der modernen Finanzmärkte, werden ausführlich mit Zahlenbeispielen klar erklärt. Ein Glosser mit den wichtigsten Fachausdrücken rundet dieses informative Buch ab. Der Titel des Buches „Vorbeben“ ist bewusst gewählt, da das Werk bereits im Oktober 2007 den Redaktionschluss hatte und die Prognose abgeben wollte, dass die Subprime-Krise nur ein Vorbeben eines grösseren tektonischen Schocks in den internationalen Finanzmärkten darstelle, was sich nun als richtig herausstellt. Wolfgang Münchau ist Direktor des Wirtschaftsinformationsdienstes „eurointelligence.com“ und Europa-Kolumnist der „Financial Times“. Er war Gründer einer der Gründer der „Financial Times Deutschland“ und deren Chefredakteur von 2001 bis 2003. Der Autor verzichtet nicht darauf, Tipps und Empfehlungen zu geben, wie sich Anleger in diesem äusserst widrigen Marktumfeld verhalten sollen. Lesenswert.

Cezmi Dispinar

*erschienen in der Ausgabe 197 von 30. Mai 2008

Donnerstag, 29. Mai 2008

Inflation 2.0

Wie sich die Änderung der Bemessungsgrundlage am Finanzmarkt auswirkt:

Die US-Notenbank (Fed) hat seitdem Ausbruch der Kreditmarktkrise im vergangenen Sommer ihren Leitzins um 325 Basispunkte (d.h. 3,25%) auf 2,0% gesenkt. Seit Oktober liegen die Leitzinsen im Euroland höher als in den USA. Das war zuletzt 2003 der Fall. Aus dem aktuellen Sitzungsprotokoll der Fed geht hervor, dass eine weitere Lockerung der Zinspolitik für nicht angemessen gehalten wird, auch wenn die Wirtschaft noch etwas schwächer werden sollte. Die Fed-Mitglieder scheinen zu glauben, dass die US-Wirtschaft in einem zyklischen Abschwung steckt. Zugleich mehren sich Anzeichen, dass die Fed die Inflationsgefahr inzwischen ernst nimmt. Die Fed werde dafür sorgen, dass die Inflationsspirale nicht ausser Kontrolle gerät, sagte Janet Yellen gestern, die Präsidentin der Federal Reserve von San Francisco.

Es ist bemerkenswert, dass auch Bill Gross, der den weltgrössten Anleihenfonds (Pimco) führt, in seinem „Investment Outlook June 2008“ gerade auf dieses Thema eingeht. Er schreibt, dass sich manche Schwellenländer heute für „real growth“ Investitionen besser eignen. Der Grund: Die USA unterschätzen die Inflation wegen ihrer Methodologie zur Messung der Verbraucherpreise (CPI). Die Pimco ziehe es vor, in ausländische Aktien in fremder Währung und rohstoffbasierte Anlageklassen zu investieren, wo das reale Wachstum und die Inflationsrate „authentisch“ sind. Gross rät derzeit davon ab, US-Staatsanleihen oder inflationsgebundene Treasuries (TIPs) zu kaufen, weil deren Renditen wegen der „künstlich niedrigen“ Inflation real negativ sind. Die US-Notenbank hat am 21. Mai ihre Inflationsprognose für 2008 nach oben revidiert, von bisher 2,1 bis 2,4% auf neu 3,1 bis 3,4%. Was hat das alles mit der anrollenden Kreditmarktkrise zu tun? Vermögenswerte-Blasen (financial asset bubble) entstehen historisch gesehen in Zeiten niedriger Inflation. Investoren fangen an, sich über Kredite zu finanzieren. Plötzlich wachsen Kredite. Alan Greenspan, dem ehemaligen Fed-Chef wird bekanntlich seit geraumer Zeit vorgeworfen, die Spekulationsblase wenn nicht ausgelöst, aber doch gefördert zu haben, indem die Zinsen von ihm „zu lange zu tief“ gehalten wurden. Greenspan seinerseits hatte seine Zinspolitik zum Teil dadurch begründet, dass die amerikanische Inflationsrate um 0,5 bis 1,5% überschätzt sei. Daher hätte er mehr Spielraum. Die Debatte über die Inflationsbemessung war immer eine politische. Viele Staatsausgaben hängen von der Inflationsrate ab. Sinkt die Inflation, kann die Regierung die Ausgaben für z.B. die Sozialleistungen, Teuerungszuschlag usw. kürzen und das Geld für anderweitige Zwecke ausgeben. In den 1990er Jahre wurde in den USA in der Methodologie zur CPI-Ermittlung drei hauptsächliche Veränderungen vorgenommen: 1) Die arithmetische Kalkulation wurde durch die geometrische Berechnung ersetzt. 2) Substitutionseffekt wurde eingeführt: Würde der Preis von Rindfleisch relativ zum Huhnpreis steigen, würden mehr Hähnchen konsumiert, weil die Leute Rindfleisch durch mehr Huhn-Konsum ersetzen würden, so die Annahme. Der höhere Rindfleischpreis wird also in der Bemessung nicht berücksichtigt. 3) Hedonistische Anpassung: wenn der Preis eines Produktes steigt und zugleich die Qualität verbessert wird, sollte der Preisanstieg um den Dollar-Betrag, welcher die Leistungsverbesserung ausmacht, reduziert werden. Das betrifft v.a. Computer bzw. Software. Fazit: Die Änderung in der Bemessungsmethode führt dazu, dass die Inflationsrate (ca. um 1,0%) tiefer erscheint, d.h. unterschätzt wird, während das Wirtschaftswachstum (um den gleichen Prozentpunkt) höher ausfällt, d.h. überschätzt wird. Weitere Verästelungen betreffen die Bewertung von Finanzanlagen wie Aktien, Bonds und Immobilien.

Dienstag, 27. Mai 2008

Tranchen einer CDO: Equity, Mezzanine und Senior

Eine einfache Subprime-CDO entsteht aus Verbriefung, Bündelung und Strukturierung von Hypotheken. Die Grundlage bildet ein Referenzportfolio. Das heisst, dass der entsprechenden CDO eine Anzahl von verbrieften Subprime-Hypotheken zugrundeliegt. Die Struktur eines solchen Produktes beinhaltet i.d.R. drei verschiedene Wertpapier-Klassen, die man Tranchen nennt. Tranchen sind also Wertpapiere mit einem klar definierten Risikoprofil.

Die Equity Tranche ist die riskanteste bzw. die tiefste Tranche, die von Ratingagenturen nicht bewertet wird. Die Equity Tranche ist mit Aktien vergleichbar. Deshalb werden sie Equity genannt. Ihre Laufzeit ist nicht begrenzt und ihre Rendite hängt von der Entwicklung des Referenzportfolios ab. Sie fangen die ersten Verluste im Referenzportfolio auf. Erst dann kommen die Mezzanine und die Senior Tranche zum Zuge.

Die Mezzanine Tranche ist die mittlere Tranche einer CDO.

Die Senior Tranche ist die Tranche mit dem geringsten Risiko und der geringsten Rendite. Mezzanine und Senior Tranche sind mit Anleihen vergleichbar. Sie verfügen über einen festen Coupon und haben eine vordefinierte Laufzeit.

Fallbeispiel:
Hedge Fonds Strategie;
ihre Wette lautet so: long in Equity, short in Mezzanine.

CDO (Colateralized Debt Obligation): Auf Deutsch nennt man die CDOs „besicherte Schuldverschreibungen“. Eine CDO ist ein Wertpapier aus dem Kreditmarkt, welches ein Pool von Krediten bündelt und diese in unterschiedlichen Risiko- und Ertragseigenschaften umformt bzw. ausgibt (d.h. emittiert). Es geht im Prinzip um Verbriefungsprodukte. Es gibt verschiedene Formen von CDOs.

Montag, 26. Mai 2008

Angst vor Inflation sorgt für Favoritenwechsel

Nach dem Ausbruch der Kreditmarktkrise im vergangenen Sommer hatte das Thema Rezession das Geschehen am globalen Finanzmarkt beherrscht. Das „R“-Wort veranlasste Anleger in die Anleihenmärkte zu fliehen. Die Longbonds haben im Folge der Kapitalzuflüsse von Oktober 2007 bis März 2008 rund 10% zugelegt. Nun wendet sich aber das Blatt. Der Ölpreis hat sich inzwischen verdoppelt und die Nahrungsmittelpreise ziehen an. Marktteilnehmer befürchten sogar Stagflation. Das heisst, bei zunehmender Teuerungsrate ein rückläufiges Wachstum. Plötzlich ist das „I“-Wort in aller Munde.

