Samstag, 31. Januar 2009

Bear Market: Die schlimmste Performance seit der „Grossen Depression“

Im Januar 2008
S&P-500 Index: -11,36%
Dow Jones Index: -11,44%
Nasdaq: - 9,54%

Die US-Notenbank (Fed) gab diese Woche einen düsteren Ausblick auf die Weltwirtschaft. Die globale Nachfrage ist eingebrochen. Die Befürchtungen, dass es spätestens im Sommer zu einer Deflation kommt, nehmen rapide zu. Die Inflation ist kein Thema, da die Produktionskapazitäten brachliegen. Die vom S&P-500 Index erfassten Unternehmen haben bislang für das IV. Quartal 2008 laut Bloomberg einen dramatischen Gewinnrückgang von 38% angekündigt. Kein Wunder, dass der breite Aktienindex im Januar um 11,36% eingebrochen ist. Das ist damit die schlechteste Performance in einem Monat seit der „Grossen Depression“. Aber auch der Dow Jones Index hat im Januar 11,44% an Wert verloren. Der Technologie Index Nasdaq hat um ca. 9,5% eingebüsst.


S&P-500 (1Year), Graph: finance.yahoo.com

Nachdem das BIP bereits im III. Quartal annualisiert um 0,5% zurückging, schrumpfte die US-Wirtschaft im IV. Quartal um 3,8%. Das ist der grösste Wachstumseinbruch seit 51 Jahren. Das bisherige Rekordminus liegt bei 10,4% aus dem I. Quartal 1958. Die Lagerbestände schwellen an. Die US-Wirtschaft produziert auf Lager und die Unternehmen entlassen derzeit Tausende von Mitarbeitern. Lagervorräte ausgenommen ist das BIP real um 5,1% eingebrochen. Die Zahlen wären bestimmt dramatischer ausgefallen, wenn die Staatsausgaben inzwischen nicht erhöht worden wären. Denn die Verbraucher halten sich angesichts der steigenden Arbeitslosigkeit (7,2%) mit ihren Ausgaben zurück. Auch die realen Unternehmensinvestitionen sind abgestürzt: Minus 19,1%. Die Ausfuhren sind auf das Jahr hochgerechnet um 20% gesunken. Im IV. Quartal gab es eigentlich keine Nachfrage. Die Differenz zwischen den realen (die schwächsten seit 1982) und den nominellen BIP-Zahlen (die schwächsten seit 1958) spiegeln den Preisrückgang wider. Die Rezession wird RGE Monitor zufolge zwei Jahre anhalten.

Freitag, 30. Januar 2009

Credit Default Swaps: Wie angemessen wird das Ausfallrisiko derzeit gemessen?

Die Renditen der Staatsanleihen sind sowohl in den USA als auch im Euroland auf historische Tiefststände gesunken. Das deutet mit Sicherheit auf eine erhöhte Nachfrage hin. Die Staatsanleihen sind gefragt wie nie zuvor. Warum? 1) Die schwerste Rezession seit den 1930er Jahren, 2) die zunehmende Deflationsgefahr, 3) Vertrauensverlust im Finanzsystem und 4) Skandale (z.B. der Betrugsfall: Madhoff Hedge-Fonds), um nur die wichtigsten Gründe zu nennen. Anleger vertrauen ihr Geld daher nur dem Staat an, obwohl die Staatspapiere nur mässige Rendite abwerfen. Im Vorjahr sind die Renditen am kurzen Ende sogar ins Minus gerutscht. Das bedeutet, dass die Sparer den Staat dafür bezahlt haben, um diesem das Geld geben zu dürfen.


CDS Rates, Graph: Fed St. Louis, Economic Synopses, 2009, Nr. 8

Andererseits vergeben die Notenbanken Kapitalspritzen und die Regierungen schnüren Konjunkturprogramme in Milliardenhöhe, um die schwere Rezession abzufedern. Das dazu notwendige Geld wird entweder auf dem Kapitalmarkt aufgenommen oder durch die Druckpresse erzeugt. Die Lage der Staatshaushalte verschlechtert sich. Deswegen wachsen am Markt Zweifel an der Fähigkeit der Staaten, die Schulden zu bedienen. Es gibt grundsätzlich drei Kanäle, über die die Angst der Investoren um die Kreditwürdigkeit der betreffenden Staaten zum Ausdruck kommt. 1) Die Bonitätsnoten der Ratingagenturen für Länder, 2) die Renditedifferenzen am Anleihenmarkt und 3) die Credit Default Swaps (CDS: Kreditausfall-Swaps).