Unabhängig davon, ob die Inflationsbefürchtungen begründet sind oder nicht, zeigen die Anleihenmärkte die ersten Reaktionen. Die Renditen am kurzen Ende fangen an, zu steigen. Die Rendite der 2-jährigen Notes hat vergangene Woche mit der Berührung von 2,59% den höchsten Wert seit Jahresbeginn verbucht. Während die Inflationsrate mehr als 4% beträgt, hat es keinen Sinn, 10-jährige Staatsanleihen mit einer Rendite von 3,9% zu halten. Steigt die Inflation, erbringen die Obligationen die schlechteste Performance. Das bedeutet für Investoren Favoritenwechsel. Daher ist in naher Zukunft mit Portfolioumschichtungen zu rechnen. Die Aktien werden jetzt attraktiver erscheinen. Anleger dürften aber vorerst rohstoffbasierte Anlageklassen vorziehen.

Ninja Loans

Es geht hier um die spekulative Kreditvergabepolitik im Subprime-Sektor. Subprime-Kredite sind Darlehen oder Hypotheken, die an Kunden mit geringerer Kreditwürdigkeit gewährt werden, ohne angemessene Überprüfung von persönlichen Daten. Die Regulierung war so lässig, dass selbst Arbeitslose eine Hypothek über beispielsweise 30 Jahre bekommen haben. Es war in vielen Fällen offensichtlich, dass der Antragsteller den Kredit niemals zurückzahlen könnte. Diese Art von Hypotheken wurden unter Experten als Ninja Loans („no income, no jobs, no assets“) genannt. „Kein Einkommen, keine Arbeit, kein Vermögen“.

Warum bieten aber Kreditinstitute und Banken solche Kredite an? Es gibt hauptsächlich zwei Gründe: 1) Die Banken gingen davon aus, dass die Häuserpreise weiter steigen würden. Im schlimmsten Fall, sollte Kreditnehmer die Zinsen nicht bedienen können, würde die Bank das Haus versteigern. 2) Für die Banken war es sehr einfach, die Hypotheken zu verbriefen und auf diese Weise am Markt weiter abzugeben. Das heisst, dass die Banken sie verkaufen und das Risiko auf Dritte abwälzen konnten. Abnehmer waren Hedge Fonds und andere Investoren, die mit CDOs („Collateralized Debt Obligation“) hohe Rendite erzielen wollten. Alan Greenspan, der ehemalige US-Notenbankchef vertrat damals den Standpunkt, dass die Vorteile einer erweiterten Hauseigentümerschaft die Risiken einer unregulierten Kreditvergabe im Immobiliensegment rechtfertigen. Greenspan hat m.a.W. die Markt-Ideologie über den Schutz der Öffentlichkeit gestellt. In der Schweiz gilt hingegen die goldene Finanzierungsregel, die besagt, dass die Belastung durch Immobilienkosten ein Drittel des Haushaltseinkommens nicht übersteigen darf.

Samstag, 24. Mai 2008

Norwegens Staatsfonds (SWF)

Der norwegische Staatsfonds (Government Pension Fund) hat im ersten Quartal 2008 die schlechteste Wertentwicklung seit der Gründung vor mehr als zehn Jahren verbucht. Die Performance fiel von Januar bis März mit Minus 5,6% enttäuschend aus. Die Gesamtrendite, die im Vorjahr mit 4,3% deutlich unter Erwartungen gelegen hatte, wurde damit völlig aufgezehrt. „Im März haben die Turbulenzen ihren Höhepunkt erreicht. Das sind keine normale Märkte“, sagte der Norweger Yngve Slyngstad, der den Fonds leitet. Der weltweit zweitgrösste Staatsfonds (Sovereign Wealth Fund), der per Ende April umgerechnet 413 Mrd. CHF unter Verwaltung hat, wurde in Mitleidenschaft der von Amerika ausgehenden Hypothekenmarktkrise gezogen.

Die SWFs verwalten weltweit rund 3'000 Mrd. Dollar. Der norwegische Staatsfonds kontrolliert nach eigenen Angaben rund 1% der gesamten europäischen Börsen. Pro Woche fliesst dem Fonds 1 Mrd. Dollar aus den Öl- und Gaseinnahmen zu. Mittlerweile wurde der Aktienanteil von 40 auf 60% erhöht. Auch das Investmentspektrum ist von 3'500 Unternehmen im Vorjahr auf mehr als 7'000 dieses Jahr erweitert. Nach den Vorschriften des norwegischen Finanzministeriums sind Beteiligungen aber auf 5% begrenzt. Norwegen (Bevölkerung: ca. 5 Mio., BIP pro Kopf: ca. 60'300 Dollar) bietet für einen umsichtigen Umgang mit dem steigenden Reichtum aus Erdöl- und Erdgaseinnahmen ein Paradebeispiel. Das Land (übrigens kein EU-Mitglied) zählt international dank dem reichlichen Rohstoffvorkommen in Sachen Wohlstand und Lebensqualität zur Weltspitze. Da die Norges Bank (die norwegische Zentralbank) langristig denkt und investiert, kann sie sich einen (fünfköpfigen) Ethikrat leisten. In den vergangenen 4 Jahren wurden auf Empfehlung des Ethikrates Aktien von 26 Unternehmen (Rüstungsgüterhersteller, Bergbauunternehmen als Umweltsünder, Konzerne wegen Vorwurf der Verletzung von Arbeitnehmerrechten usw.) aus dem Portfolio abgestossen. Ein prominentes Beispiel, welches davon betroffen wurde, ist das amerikanischen Einzelhandelsunternehmen Wal-Mart. Norweger betrachten den Fonds als „Fonds für die künftigen Generationen“. Der Fonds sei so ausgelegt, dass er auch ohne Einkünfte aus der Ölindustrie wächst. Ohne das Vermögen anzutasten, kann der Fonds mit den Erträgen der Investitionen weiter gemanagt werden.

1 NOK = 0,2047 CHF
1 NOK = 0,1268 Euro

Freitag, 23. Mai 2008

Ölpreisanstieg: Gibt es auch Kollateral-Nutzen?

Der Ölpreis steigt und steigt. Ein Ende der Rally ist nicht in Sicht. Steigende Energiekosten lasten auf Unternehmen. Verbraucher befürchten Kaufkraftverluste. Der negative Einfluss des exorbitanten Preisanstiegs von Öl auf die Weltkonjunktur ist hinlänglich bekannt. Welcher Nutzen lässt sich aber von dem drastisch gestiegenen Preis des Schmierstoffs der Weltwirtschaft herleiten? Klar ist, dass Energiesparen nun endgültig grossgeschrieben werden muss.

1) Der Schienenverkehr könnte eine Renaissance erleben, würden jetzt mehr Menschen in Bahn umsteigen. Es zahlt sich für Autorfahrer nämlich aus, vermehrt öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. 2) Die Suche nach Alternative zum Öl dürfte auch das Interesse an Solarenergie steigern. PS: Werden nun die Aktien aus der Solarbranche attraktiver? 3) Erdölproduzierende Länder, die wegen Rekordölpreise im Geld schwimmen, investieren derzeit in die Infrastruktur. Die steigenden Infrastrukturausgaben z.B. in den OPEC-Ländern könnte den Exportsektor in Europa beflügeln. 4) Ansporn für Autohersteller, das Angebot an spritsparende und emissionsarme Modelle zu erhöhen.

Isländische Notenbank: Können Zentralbanken bankrottgehen?

Die isländische Notenbank hat gestern mitgeteilt, ihren Leitzins unverändert bei 15,5% zu belassen. Infolge der drastischen Abwertung der Krone im ersten Quartal 2008 hatten die Währungshüter den Leitzins in zwei Schritten insgesamt um 1,75% angehoben. Die Inflationsrate war im Vorfeld auf 12% gestiegen. In einer spektakulären Aktion haben die Zentralbanken Dänmarks, Norwegens und Schwedens am Wochenende beschlossen, die isländische Krone zu unterstützen. Die drei nordischen Notenbanken stellten der Isländischen Zentralbank einen Notkredit im Volumen von 1,5 Mrd. Euro zur Verfügung, damit der Inselstaat im Atlantik die makroökonomische und finanzielle Stabilität wiederherstellen kann. Die isländische Notenbank unterstrich nun die Bedeutung dieser Vereinbarung zum Währungsswap. Tatsächlich hat sich die kleinste selbständige Währung der Welt nach der Bekanntgabe der „Swap Facility“ gegenüber dem Euro um rund 5% erholt.