Vor allem sorgen derzeit die CDS-Prämien, die im Sog der Krise durch die Decke geschossen sind, für sensationelle Schlagzeilen. Die Absicherungskosten gegen die Folgen von Zahlungsausfällen von Staatsanleihen steigen, obwohl ein Staat nicht so einfach pleite gehen kann, schon gar nicht in der industrialisierten Welt. Es gibt CDS auch für Unternehmen. Das sind Wertpapiere, mit denen Investoren sich gegen den Ausfall von Anleihen absichern können. Der Preis für die Absicherung einer 5-jährigen US-Staatsanleihe über 10 Mio. $ kostet zur Zeit rund 70'000 $. Vor dem Ausbruch der Kreditmarktkrise im Juli 2007 notierten die Risikoprämien noch unter 2 Basispunkten. Die Risikoprämien der CDS auf deutsche Staatsanleihen betragen rund 50 Basispunkte. Noch im Sommer 2008 lagen sie bei 5 Basispunkten. Im Vergleich: CDS-Prämien für Irland 265 Basispunkte, für Griechenland 250 Basispunkte. Die tiefste Prämie eines 5-jährigen Kontrakts hat Norwegen mit 43 Basispunkten. Vor diesem Hintergrund scheinen die Risikoprämien für Kreditabsicherungen überzeichnet. Es ist derzeit bestimmt besser, die Ausfallwahrscheinlichkeit eines Staats oder Unternehmens anhand der Preise der vom betreffenden Staat oder Unternehmen emittierten Anleihen abzuschätzen, anstatt CDS zu kaufen.

Donnerstag, 29. Januar 2009

US-Notenbank belässt Fed Funds Rate unverändert

Die US-Notenbank (Fed) hat am Mittwoch den Leitzins auf dem historischen Tiefstand belassen. Die Mitte Dezember festgelegte Zinsspanne zwischen Null und 0,25% bleibt unverändert. Die konjunkturelle Lage erfordere „für einige Zeit aussergewöhnlich niedrige Zinsen“, teilte die Fed mit. Die Konjunktur habe sich seit Mitte des vorigen Monats weiter abgeschwächt. Im Laufe des Jahres sei möglicherweise mit einer „schrittweisen Erholung“ zu rechnen.


Fed Funds Future Contracts, Graph: Fed St. Louis

Da die Zinsen bei Null liegen, will die Notenbank weiter „alle verfügbaren Instrumente“ einsetzen, um für nachhaltiges Wachstum und Preisstabilität“ zu sorgen. Die Fed werde weiterhin im grossen Stil hypothekenbesicherte Wertpapiere kaufen, um den Immobilienmarkt zu unterstützen. Sollten die Umstände es erfordern, sei die Notenbank darauf vorbereitet, auch langfristige Staatsanleihen zu kaufen.

Die US-Notenbank hat sich im Dezember von der klassischen Zinspolitik verabschiedet. Sie versucht nun, die Wirtschaft über die Ausweitung ihrer Bilanzsumme (Credit Easing) zu steuern. Seitdem die Fed begonnen hat, die Bankreserven zu verzinsen, spielt die Fed Funds Rate (FFR) fast keine Rolle mehr. Die effektive Fed Funds Rate (0,18%) notiert unter dem FFR. Im Übrigen ist die reale FFR negativ. Das sollte die Banken animieren, wieder Kredite zu vergeben, um Geld zu verdienen.

Mittwoch, 28. Januar 2009

Commercial Papers (CP): Geldmarktpapiere werden fällig

Die Lehman-Pleite am 15. September 2008 war ein Wendepunkt für den Markt für kurzfristige Unternehmensschulden. Bei den Commercial Papers (CP) handelt es sich um Geldmarktpapiere, die eine Laufzeit von bis zu 2 Jahren haben. Die CP werden von Grossunternehmen für eine kurzfristige Finanzierung (z.B. für Gehaltzahlungen und/oder Miete) herausgegeben. Eine Variante davon ist das Asset-Backed-Commercial-Paper (ABCP: genannt auch wertbesicherte Geldmarktpapiere). Die Investoren (v.a. Geldmarkt-Funds) wollten mit der Zuspitzung der Kreditmarktkrise diese Wertpapiere nicht mehr kaufen. Grund: Mangel an Sicherheit. Folglich gerieten viele Unternehmen ins Wanken, da sie nicht mehr in der Lage waren, ihre kurzfristigen Operationen zu finanzieren.


A2P2-Spread (30 Day), Graph: Fed

Die US-Notenbank (Fed) hat darauf hin 3 neue Kreditfazilitäten ins Leben gerufen. 1) The Asset Backed Commercial Paper Money Mutual Fund Liquidity Facility (AMLF). Die AMLF erlaubt Geldmarkt Fonds, Commercial Papers an die Banken zu verkaufen, damit die Banken die CPs als Sicherheit („collateral“) für die Kreditaufnahme von der Fed einsetzen dürfen. Ziel ist, das Vertrauen im Handel mit CP wiederherzustellen. 2) The Commercial Paper Funding Facility (CPFF): Die Fed kauft anhand dieser Kreditfazilität CPs unmittelbar von Unternehmen für eine Laufzeit von 3 Monaten. Die Fed hat angekündigt, auf diese Weise 1'800 Mrd. Dollar für den Erwerb von CP auszugeben. Per 31. Dezember 2008 hat die Fed CP für 332 Mrd. Dollar gekauft. 3) The Money Market Investor Funding Facility (MMIFF): Diese Fazilität wurde am 21. Oktober 2008 angekündigt und erlaubt der Fed, CPs direct von Geldmarkt Fonds zu kaufen.


CP Outstandings, Graph: Fed

Das gemeinsame Ziel dieser Fazilitäten ist, wie in einer aktuellen Analyse der Fed St. Louis anschaulich dargelegt wird, die Kosten für die Kreditaufnahme der Unternehmen zu reduzieren. Die Fed hat jedoch am meisten von der CPFF Gebrauch gemacht. Die Summe ist auf der Fed-Bilanz zuletzt um 16 Mrd. $ auf 351 Mrd. $ angestiegen, berichten die Analysten von Morgan Stanley. Die AMLF, die gestaltet wurde, um die ABCP-Liquidität zu fördern, hat in der Fed-Bilanz laut Morgan Stanley eine Position im Betrag von 15 Mrd. $ (zurück vom Spitzenwert von 152 Mrd. $). Die MMIFF blieb inaktiv.

Diese Woche werden laut Berechnungen von Morgan Stanley CP im Volumen von 145 Mrd. $ und nächste Woche 98 Mrd. $ fällig. Investoren blicken deshalb gespannt auf den Geldmarkt, ob sich für diese Papiere genügen Käufer finden lässt. Wenn ja, dann kann man von einer echten Entspannung reden. Wenn nein, dann ist die Fed wieder am Ball.

Dienstag, 27. Januar 2009

Nicht ohne mein Bonus: If you dont play, you cannot win!

Das lateinische Adjektiv bonus bedeutet gut. Gut ist das Gegenteil von schlecht (malus). Der Plural von Bonus ist Boni oder Bonusse. Daher gilt es: Je mehr, desto besser. Die Banken handeln gern nach dieser Maxime. Auch in der schwersten Rezession seit den 1930er Jahren. Es ist also egal, ob die Bank Gewinn oder Verlust schreibt: Bonusse werden immer ausgeschüttet. Denn die Verluste können leicht ausgelagert werden. Wohin? In den Schoss des Staates.


"The Wage and Human Capital in the US-Financial Industry", Graph: NBER Working Paper

Alphaville hat heute auf eine aktuelle NBER-Studie („Wage and Human Capital in the US Financial Industry, 1909-2006“) aufmerksam gemacht. Thomas Philippon und Ariell Reshef, die beiden Autoren der Studie wollen herausgefunden haben, dass die Jobs am Finanzmarkt mit grösseren Fähigkeitsanforderungen verbunden sind. Die Stellen im Sektor seien relativ „skill intensive“, komplex und hoch bezahlt. Als Bestimmungsgrössen dieser Entwicklung machen die Autoren folgende Faktoren aus: 1) die Deregulierung im Finanzsektor und 2) die zunehmende Nachfrage nach besonderen Fähigkeiten im Zusammenhang mit Unternehmensaktivitäten in Sachen IPO-Geschäfte und Kreditrisiken-Analyse.