Die isländische Notenbank beschuldigt Hedge Fonds, zu Jahresbeginn Short-Positionen gegen die Krone eingegangen zu haben. Islands Währung galt wegen des enormen Handelsbilanzdefizits verwundbar. Reykjavik hat sich in den vergangenen zehn Jahren von einem Fischerei- zu einem Finanzdienstleistungszentrum entwickelt. In dieser Zeitperiode haben die Bürger zumeist auf Kredit ordentlich konsumiert. Die Banken haben aber inzwischen Liquiditätsprobleme in fremder Währung. Rund 80% der Auslandsschulden Islands entfällt auf die drei grössten Banken (Kaupthing Bank, Landsbanki Islands und Glitnir Bank) des Landes. Die Vermögenswerte der grössten Banken belaufen sich auf das 10fache des isländischen Bruttoinlandsproduktes. Die Währungsreserven der Notenbank betragen 207 Mrd. Krone (rund 2,8 Mrd. US-Dollar). In diesem Zusammenhang macht seit Kurzem die Frage die Runde, ob der isländischen Zentralbank ein Zusammenbruch droht. Da die führenden Banken sich in fremden Währungen verschuldet haben, kann die isländische Zentralbank diesen im Fall einer schwerwiegenden Krise nicht viel helfen. Zu diesem Thema wurde neulich eine viel beachtete Studie („Can Central Banks go Broke?“) veröffentlicht. Willem Buiter, Professor an der London School of Economics und früheres Mitglied des BoE beantwortet drin die Frage, ob auch Zentralbanken bankrott gehen können, mit Ja. Eigentlich geht Buiter in seiner Analyse mit der US-Notenbank (Fed) hart ins Gericht. Er hält die von der Fed getroffenen Massnahmen für riskant. Bekanntlich hat die Fed im Zuge der Kreditkrise ihr Diskontfenster für Investmentbanken geöffnet und dem Markt im Rahmen von neu lancierten Fazilitäten wie TAF, TSLF und PDCF Liquidität zugeteilt. Die US-Notenbank hat also als „Lender of last resort“ (Kreditgeber in der Not) Wertpapiere gegen US-Staatsanleihen ausgetauscht. Aufgrund der Annahme von schwachbesicherten privaten Wertpapieren hat sich dabei die Zusammensetzung der Fed-Bilanz geändert. Bei einer Bilanzsumme von 900 Mrd. Dollar beträgt das Eigenkapital der Fed 40 Mrd. Dollar. Sie hat aber zudem eine Garantie von 29 Mrd. Dollar zugunsten von JP Morgan für die Übernahme von Bear Stearns abgegeben. Solange die Notenbank Verbindlichkeiten in eigener Währung hat, kann sie im Notfall durch Gelddrucken einen Bankrott vermeiden. Was aber, wenn die Zentralbank Verbindlichkeiten in einer Fremdwährung begleichen muss? Island bleibt deshalb ein kniffliger Fall. Die in Amerika ausgelöste Kreditkrise hat das 316'000 Einwohner zählende Land schwer betroffen.

Donnerstag, 22. Mai 2008

Rohstoffhausse: Höhenflug des Ölpreises

Wie schnell sich die Zeiten ändern. Einst lag der Ölmarkt an den Lippen von Ali Naimi, dem saudi-arabischen Ölminister. Was er sagte, löste eine Preisspirale nach oben oder nach unten aus. Nun hat aber Wall Street das Heft in die Hand genommen. Analysten verursachen mit ihren Researchs nicht nur eruptive Kursschwankungen, sondern beeinflussen auch den langfristigen Trend, wie Financial Times aus London bemerkt. Jetzt heisst einer der Herren, die den Markt bewegen, Arjun N. Murti. Der Rohstoffanalyst von Goldman Sachs aus New York hat vor rund einem Monat mit seiner Vorhersage, dass der Ölpreis in zwei Jahren auf 200 Dollar je Fass klettern könnte, Marktteilnehmer in Angst und Schrecken versetzt.

Der Ölpreis hat sich in den vergangenen 12 Monaten verdoppelt und der Preisanstieg setzt sich unerbitterlich fort. Die Entwicklung am Ölmarkt scheint sich zu verselbständigen. Ein Buch mit sieben Siegeln? Seit der Bekanntgabe der oben erwähnten Prognose ist der langfristige Ölpreis 2 ½ mal stärkter gestiegen als der Spotpreis. Das bedeutet ein Bruch mit der Vergangenheit. Denn die Preisentwicklung am langen Ende ging bisher fast harmonisch mit der am kurzen Ende einher. Das wirft daher die Frage auf, ob Spekulationen den Ölpreis so hoch treiben. Da der Ölpreis zur Lieferung in zwölf Monaten höher liegt als der aktuelle, hat die Forwardkurve eine steigende Neigung. Die Situation wird im Fachjargon als „Contango“ bezeichnet. Das heisst, hier gibt es keine Rollgewinne. Nur wenn der Terminpreis günstiger ist als der Spotpreis (d.h. der aktuell zu bezahlende Preis), verdient der Investor mit dem Verlängern der Kontrakte in die nächstlängere Laufzeit („rollen“ genannt) eine Rendite. Das heisst, die Kurve fällt. Dieser Fall wird als „Backwardation“ beschrieben. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang der Standpunkt der Analysten, die in zwei Jahren einen deutlich höheren Ölpreis vorhersagen. Sie vertreten nämlich die Meinung, dass der Ölpreisanstieg nicht von Spekulanten ausgelöst wird. Sehr interessant ist andererseits, zu beobachten, dass die „Open-interest“-Positionen (d.h. Future-Kontrakte, die nicht geschlossen sind) am Öl-Futuremarkt in den vergangenen Tagen zurückgegangen sind. Das deutet darauf hin, dass eine Mehrzahl von Investoren ihre offene Positionen schliesst, da sie nicht mit einem Preisrückgang am langen Ende rechnet. Was sind also die Faktoren, die den Ölpreis treiben? Fundamentaldaten. In erster Linie die zunehmende Nachfrage, v.a. aus China und Indien. Dann der politische Faktor: die Frage der Unsicherheit im Nahost und in Nigeria. Klar ist ferner, dass aufgrund der sehr niedrigen Zinsen bzw. negativer Realzinsen viel Geld in die Rohstoffmärkte fliesst. Es handelt sich dabei m.a.W. um Portfolioumschichtungen. Zum Teil als Schutz vor der Inflationsgefahr und zum Teil als Absicherung gegen die Dollar-Abwertung. Sollten aber Spekulanten einen erheblichen Anteil am Preisanstieg haben, müssten die Vorräte steigen. Das scheint jedoch nicht der Fall zu sein. Lager sind nicht gestiegen.

Fazit: Der Rohstoff Öl wird entweder verbraucht oder eingelagert. Öl ist kein Anlageobjekt. Jetzt ist daher endlich Energiesparen angesagt.

Mittwoch, 21. Mai 2008

Forwardkurve von Rohöl

Der Ölpreis erklimmt einen neuen Höchststand. Heute wurde für die amerikanische Ölsorte WTI 132 Dollar je Fass bezahlt. Das Öl zur Lieferung 2016 kostet schon 140 Dollar je Barrel, berichtet Financial Times Deutschland (www.ftd.de) von heute. Dieser Verlauf der Forwardkurve wird als „Contango“ bezeichnet. Das heisst, dass es hier keine Rollgewinne gibt.

Nur wenn der Terminpreis günstiger ist als der Spotpreis (d.h. der aktuell zu bezahlende Preis), verdient der Investor dabei mit dem Verlängern der Kontrakte in die nächstlängere Laufzeit („rollen“ genannt) eine Rendite. Das heisst, die Kurve fällt. Dieser Fall wird als „Backwardation“ beschrieben.

PS: Die Laufzeit der Futures ist vornherein begrenzt. So müssen die Futures-Kontrakte während der Laufzeit regelmässig getauscht (genannt „Rollen“) werden. Bei einem Anpassungsprozess können daher Zusatzerträge oder Rollkosten entstehen.

Ölpreis steigt über 130 Dollar je Fass

Das Angebot an Öl ist knapp. Die Nachfrage danach steigt stetig. Es ist unumstritten, dass das Erdöl seit geraumer Zeit als eine (neue) Asset-Klasse immer mehr an Attraktivität gewinnt, als Schutz vor der wachsenden Inflationsgefahr und der Dollar-Abwertung. Die Rolle der niedrigen bzw. negativen Realzinsen darf dabei auch nicht vergessen werden. Aber: Der Rohstoff Öl wird i.d.R. entweder verbraucht oder eingelagert. Sollten Spekulanten den Ölpreis in die Höhe treiben und sich dadurch am Markt eine „Blase“gebildet hat, dann müssten die Vorräte gestiegen sein. Sollten aber die Vorräte nicht zugelegt haben, dann müsste man die Gründe für den Ölpreisanstieg in den fundamentalen Faktoren suchen. Der Antieg des Ölpreises ist daher offensichtlich auf die anhaltend hohe Nachfrage aus den sog. Schwellenländern wie China und Indien zurückzuführen.

Staatsfonds: Wie verändert sich das globale Risiko-Ertragsprofil?

Die anfängliche Skepsis gegenüber staatlichen Investoren aus China, Russland und dem arabischen Raum scheint sich inzwischen allmählich etwas zurückgebildet zu haben. Nachdem Fed-Chef Ben Bernanke vergangene Woche ein gutes Wort für die Sovereign Wealth Fonds(SWF) eingelegt hatte, äusserte sich nun auch der deutsche Finanzminister Peer Steinbrück positiv über die Staatsfonds. Bei einem Treffen mit der Spitze der kuwaitischen Industrie- und Handelskammer in der Kuwait-Stadt betonte Steinbrück, dass Deutschland „hochgradig interessiert“ an ausländischen Staatsfonds sei. SWFs hätten in der aktuellen Krise zur Stabilisierung beigetragen. Mehrere im Zuge der Kreditkrise arg gebeutelte westliche Banken haben bislang spektakuläre Finanzhilfen in Milliardenhöhe von staatlichen Investmentvehikels aus den Golfstaaten und Asien bekommen. Löst sich der verbreitete Unbehagen jetzt in Wohlgefallen auf? Werden die Abwehrpläne ad acta gelegt?

Der Internationale Währungsfonds (IWF) arbeitet an einem freiwilligen Massnahmenkatalog von Investmentregeln für die staatlichen Vermögensfonds. Nach aktuellen Schätzungen verwalten die staatlichen Investitionsverhikel rund 3'000 Mrd. US-Dollar. Die staatlichen Anlagegesellschaften legen ihr Kapital nicht aus lauter Jux und Tollerei an. Sie suchen hohe Renditen. Wie wird sich aber in diesem Zusammenhang das Risiko-Ertrag-Profil auf den globalisierten Kapitalmärkten entwickeln? Im allgemeinen ist zu erwarten, dass die Investitionen von SWFs positiv für riskante Asset-Klassen wie z.B. Aktien und negativ für „defensive“ Anlagen wie z.B. Anleihen ausfallen dürften. Staatsfonds lassen sich nach Stephen Jen, dem Ökonomen und SWF-Experten von Morgan Stanley in drei Kategorien einteilen: 1) SWFs, deren Reichtum aus Öleinnahmen und Rohstoffausfuhren stammt. Dieser Typus von SWFs hat keine Verbindlichkeiten. Daher dürften sie ein langfristiges Anlagehorizont haben und ihr Kapital in riskantere Anlagen investieren. Bsp: Vereinigte Arabische Emirate, Russland, Saudi Arabien, Norwegen, Kuwait, Qatar. 2) SWFs, die als Netto-Güterexporteure gelten. Besonderes Merkmal: Überschuss an Ersparnissen und Investitionen. Die Anhäfung von offiziellen Reserven wird durch die Ausgabe von Staatsanleihen gestützt. Bsp: Japan und zum Teil China. SWFs in dieser Gruppe würden daher eine etwas weniger riskantere Anlagestrategie verfolgen. 3) SWFs, welche die Kapitalzuflüsse verwalten. Bsp: Indien, Brasilien und zum Teil China. Die Gruppe von SWFs dürfte den niedrigsten Risiko-Appetit aufweisen. Die Auswirkungen auf das globale Risikoprofil dürften deswegen eher negativ sein.

Fazit: Wie sich die Investitionen von SWFs im globalen Risiko-Ertragsprofil niederschlagen werden, hängt v.a. davon ab, woraus das Reichtum für die betreffenden Staatsfonds stammt. Laut Jen kommt es dabei auf die relative Grösse der jeweils oben erwähnten 3 Typus von SWFs an.

Dienstag, 20. Mai 2008

Market-Timing und Warren Buffett

Noch nie zuvor lagen die Einschätzungen von Analysten so weit auseinander wie jetzt. Kaum hat sich die Unsicherheit im Zuge der Kreditmarktkrise etwas verflüchtigt, wachsen nun Inflationssorgen. Der Aufschwung verliere an Fahrt, glaubt die Deutsche Bundesbank. Verbraucher befürchten sogar Stagflation. Der anhaltende Anstieg des Ölpreises lastet weiter auf dem Aktienmarkt. Sollen Anleger also weiter zuwarten? Oder lohnt es sich, allmählich einzusteigen?

Es ist ein offenes Geheimnis, dass das Market-Timing eine notorisch schwierige Angelegenheit ist. Klar ist, dass eine „buy-and-hold-Strategie“ seit langem nicht mehr funktioniert. Heute kann man sich auf die Korrelationen in der Vergangenheit nicht verlassen. Diese ändern sich. In einer Welt im Wandel müssen die Anlageentscheidungen mit den strukturellen Veränderungen in Einklang gebracht werden. Das heisst, sie müssen ständig angepasst werden. Bei den Aktienmärkten gibt es eben keine Garantie, sondern viele Variablen. Daher sind Fehler nicht vermeidlich. Da Anleger nicht auf alles setzen können, müssen sie auswählen.

Bemerkenswert ist, dass die Protagonisten von Grossbanken Anleger kurz nach dem Ausbruch der Immobilienmarktkrise zum Kauf von Aktien animiert haben. Nun halten sie sich jedoch auffällig zurück und heben nur noch die negativen Marktsignale hervor. Kurz vor der Morgendämmerung ist es aber am dunkelsten. Interessant, dass Warren Buffett, der reichste Mann der Welt und der amerikanische Finanzlegende zur Zeit auf Europatournee ist, um nach neuen Investments Ausschau zu halten.

Montag, 19. Mai 2008

Sovereign Wealth Funds: Wertschätzung durch Fed-Chef

Im Zuge der Kreditmarktkrise haben Banken insgesamt über 333 Mrd. Dollar abgeschrieben oder als Verlust gebucht. Um sich vor den weiteren Folgen der anrollenden Krise zu schützen, bemühen sich Finanzinstitute nun zusehends, ihre Eigenkapitalbasis zu verstärken. Seit Kurzem werden beispielsweise sog. „Leverage-loans“-Pakets vordringlich abgestossen. Solche Darlehen für fremdfinanzierte Übernahmen werden zur Zeit mit Abschlägen zwischen 12 und 20% gehandelt. Als Retter in der Not erwiesen sich aber bislang v.a. die Sovereign Wealth Funds (SWF). Die sog. staatliche Vermögensfonds haben im grossen Stil Anteile an Banken und anderen Finanzdienstleistern erworben. Die Government of Singapore Investment Corporation hat eine Beteiligung von 10 Mrd. Dollar (rund 9%) an der Schweizer Grossbank UBS gekauft. Die China Investment Corporation hat 5 Mrd. Dollar in die amerikanische Investmentbank Morgan Stanley investiert. Die Citi Group hat zugelassen, eine Kapitalspritze von 7,5 Mrd. Dollar von der Abu Dhabi Investment Authority zu erhalten. Dubai hat für 6 Mrd. Dollar 3% an HSBC gekauft usw. usw. Insgesamt verfügen die Staatsfonds über 3'000 Mrd. Dollar. Sie verzichten auf Aufsichtsratsposten und beteuern dabei ihre politische Neutralität.