Kollaps am Arbeitsmarkt: Mehrere Tausend Stellen fallen weg

Noch nie zuvor haben Unternehmen in den USA an einem Tag soviele Stellen abgebaut wie gestern. Aufgrund schwacher Quartalszahlen und düsterer Konjunkturaussichten wurden am amerikanischen Arbeitsmarkt mehr als 50'000 Jobs gestrichen.

Caterpillar: 20'000 Stellen
Sprint Nextel: 8'000 Stellen
General Motors: 2'000 Stellen
Pfizer: 19'000 Stellen
Home Depot: 7'000 Stellen.


Zählt man dazu die Unternehmen aus Europa wie ING, Royal Philips Electronics und Corus dazu, sind gestern auf beiden Seiten des Atlantiks an einem einzigen Tag insgesamt mehr als 76'000 Stellen vernichtet worden.

Montag, 26. Januar 2009

Leistungsbilanz: Wer lebt über seine Verhältnisse?

In einem Interview mit dem Tages-Anzeiger von heute (Seite 21-23) kritisiert Klaus Wellershoff, Chefökonom der Schweizer Grossbank UBS, dass die Staaten versuchen, den Nachfrageausfall mit Fiskalpolitik zu ersetzen. Zudem vertritt er die Ansicht, dass „wir über unsere Verhältnisse leben“. Es bleibt aber völlig unklar, wen er mit „wir“ meint. Die Schweiz und/oder Deutschland? Oder hat Wellershoff die amerikanische Staatsbürgerschaft? Denn er fügt hinzu: „Und eben nicht nur in den USA, sondern auch in Grossbritannien, in Spanien und Irland sowie in einer Reihe weiterer Länder in Europa und Asien“. Was ist jetzt? Lebt die Schweiz über ihre Verhältnisse?


Die Länder, die einen Überschuss in der Leistungsbilanz (LB) aufweisen, leben unter ihren Verhältnissen, da sie mehr Geld aus dem Ausland einnehmen als sie dort ausgeben. Schweiz hat einen LB-Überschuss. Das heisst, dass die Schweiz per Saldo Forderungen gegenüber dem Ausland hat. Die Schweiz lebt also nicht über ihre Verhältnisse.

Die Länder, die hingegen ein Defizit in der Leistungsbilanz aufweisen, leben über ihre Verhältnisse, da sie im Ausland mehr Geld ausgeben, als sie von dort an Einnahmen erzielen. Beispielsweise zählen die USA zu den Ländern, die über ihre Verhältnisse leben.

Was ist aber das Fatale daran, wenn man (fälschlicherweise) annimmt, dass man über seine Verhältnisse lebt? Dann wird man versuchen, seine Ausgaben einzuschränken. Das bedeutet, es wird gespart, und zwar über alle Ebenen der Wirtschaft. Der Staat wird sich mit Ausgaben zurückhalten. Unternehmen werden Investitionen stornieren. Haushalte werden ihren Verbrauch beschränken. Die aggregierte Nachfrage wird folglich stark einbrechen. Ohne Nachfrage gibt es aber kein Wachstum. Bekanntlich lebt eine freie Marktwirtschaft vom Wachstum, d.h. von der Nachfrage.

Im Übrigen lebt auch Deutschland nicht über seine Verhältnisse. Dazu liefert Peter Bofinger, Professor für Volkswirtschaft an der Uni Würzburg eine anschauliche und überzeugende Analyse in seinem grossartigen Buch „Wir sind besser, als wir glauben“ (Pearson Studium, 2005).

Sonntag, 25. Januar 2009

The Return of Depression Economics and
the Crisis of 2008

Buchbesprechung:

Paul Krugman: The Return of Depression Economics and the Crisis of 2008. W.W. Norton, London, 2009.


Im Anschluss an die Asien-Krise in den 1990er Jahren hatte Paul Krugman, Nobelpreisträger des Vorjahres, 1999 ein viel beachtetes Buch veröffentlicht. Nun legt der renommierte Kolumnist der New York Times eine neue Auflage dessen vor, erweitert um das Thema der anrollenden Rezession, die in den USA im Dezember 2007 und in Europa am Ende des II. Quartals 2008 begonnen hat. Es gibt keinen Zweifel darüber, dass der Präsedenzfall der gegenwärtigen Krise die „Great Depression“ ist. Die Welt befindet sich in einer Wirtschaftskrise, in der die Geldpolitik ihre Wirkung verloren hat und nur noch Fiskalpolitik helfen kann.