Auf einer Veranstaltung der Federal Reserve Bank of Chicago hat US-Notenbank-Chef Ben Bernanke vor ca. zwei Wochen die Banken aufgerufen, weiterhin ihre Kapitalreserven aufzustocken. Bernanke unterstrich die Relevanz eines angemessenen Kapitalpolsters und mahnte die Finanzindustrie an, das Risikomanagement zu verbessern. Der amerikanische Währungshüter räumte in der Fragestunde ein, dass die staatlichen Investmentvehikel zu einem Drittel der Kapitalbeschaffung beigetragen haben. Das sei sehr positiv und „konstruktiv, eine solche Quelle zur Aufbringung von Kapital in unser Bankensystem zu haben“, sagte Bernanke. Den Banken und Wertpapierhäusern ist es laut Bloomberg gelungen, seit Juli rund 244 Mrd. Dollar Kapital zu beschaffen.

Sonntag, 18. Mai 2008

Nordische Banken stützen Isländische Krone

In einer spektakulären Aktion haben die Zentralbanken Dänmarks, Norwegens und Schwedens beschlossen, die isländische Krone zu unterstützen. Die drei nordischen Notenbanken stellten der Isländischen Zentralbank einen Notkredit im Volumen von 1,5 Mrd. Euro zur Verfügung, um dem Inselstaat im Atlantik zu helfen, für makroökonomische und finanzielle Stabilität zu sorgen.

Es ist derzeit um die isländische Wirtschaft nicht zum Besten bestellt. Seit Beginn des Jahres hat die Landeswährung ein Drittel ihres Wertes verloren. Die Inflation ist auf 12% gestiegen. Die Isländische Notenbank hat die Leitzinsen im April auf 15,5% erhöht. Die Ratingsagentur Fitch hat Islands Kreditausblick auf negativ herabgesetzt. Seit dem Ausbruch der Turbulenzen am Kapitalmarkt wird es für Islands Banken schwieriger, sich günstig Geld zu beschaffen. Das 316'000 Einwohner zählende Land ist von Kapitalzuflüssen aus dem Ausland abhängig. Die Kreditkrise hat Reykjavik schwer getroffen. Isländische Banken haben Liquiditätsprobleme in fremder Währung. Rund 80% der Auslandsschulden von Island fallen auf die drei grössten Banken (Kaupthing Bank, Landsbanki Islands und Glitnir Bank). Die Vermögenswerte der grössten Banken belaufen sich auf das 10fache des isländischen Bruttoinlandsproduktes. Die isländische Notenbank beschuldigt Hedge Fonds, zu Jahresbeginn Wetten gegen die Krone (Short-Positionen) geschlossen zu haben. Islands Währung galt wegen des enormen Handelsbilanzdefizits verwundbar. Nach der Bekanntgabe der „Swap Facility“ durch die drei nordische Notenbank hat sich die kleinste selbständige Währung der Welt sich gegenüber dem Euro um rund 5% erholt. Island hat sich in den vergangenen zehn Jahren von einem Fischerei- zu einem Finanzdienstleistungsland entwickelt. In dieser Zeitperiode haben die Bürger zumeist auf Pump ordentlich konsumiert.

Samstag, 17. Mai 2008

Was bedeutet eine steigende Inflation für die Aktienmärkte?

Inflation ist derzeit in aller Munde. Kehrt das Phantom wieder zurück? Eine höhere Inflation ist i.d.R. Vorbote einer restriktiven Geldpolitik. Das heisst, dass die Zentralbanken Zinsen erhöhen müssen, um grosse Schwankungen des Geldwertes zu verhindern. Denn das primäre Ziel der Notenbanken ist die Gewährleistung der mittel- bis langfristigen Preisstabilität.

Für Unternehmen: Investitionsentscheidungen hängen vom Zinssatz ab. Je höher die Zinsen steigen, desto geringer wird die Investitionsbereitschaft von Unternehmen, da damit die Finanzierungskosten zunehmen.

Für Verbraucher: Verschmelzung des Einkommens. Wenn Konsumenten sich aufgrund des Kaufkraftverlustes zurückhalten, hat das unmittelbar Auswirkungen auf die reale Wirtschaft. Denn der private Konsum macht rund zwei Drittel des Bruttoinlandsproduktes (BIP) aus.

Für Sektoren: Positiv tangiert werden v.a. die Sektoren Agrar, Lebensmitteleinzelhandel, Goldminen usw. Negativ: Hersteller von Konsumgütern.

Fazit: Theoretisch und emprisch entfaltet sich eine höhere Teuerungsrate nachteilig für die Börse. Höhere Zinsen wirken nämlich konjunkturhemmend aus. Da der Teufel aber im Detail steckt, gilt es hier, sich mit Einzelheiten näher auseinanderzusetzen.

Freitag, 16. Mai 2008

Rohöl

Es gibt unterschiedliche Sorten von Rohöl. Alle haben unterschiedliche Eigenschaften, Herkunft und Preise. Für die Qualität des Öls ist aber die Dichte entscheidend. Vor allem aber die Schwefelhaltigkeit. Je geringer, desto besser.

1.„leichte“ und „süsse“ schwefelarme Ölsorten:

Diese können von Raffinerien leichter und günstiger zu Produkten wie Benzin, Diesel, Kerosin und Heizöl verarbeitet werden.

2.„schwere“ und „saure“ Rohölsorten:

Der Verarbeitungsprozess dieser Sorten ist aufwendiger und teuerer.


Aus diesen Gründen erreichen schwefelarme Sorten höhere Preise. An den Terminbörsen werden jedoch nur standartisierte Produkte gehandelt.

Beispiele für die Referenzöle.

Für die USA: West Texas Intermediate (WTI).

Für Europa: Brent (genannt nach dem Nordsee-Ölfeld).

Für OPEC Öl: Ein Korb bestehend aus verschiedenen Ölsorten, aus denen ein Durchschnitt ermittelt wird.

Machtteilung: Geschichte der Mischverfassung

Buchbesprechung:

Alois Riklin: „Machtteilung“. Geschichte der Mischverfassung. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, 2006.

In der Präambel der neuen schweizerischen Bundesverfassung von 1999 steht: „Die Stärke des Volkes misst sich am Wohl der Schwachen“. Eine verfassungsrechtlich verankerte sozialliberale Position wird jedoch zur Zeit in den globalisierten Finanzmärkten vom Grundsatz des Markt-Fundamentalismus „Gewinne durch Boni privatisieren, Verluste sozialisieren“ völlig überschattet. Noch vor zwei Tagen vertedigte Ben Bernanke, Chef der US-Notenbank (Fed) die Rettung einer gescheiterten US-Investmentbank mit den Geldern der Steuerzahler. Die „Moral-Hazard“-Thematik bleibt im Mittelpunkt öffentlichen Debatte über die Entstehungsgeschichte der aktuellen Kreditkrise.

Die Gesellschaft wird in der neoklassischen Ökonomie als ein Teil der Wirtschaft betrachtet, und nicht umgekehrt. Die soziale Verantwortung des Unternehmens beruht auf Gewinnmaximierung. So fasst Milton Friedman, einer der prominenten Verfechter des polarisierenden Marktfundamentalismus, die Doktrin des Wettbewerbprinzips zusammen. Wie aber aus der Subprime-Krise zum Vorschein kam, wurde die Markt-Ideologie bisher über den Schutz der Öffentlichkeit gestellt. Geleitet von der Maxime, dass der Markt immer recht hat, wurde trotz offensichtlich fragwürdiger Praktiken der Hypothekenvermittler keine regulativen Massnahmen in Erwägung gezogen. Die Subprime-Kreditvergabe ging mit einem hohen Niveau von Kriminalität, Zwangvollstreckungen und ja sogar in manchen Fällen mit missbräuchlicher Praxis einher, so klagte ein ehem. Fed-Mitglied einst. Bürger mit geringen Einkommen wurden von amerikanischen Immobilienunternehmen und Kreditinstituten mit „innovativen Finanzprodukten“ hemmlungslos getäuscht und ausgebeutet. In der Schweiz wird zur Zeit über die Ballung von politischer Macht diskutiert. Eine von Milliardären geleitete Partei gibt mehr Geld für Wahlkampagne aus als alle anderen Parteien zusammen. Die Rede ist von feudalen Zügen. Es ist sicherlich eine Gefahr für die Demokratie, wenn politische Macht sich mit Geld kaufen lässt.

A propos „Missbrauch“. „Die Mischverfassung war in der abendländischen Geschichte lange Zeit die vorherrschende Idee des besten Staates“, schreibt Alois Riklin emeritierter Professor am Institut für Politikwissenschaft der Uni St. Gallen. Die gemischte Staatsform sei aus der Erfahrung des Machtmissbrauchs entstanden. Riklin hat sich 18 Jahre lang mit diesem Material unentwegt befasst. Er verfolgte die erste repräsentative Ideen- und Verfassungsgeschichte der gemischten Staatsform von der Antike bis zur Gegenwart und legt seine Analyse in einer an Umfang nicht zu überbietenden Form vor. Was heisst aber Mischverfassung? Sie bezeichnet „ eine politische Ordnung, die auf der Grundlage des Pluralismus gesellschaftlicher Kräfte demokratische , oligokratische und/oder monokratische Strukturen miteinander verknüpft“. Es geht darum, Machtkonzentration durch Machtteilung zu ersetzen. Ziel ist es, die Tyrannei eines Alleinherrschers, einer Minderheit oder der Mehrheit zu bannen. Der Autor will mit diesem Buch dazu beitragen, die „Wahrnehmung der Mischverfassung als eine der wichtigsten und wohltätigsten politischen Erfindungen gegen Machtmissbrauch wieder zu beleben“. Es wäre nicht übertrieben, zu behaupten, dass sich aus diesem Standardwerk auch für das regulative Gerüst der Finanzmärkte Prinzipien herleiten liessen. Wahrhaftigkeit war nämlich nie die Haupttugend der globalisierten Wirtschaftsprozesse. Ein grandioses Buch.

Cezmi Dispinar
*erschienen in der Ausgabe 196 von 16. Mai 2008

Donnerstag, 15. Mai 2008

Aussichten für Anleihenmärkte

Die Aussichten für die Anleihenmärkte bleiben z.Z. nicht sonderlich günstig. Die Europäische Zentralbank (EZB) steckt in einem Dilemma. Einerseits tendiert die Inflation hoch. Andererseits lässt das Wirtschaftswachstum nach. Obwohl EZB-Chef Jean-Claude Trichet das BIP-Wachstum im ersten Quartal in der Eurozone als „widerstandsfähig“ beurteilt, will er die Geldpolitik vorrangig auf die Verankerung der Inflationserwartungen einrichten. In diesem stagflationär anmutenden Marktumfeld erscheinen die Rentenpapiere deshalb uninteressant. Dasselbe gilt eigentlich auch die für die US-Dollar-Anleihen. Nach dem jüngsten Fed-Zinsentscheid ist keine weitere geldpolitische Lockerung mehr zu erwarten. Die US-Notenbank (Fed) könnte gar die Zinsen wieder anheben.

Mittwoch, 14. Mai 2008

Eine Farce der Öl-Blase

Der Ölpreis steigt und steigt und erklimmt beinahe jede Woche ein neues Rekordhoch. Mitterweile ist der Preis in den USA auf fast 125 Dollar je Fass gestiegen. Vergangene Woche kündigte die US-Investmentbank Goldman Sachs an, dass in den kommenden zwei Jahren aufgrund des knappen Angebots und einer zunehmenden Nachfrage mit einem Ölpreis von 200 Dollar zu rechnen sei. Ist der Aufwärtstrend fundamental gerechtfertigt?

Während Bullen die Frage bejahen, sprechen Kritiker von einer spekulativen Blase. Die Einschätzungen über die Rally gehen krass auseinander. Die Frage dreht sich insbesondere darum, welche Rolle die Spekulanten dabei spielen. Es ist offensichtlich, dass das Engagement von Investoren auf den Rohstoffmärkten in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen hat. Erdöl als Asset-Klasse gewinnt immer mehr an Attraktivität als Schutz vor Inflation und Dollar-Abwertung, aber auch als Depotbeimischung. Paul Krugman, Wirtschaftsprofessor bemerkt in seiner Kolumne in der The New York Times, dass er an die These nicht glaubt, dass die Spekulanten den Ölpreis in die Höhe treiben und deshalb eine „Öl-Blase“ entstanden sei. Fundamentale Faktoren seien ausschlaggebend. Das starke Wirtschaftswachstum von Entwicklungsländern wie China und die Schwierigkeiten, Öl zu finden, sind nach Ansicht von Krugman für den Ölpreisanstieg verantwortlich. Dass der Ölpreis keine Blase sei, bedeute aber nicht, dass die Preise nicht wieder sinken könnten. Krugman wäre nicht überrascht, wenn eine sinkende Nachfrage als verzögerte Auswirkung der hohen Preise den Ölpreis erneut unter 100 Dollar pro Barrel schicken würde. Zusammenfassend vertritt Krugman die Meinung, dass das Energiesparen immer wichtiger werde. Konservative politische Kräfte in Amerika wollen sich aber mit dem Gedanken nicht anfreuden, lautet seine Schlussfolgerung. In Frankreich werde beispielsweise pro Kopf um die Hälfte weniger Öl verbraucht.

Donnerstag, 8. Mai 2008

Auswirkungen der Finanzkrise vs. Geldpolitik der Fed

Die US-Notenbank (Fed) hat den Leitzins seit dem Ausbruch der Finanzkrise im Sommer 2007 insgesamt um 325 Basispunkte auf indes 2,0% gesenkt. Der US-Dollar hat sich in derselben Zeitperiode handelsgewichtet um rund 7% abgewertet. Die führenden Aktienindices notieren heute tiefer und die Kredit-Spreads sind breiter als im August vor einem Jahr. Die Kreditvergabe der Banken wurde selektiver. Das Schlimmste ist bestimmt noch nicht überstanden. Hat aber die Fed richtig gehandelt?

Notenbankchef Ben Bernanke hat sich sofort des Schattenbanken-Systems angenommen, da die Schwierigkeiten v.a. in den Finanzinstituten liegt, welche nicht wie die Banken reguliert sind. Deshalb haben die Währungshüter neuartige Instrumente wie (TAF: Term Auction Facility, TSLF: Term Securities Lending Facility, PDCF usw.) lanciert, um eine Kernschmelze zu unterbinden. Denn es ist offensichtlich, dass auch Hedge Funds und spezielle Anlagevehikel so eine Aufsicht und Regulierung wie die Banken brauchen. Das heisst gleichzeitig, dass ein Leverage-Verhältnis von z.B. 33:1, wie es von der inzwischen gescheiterten Investmentbank Bear Stearns vorpraktiziert wurde (3 Cents EK auf 1 Dollar FK), künftig nicht mehr zugelassen werden kann. Der De-Leveraging-Prozess der Investmentbanken dürfte daher noch lange wie ein Damoklesschwert über dem Finanzmarkt hängen. Auch die herkömmlichen Risikomodelle zur Messung der Ausfallwahrscheinlichkeit von CDOs („Collateralized Debt Obligations“) haben versagt, was zur Folge hat, dass solche verbrieften Kredite in Zukunft bestimmt mit mehr Eigenkapital unterlegt werden müssen. Die Fed ist auf der Hut, dass die Finanzkrise nicht auf die Realwirtschaft durchschlägt. Bernanke muss zugleich viel unternehmen, dass das Finanzsystem besser funktioniert. Die entscheidende Frage ist aber, ob die Fed auch die notwendige Unterstützung der Politik bekommt. Es gibt Gerüchte, dass Bernanke die Zentralbankgelder der Geschäftsbanken bei der Fed verzinsen wolle, um auf diese Weise mehr Liquidität in den Geldmarkt zu pumpen. Dafür ist aber die Ermächtigung des US-Kongresses unerlässlich.

Mittwoch, 7. Mai 2008

Rohstoffpreise und die „Enron-Lücke“

Als das Gesetz für Warentermingeschäfte („Commodity Futures Modernization Act", CFMA) im Jahr 2000 verabschiedet wurde, gab die Politik dem Druck des Energiehändlers Enron nach und liess für gewisse Handelsplätze Ausnahmeregelungen zu. Unternehmen wie Enron wurden aus dem Gesetz ausgenommen. Der skandalöse Zusammenbruch des texanischen Unternehmens im Jahre 2001 ist daher in diesem Zusammenhang zu betrachten. Die Aufsichtsbehörden warfen Enron vor, die Ausnahmeregelungen ausgenutzt und die Kunden durch die Manipulation von Strompreisen in Kalifornien schikaniert zu haben.