Top-Ökonomen wie der Autor dieses aktuellen Werkes setzen sich derezit für fiskalpolitische Massnahmen ein. Selbst der Sachverständigenrat in Deutschland spricht sich erstmals seit Jahrzehnten für Konjunkturpakete aus. Krugman ist mit Sicherheit der weltweit meist gelesene Ökonomie-Blogger und ein gefragter Wirtschaftsprofessor an der Princeton University. Er hat dieses Buch ursprünglich nicht geschrieben, um aufzuzeigen, warum die Asien-Krise passiert ist, sondern wie diese Katastrophe geschehen konnte und und wie sie verhindert werden kann und wie die Opfer sich wieder erholen können.

Zunächst einmal hält Krugman fest, dass die Weltwirtschaft trotz des Ausmasses der heutigen Krise nicht in einer Depression steckt. Was heisst es aber, dass die Depression Economics zurückgekehrt ist? Erstmals seit den 1930er Jahren gilt es als sicher, dass der weltweite Einbruch der aggregierten Nachfrage auf dem Wohlstand der Menschen lastet. Niemand war darauf vorbereitet, da das Schwergewicht in der Wirtschaftspolitik bisher angetrieben vom Marktfundamentalismus auschliesslich auf die Angebotsseite gelegt wurde. Nun braucht die Welt eine Rettungsoperation. Das Problem muss sofort angegangen werden. Erstens müssen die Banken wieder Kredite vergeben. Zweitens muss Geld ausgegeben werden. Die erste Aufgabe ist die schwierigere, fügt Krugman hinzu. Das Vertrauen ist dahin und die Banken sind stark unterkapitalisiert. Daher müsse die Eigenkapitalbasis der Finanzinstitute gestärkt werden wie es die Roosevelt-Administration durch die Reconstruction Finance Corporation (RFC) in 1933 in den USA praktiziert hat und wie Schweden am Anfang der 1990er Jahre vorgegangen ist, um die Landesbanken zu rekapitalisieren. Die Geldspritzen, die bislang erfolgt sind, greifen laut Krugman im Verhältnis zu BIP zu kurz. Es ist zudem nicht klar, wie das Schattenbanken-System durch die Rettungsprogramme erreicht werden soll. Ausserdem ist es nicht festgelegt worden, dass die Banken die Gelder wieder als Kredit an die Wirtschaft weiterleiten. Die Versuchung für die Banken ist gross, das Geld zu horten. Ein anderer Ansatz, um die Credit Crunch (Kreditklemme) zu lösen, läuft über die US-Notenbank (Fed). Die Fed soll direkte Kredite an die Privatwirtschaft („nonfinancial sector“) vergeben, wie sie es mit dem Ankauf von Commercial Paper (CP) bereits getan hat. All diese Aktionen sollten aber weltweit koordiniert in Angriff genommen werden. Grund: Die Globalisierung der Finanzwelt. Krugman begrüsst daher die IWF-Kredite an die sog. Schwellenländer. Auch die Devisen-Swap-Linien der Fed an die Entwicklungsländer seien richtige Massnahmen. Aber selbst wenn das Finanzsystem wieder auf die Beine kommen sollte, wird die Welt mit einer gewaltigen Nachfragelücke konfrontiert sein. Was ist zu tun? Krugman plädiert ohne Umschweife für Fiskal-Stimulus à la Keynes. Man soll sich jedoch davor nicht abschrecken lassen, wenn manche Kreise das Ganze als „sozialistisch“ bezeichnet. Die Rekapitalisierung der Banken dürfte Krugman zufolge solche Dimensionen erreichen, dass eine vorübergehende Verstaatlichung eines signifikanten Teils des Finanzsystems unvermeidbar wird. Was die Regulierung betrifft, schreibt Krugman, dass er keine Einzelheiten darüber vorlegen wolle, aber der Grundsatz klar sein sollte: Alles, was während dieser Finanzkrise gerettet wird, weil es eine wesentliche Rolle im Finanzmechanismus spiele, solle reguliert werden, und zwar dann, wenn keine Krise ist, damit keine weitere exzessiven Risiken eingegangen werden. Ein ohne Fachjargon, locker geschriebenes grossartiges Buch. Sehr informativ und wegweisend.

Samstag, 24. Januar 2009

Leverage Ratio: Explosive Zahlen deuten auf Insolvenzgefahr hin

Die Bilanzsumme der meisten weltweit grössten Banken hat sich in den vergangenen 5 Jahren mehr als verdoppelt, schreibt Martin Wolf in Financial Times (FT). Der Median der Debt-to-equity Ratio für die britischen Banken liegt bei mehr als 30:1, fügt der renommierte Kolumnist in seinem Kommentar hinzu. Die Frage ist daher nicht, ob die Rettungsmassnahmen für die Banken funktionieren werden, sondern, ob GB sie sich überhaupt leisten kann, hält Wolf fest. Die Debt-to-Equity Ratio ist eine Kennzahl zur Beurteilung der Finanzierungsverhältnisse (Kapitalstruktur) einer Bank und/oder eines Unternehmens. Es kennzeichnet das Verhältnis zwischen dem Fremdkapital (FK) und dem Eigenkapital (EK)= (FK*100)/EK.


Die Bilanzsumme der britischen Banken macht 440% des BIP aus, schreibt Willem Buiter in seinem Blog maverecon diese Woche. Diese Institutionen gefährden seiner Meinung nach die fiskalische Intaktheit Grossbritanniens. Buiter ist Wirtschaftsprofessor an der London School of Economics und verfasst schonungslose Analysen für die britische FT. Das BIP Grossbritanniens beträgt 1'500 Mrd. £. In einem anschaulichen Beispiel erklärt Buiter, was eine Leverage Ratio von 25% bedeutet. Nehmen die Aktiva um 4% ab, ist das EK der betreffenden Bank dahin. Die Leverage Ratio, die in den USA für Kapitalstruktur-Kennzahlen (Debt-to-equity) herangezogen wird, ist eine klar definierte Grenze für die Bilanzverschuldung. Die Leverage Ratio beträgt bei den europäischen Banken im Durchschnitt 35, und bei den amerikanischen 20. Nach Angaben der US-Notenbank (Fed) halten die ausländischen Investoren (zumeist in Europa) 40% der ursprünglich in den USA verbrieften Wertpapiere aus dem 10'800 Mrd. $ schweren Schattenbanken-System. Hier schätzt Nouriel Roubini die Mark-to-Market Abschreibungen auf 2'000 Mrd. $. Zudem dürften sich die Kreditverluste auf nicht-verbriefte Darlehen laut von Roubini geleiteten RGE Monitor auf 1'600 Mrd. $ belaufen. Alles in allem würden die Gesamtverluste und Abschreibungen auf Wertschriften amerikanischen Ursprungs auf 3'600 Mrd. $ klettern. Der US-Bankensektor ist der Hälfte dieser Zahlen ausgesetzt.

Credit Default Swaps für Staatsanleihen

Die Risikoprämien der Credit Default Swaps (CDS) auf Staatsanleihen sind im Steigen begriffen. Trotz der Bekanntgabe, dass die Obama-Administration 75% des geplanten 825 Mrd. Dollar schweren Wirtschaftsstimuluspakets in den nächsten 18 Monaten ausgeben will, um neue Arbeitsplätze zu schaffen, legten die CDS auf US-Treasuries um 8 Basispunkte auf 73,7 Basispunkte zu. Vor dem Ausbruch der Kreditmarktkrise im Juli 2007 notierten die Risikoprämien für Kreditabsicherungen auf 10jährige US-Staatsanleihen noch unter 2 Basispunkten.


Die CDS auf britische Staatsanleihen (Gilts) sind auf 125 Basispunkte gestiegen. Das ist ein Rekordstand. Die Marktteilnehmer scheinen derzeit ein systemisches Risiko zu befürchten. Warum? 1) Die Senkung der Länderbonität von Griechenland, Spanien und Portugal durch Moody’s hat Unruhe am Markt ausgelöst. 2) Das Thema Verstaatlichung rückt immer enger in den Mittelpunkt der aktuellen Diskussionen. Irland hat kürzlich die Anglo Irish Bank nationalisiert. Aber auch in Grossbritannien (GB) wächst die Angst davor, dass viele Banken des Landes „technisch insolvent“ (Nouriel Roubini) sind.