Future Kontrakte werden bekanntlich sowohl an regulierten Terminbörsen als auch an grösseren, aber weniger regulierten „over-the-counter“-Märkten gehandelt. Die Preise dieser Kontrakte bleiben natürlich nicht ohne Einfluss auf die Nachfrage-Angebot-Konstellation für die gehandelten Güter, unabhängig davon, ob sie bereits befördert werden oder noch unter der Erde liegen. Ein bekanntes Beispiel für eine nicht-regulierte Handelsplattform ist der Intercontinental Exchange (ICE). Auf diesem Handelsplatz hatte ein Hedge Fonds im Jahre 2006 mit massiven Spekulationen auf den Erdgaspreis eingewirkt und dadurch für aussergewöhnliche Spannungen am Markt gesorgt. Die Behörden werfen diesem Anlagevehikel Kursmanipulation vor. Der Hedge Fonds, der inzwischen aufgrund eines Verlustes von 5 Mrd. US-Dollar bankrott erklärte, weist jedoch die Vorwürfe zurück.

Nach dem der Erdölpreis heute mit 123 Dollar pro Fass ein neues Rekordhoch erreicht hat, fühlt sich die Politik auf den Plan gerufen. Händler nennen zwar als Grund für den exorbitanten Anstieg des Ölpreises geopolitische Faktoren (Störungen im Ölangebot) und den wieder schwächeren US-Dollar. Ein Teil der Kongressabgeordneten aber vermutet hinter der Ölrally spekulative Kreise. Zwei Senatoren bemühen sich deshalb seit geraumer Zeit um eine Ergänzung für die neue Farm Bill, die im Vorjahr ausgelaufen ist. Ziel ist es, den Auswuchs der unregulierten elektronischen Handelsplätze zu unterbinden. Das Gesetz soll den Energiehandel unter die Kontrolle der Terminbörsenaufsicht CFTC ("Commodity Futures Trading Commission") bringen und auf diese Weise die sog. „Enron-Lücke“ schliessen.

Dienstag, 6. Mai 2008

Breakeven-Inflationsrate

Zur Zeit wird unter Marktteilnehmern viel darüber diskutiert, wie die Finanzkrise auf die konjunkturelle Entwicklung auswirkt. Im Mittelpunkt steht das Thema Inflation. Die US-Notenbank hat seit Sommer 2007 ihren Leitzins eifrig insgesamt um 325 Basispunkte (d.h. 3,25%) auf zuletzt 2,00% gesenkt. Da die Fed um die Liquiditätslage v.a. am Geldmarkt sehr besorgt ist, pumpt sie zugleich mit neuartigen Instrumenten (Fazilitäten wie TAF, TSLF, PDCF usw.) Geld in den Markt. In konzertierten Aktionen stehen der Fed auch die Zentralbanken der EU und der Schweiz bei, für eine angemessene Dollar-Liquidität zu sorgen. Viele befürchten die Gefahr eines lang anhaltenden Inflationsgespenst. Die Teuerung beträgt in den USA derzeit ca. 4%. Im Euroland haben die höheren Energie- und Lebensmittelpreise die Inflationsrate mittlerweile auf 3% springen lassen. Wie werden aber die Inflationserwartungen gemessen?

Ein brauchbares Konzept ist das der Breakeven-Inflationsrate. Sie entspricht der erwarteten durchschnittlichen Inflationsrate während einer bestimmten Laufzeit. Es ist die Differenz zwischen der Rendite einer indexgebundenen Anleihe (z.B. Inflation Indexed Treasury) und der nominalen Rendite einer Staatsanleihe (z.B. US-Treasuries) mit derselben Laufzeit (i.d.R. 10 Jahre). Zu Jahresbeginn betrug die Breakeven-Inflation 2,16%. Zur Zeit liegt sie bei 2,38%. Das heisst deutlich tiefer als der im März erreichten Spitzenwert von 2,54%. In den vergangenen Wochen verläuft die Zahl rückgängig. Allerdings sollten die Daten mit Vorsicht genossen werden, da in den Anleiherenditen Risiko- und Liquiditätsprämien enthalten sind. Von Bedeutung ist vielmehr der Verlauf der Veränderungen der Breakeven-Inflationsrate.











200810y TreasuryTIPsBreakeven-Infl.
02. Mai3,749%1,46%2,289%
18. Apr.3,72%1,40%2,32%
04. Apr.3,58%1,24%2,362%
20. März3,362%1,0%2,289%
07. März3,59%1,05%2,54%
22. Febr3,784%1,43%2,354%
08. Febr3,736%1,47%2,266%
25. Jan3,68%1,42%2,26%
11. Jan3,84%1,68%2,16%

Schweizer Franken und Finanzkrise

Der Schweizer Franken hat sich seit dem Ausbruch der Finanzkrise am deutlichsten gegenüber dem britischen Pfund und dem US-Dollar aufgewertet. Es ist typisch, dass der Franken in Krisen als „safe haven“ gesucht wird. Am 18. März kostete ein US-Dollar 0,9869 CHF. Seit drei Wochen verliert der Franken an Wert. Aktuell muss man für einen Dollar 1,0540 Franken zahlen. Das bedeutet eine Abwertung von etwas mehr als 6 Prozent in den vergangenen vier Wochen. Sollte die Finanzmarktkrise abebben, dürfte sich der Franken wieder zu seinem Gleichgewichstsniveau zurückfinden. Für strategische Investoren: Wer derzeit ein Dollar-Comeback erwartet, kann auf ausgewählte US-Aktien (z.B. GE, MON, CAT, MO usw) wetten, wobei der Dollar-Kauf gegen den Schweizer Franken lohnen würde.

Montag, 5. Mai 2008

TED-Spread

Der TED-Spread beträgt derzeit rund 1,09%. Das ist deutlich mehr als der langfristige Durchschnittswert von 0,47%. Das bedeutet, dass man noch nicht von einer Entspannung am Geldmarkt reden kann.

Der 3-Monats-Libor, zudem sich Banken Geld für eine entsprechende Frist leihen, liegt normalerweise 20-30 Basispunkte über dem Leitzins. Die Differenz ist gegenwärtig doppelt so hoch. Auch hier sieht man, dass die Gemüter sich am Geldmarkt noch nicht beruhigt haben.

Kein Wunder, dass die US-Notenbank (Fed) in einer konzertierten Aktion mit der EZB und der SNB Dollar-Liquidität in den Markt gepumpt hat. Vergangene Woche hat die US-Notenbank das Volumen von für zwei Wochen laufenden Term Auction Facility (TAF), den Sonderrefinanzierungsgeschäften um 50% auf 75 Mrd. Dollar erhöht. Die Fed versucht seit Sommer 2007, mit neuen Refinanzierungsinstrumenten die Lage am Geldmarkt zu entspannen.




WhrgLeitzins 3-Monats-Libor10 Jahre Rendite
4,00%4,81%4,20%
$2,00%2,77%3,86%
CHF2,75%2,81%3,15%

TED-Spread= 3-Monats-Libor minus Rendite der 3-Monats-T-Bills.

Sonntag, 4. Mai 2008

Fed-Sitzung von 30. April

Die US-Notenbank (Fed) hat am Mittwoch den Leitzins um 25 Basispunkte auf 2,00% gesenkt. Das ist die siebte Zinssenkung in Folge seit Ausbruch der Finanzkrise im Sommer 2007. In der Erklärung des Offenmarktausschusses der Fed hiess es, dass die substanzielle Lockerung der Geldpolitik in den vergangenen Monaten verbunden mit den Massnahmen zur Liquiditätsbeschaffung helfen sollte, zur Förderung eines moderaten Wachstums im Laufe der Zeit beizutragen. Der Ausschuss werde weiterhin wenn nötig handeln, um dauerhaftes Wirtschaftswachstum und Preisstabilität zu fördern. Die Fed hat zugleich auch den Discountsatz um 25 Basispunkte auf 2,25% gesenkt.

Die Fed hat mit ihrer Zinssenkung von 0,25% die Erwartungen der Finanzmärkte erfüllt. Nun ist damit zu rechnen, dass die Fed den Leitzins vorerst unverändet lässt. In der Erklärung des Offenmarktausschusses der Fed hiess es nämlich, dass die Ungewissheit über die Preisentwicklung gross bleibe. Es werde notwendig sein, weiterhin die Inflationsentwicklung sorgfältig zu beobachten. Offenbar schätzen die amerikanischen Währungshüter derzeit die Inflationsgefahr höher ein als ein Wachstumseinbruch. Das deutet tatsächlich auf eine Zinspause hin.

Andererseits hat sich die amerikanische Wirtschaft im ersten Quartal auf den ersten Blick trotz der epischen Finanzkrise überraschend gut entwickelt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist auf das Jahr hochgerechnet um 0,6% gestiegen. Die vorgelegte Zahl ist jedoch eine erste Vorabschätzung, die im Laufe der nächsten Wochen überprüft werde und korrigiert werden kann. Die Zunahme von Lageraufbau dürfte aber das BIP vor einem Minus im ersten Quartal geschützt haben. Allem Anschein nach wird die amerikanische Konjunktur sanft landen. Allerdings sind die Börsianer noch nicht aus dem Tal der Tränen. Da die Rezessionen seit den 1980er Jahren nicht in „V“-Form, sondern in „U“-Form vonstatten gehen.

Samstag, 3. Mai 2008

Die japanische Notenbank (BoJ): Steht eine Zinserhöhung bevor?

Die japanische Notenbank (BoJ) hat ihre Geldpolitik am Mittwoch zum 6. Mal in Folge unverändert gelassen. Der geldpolitische Schlüsselsatz liegt weiterhin bei 0,50%. Der Zinsbeschluss sei einstimmig gefallen, hiess es. Wie das Statistikbüro gleichzeitig mitgeteilt hat, sind die Verbraucherpreise im März in der Kernberechnung um 1,2% gestiegen. Das bedeutet, dass der reale Zins negativ ist. Der Kurs der japanischen Staatsanleihen ist daraufhin eingebrochen.

Die Rendite der 5-jährigen Anleihe ist um 19,5 Basispunkte auf 1,24% geklettert. Zum ersten Mal in der Geschichte des Marktes wurden die Futures für 15 Minuten vom Handel ausgesetzt. Als Grund für die Bond-Verkäufe nannten Händler die zunehmenden Spekulationen darüber, dass die japanische Zentralbank (BoJ) die Zinsen im Laufe des Jahres anheben könnte. Bislang waren die Anleger von einer Zinssenkung ausgegangen. Eine Zinserhöhung könnte die Inflationserwartungen eindämmen. Dieser Schritt würde wegen des negativen Realzinses am kurzen Ende der Renditekurve in der Tat Sinn machen. Denn die japanischen Privatanleger verfügen über riesige Ersparnisse. Ein Anstieg des verfügbaren Einkommens würde die Verbraucherstimmung anheben und auf diese Weise den Binnenkonsum ankurbeln. Schliesslich ist der Konsum für rund 80% der japanischen wirtschaftlichen Leistung verantwortlich.





JGBRendite
1 year0,64%
2 year0,76%
3 year1,17%
10 year1,65%

Freitag, 2. Mai 2008

US-Dollar vs. Erdöl

OPEC-Vertreter werden nicht müde, bei jeder Gelegenheit darauf hinzuweisen, dass der schwache Dollar-Kurs für den Ölpreisanstieg verantwortlich ist. In der Tat gibt es eine enge Korrelation zwischen dem US-Dollar und dem Erdölpreis. Wegen der unsicheren inflationären Folgen von massiven Zinssenkungen der Fed schickte die Dollarabwertung bislang den Erdölpreis in die Höhe. Zur Erinnerung: Die US-Notenbank (Fed) hat seit dem Sommer 2007 den Leitzins insgesamt um 325 Basispunkte auf 2,00% gesenkt. Investoren kaufen Öl-Futures, um sich gegen eine Inflationsgefahr zu schützen. Da das Erdöl weltweit in Dollar fakturiert wird, haben die Ölförderländer wenig Anreiz, den Output zu erhöhen. Fazit: Das Ende des Zinssenkungszykluses durch die Fed dürfte auch das Ende der Dollar-Abwertung markieren. Folglich müsste der Erdölpreis demnächst etwas zurückfallen.

The Three Trillion Dollar War. The True Cost of The Iraq Conflict

Buchbesprechung:

Joseph E. Stiglitz, Linda J. Bilmas: The Three Trillion Dollar War. The True Cost of The Iraq Conflict. W.W.Norton, New York London, 2008.

Eigentlich müsste das Thema „Wirtschaft“ im Mittelpunkt des amerikanischen Wahlkampfs für die Präsidentschaft stehen. Stattdessen verfleischen sich die demokratischen Kandidaten Hillary Clinton und Barack Obama gegenseitig in aller Schärfe, ja zum Teil sogar mit Argumenten unter der Gürtellinie. Denn es ist ein Fakt, dass die Bush-Administration die US-Wirtschaft beinahe ruiniert hat. Die Staatsschulden sind in den vergangenen acht Jahren um 50% gestiegen, wobei „fast 1'000 Mrd. Dollar auf das Konto des Krieges gehen“, schreibt Stiglitz in seinem neuen, hervorragenden Buch.

Der Irak-Krieg wird über Kredite finanziert. Von den Bürgern wird derzeit keine finanziellen Opfer in Form von Steuererhöhungen verlangt. Kosten werden hingegen zu 100% kommenden Generationen aufgebürdet, hebt der Nobelpreisgewinner für Wirtschaft aus dem Jahr 2001 hervor. Die Operation „shock and awe“ hat am 19. März 2003 begonnen. Fünf Jahre später zieht Prof. Stiglitz eine Bilanz, welche Auswirkungen dieser Krieg, der länger als der II. Weltkrieg (3 Jahre, 8 Monate), der I. Weltkrieg (2 Jahre, 2 Monate) und Korea-Krieg (3 Jahre, 1 Monat) dauert, auf die US-Wirtschaft und den Rest der Welt hat. Seine Bestandsaufnahme ergibt dramatische Zahlen: Die wirtschaftlichen Kosten des Irak-Kriegs belaufen sich auf 3'000 Mrd. Dollar für die USA und weitere 3'000 Mrd. Dollar für die übrige Welt, wobei Stiglitz und Linda Bilmes von der Harvard Universität immer wieder betonen, dass es sich dabei um eine konservative Schätzung handelt. Nebenbei gemerkt: Die Bush-Regierung erklärte, dass der Krieg 50 Mrd. Dollar kosten würde. Stiglitz nennt die Hauptgründe, die für eine Kostenexplosion sorgen: 1) steigende Personalkosten, v.a. die der Vertragsunternehmer („private contractors“). 2) der Anstieg des Erdölpreises: Zu Beginn des Krieges kostete ein Fass Rohöl weniger als 25 Dollar, heute fast 120 Dollar. 3) Die Kostenspirale für die Wiedererfassung und Neusetzung von Waffenarsenal und militärischen Ausrüstung. Aber auch Irak hat Kosten zu tragen. Fünf Jahre nach Kriegsbeginn funktioniert in Bagdad die Stromversorgung noch immer weniger als acht Stunden am Tag. Die Hälfte aller irakischen Ärzte wurden getötet oder haben das Land verlassen. Bei einer Gesamtbevölkerung von 28 Mio. gibt es im Irak vier Mio. interne Flüchtlinge. Zwei Mio. Menschen haben das Land verlassen. Der interessanteste Abschnitt in diesem mit viel Engagement geschriebenen Buch ist das Kapitel 5, wo Stiglitz sich mit den makroökonomischen Kosten des Konfliktes ausführlich auseinandersetzt. Der Autor sieht in Krieg eine der Hauptursachen der ökonomischen Krise. Wäre der Erdölpreis nicht in die Höhe geklettert, wäre die US-Wirtschaft heute in einer viel stärkeren Verfassung gewesen und die Fed hätte die Zinsen nicht so massiv senken müssen und sie hätte dadurch den kreditfinanzierten Verbrauchsboom nicht gefördert. Die US-Regierung verschleiere ausserdem die wahren Kosten des Kriegs, indem sie die zukünftigen Kosten der Invaliditäts- und Gesundheitsfürsorge, Entschädigungen für zurückkehrende Veteranen nicht zähle, legt Stiglitz dem Leser nahe. Zu den Gewinnern bei diesem Krieg zählen Ölgesellschaften und private Anbieter von Militärdienstleistungen. Kriege seien gut für die Wirtschaft, hiess es früher. Seit Keynes wissen wir, wie man die Wirtschaft besser ankurbelt und die langfristige Produktivität sowie den Lebensstandard steigert, schreibt Stiglitz. Ein grossartiges Buch, in dieser Form bestimmt einzigartig. Unbedingt lesen!

Cezmi Dispinar

*erschienen in der Ausgabe 195 von 02. Mai 2008