Die Risikoprämien für Kreditabsicherungen (CDS) gegen Staatsanleihen sind folglich so gestiegen, dass es sich fragt, ob es sich überhaupt lohnt, sich gegen Ausfallrisiko von Anleihen der Staaten abzusichern? Eine andere wichtige Frage ist, ob die Versicherungsgeber (Anbieter), die das Ausfallrisiko übernehmen, im Konkursfall oder bei Zahlungsverzug eines Staates die im voraus vereinbarte Summe an den CDS-Käufer zahlen können? Das ist heute angesichts der Gegebenheiten auf dem Kreditmarkt höchst zweifelhaft. Die Kreditmärkte signalisieren für Default-Fälle laut Alphaville eine Wahrscheinlichkeit von 18% für Griechenland, 15% für Irland, 14% für Italien in den nächsten fünf Jahren. Im Vergleich: 4% für Deutschland und ein Zehntel für GB. Dennoch halten Analysten eine Default-Chance für den Euro-Raum für weit entfernt. Das schützt aber die betreffenden Länder nicht vor Ratingsherabstufungen. Für Länder ausserhalb der Euro-Zone ist die Situation allerdings wiederum anders. Paul De Grauwe, Wirtschaftsprofessor an der University of Leuven wirft in einem Artikel in Financial Times Ratingagenturen Willkür vor, warum die Bonität mancher europäischen Länder gesenkt und die mancher unverändert belassen wurde. Er weist darauf hin, dass Griechenland, Irland und Spanien in den vergangenen Jahren ihre Verschuldung viel rascher abgebaut haben als die Euro-Zone als Ganzes. Die Staatsverschuldung sei in der Euro-Zone von 69% des BIP im Jahre 2000 auf 66% im Jahre 2007 zurückgegangen. De Grauwe gibt sich erstaunt darüber, wie verlässlich die Analysen der Ratingagentur sein können, nachdem diese in der Vergangenheit im Hinblick auf eine Risikoschätzung der Bankschulden völlig versagt haben.

Vor dem Hintergrund der durch die Decke schiessenden Risikoaufschläge erscheinen die Kosten der Absicherung derzeit in der Tat „zu hoch“.

Freitag, 23. Januar 2009

Future-Märkte: Fed Funds Rate Erwartungen

Die Fed Funds Futures Kontrakte deuten an, dass die US-Notenbank (Fed) ihren Leitzins (FFR: Fed Funds Rate) bis Mitte des Jahres in der Spanne von Null bis 0,25% beibehalten wird. Eine Zinserhöhung auf 0,50% wird vom Future-Markt (Chicago Board of Trade) für November bereits eingepreist.


FFR vs effective FFR, Graph: Fed St. Louis

Die effektive FFR belief sich gestern auf 0,23%. Noch am 13. Januar lag der effektive Satz bei 0,10%.

Donnerstag, 22. Januar 2009

Devisenmarkt: Anleger wollen CHF, Yen und NOK

Es war die exzessive Kreditexpansion, die die Wirtschaft bisher massgeblich angekurbelt hat. Als einer der gewichtigen Auslöser der Krise gilt daher die fremdfinanzierte Anlagenblase, sei es am Immobilien- und/oder Aktienmarkt. Das Konzept der Verbriefung hat bekanntlich zu einem ausschweifenden Einsatz von Fremdfinanzierung geführt. International agierende Investoren mit hochspekulativem Anlageprofil haben sich in niedrig verzinslichen Währungen wie dem Schweizer Franken und dem Yen verschuldet, um die Gelder in hochverzinslichen Wertpapiere in Russland oder Brasilien anzulegen. Im Zuge der anrollenden Kreditmarktkrise werden nun solche Zinsdifferenzgeschäfte (sog. Carry Trades) rückgängig gemacht.


USD vs Yen (1Y), Graph: finance.yahoo.com

Es findet derzeit ein historisch beispielloser Entschuldungsprozess ( deleveragig process) statt. Der Schweizer Franken und der Yen werden dabei stark nachgefragt. Das hat zur Folge, dass die beiden Währungen erheblich an Wert gewinnen.

Ferner: Das Zinsniveau geht global zurück. Die Leitzinsen liegen in den Industrieländern um die Nulllinie. Mitten in der weltweit anhaltenden Wachstumsschwäche und einer dramatischen Kreditmarktkrise suchen Devisenhändler jetzt, wie Bloomberg berichtet, stabile Währungen. Fündig werden sie in den Ländern mit hohem Handelsbilanzüberschuss. Grund: Die betreffenden Staaten müssen sich vor dem Ungemach auf den Kreditmärkten nicht fürchten: Das sind Japan, Norwegen und die Schweiz.


USD vs CHF (1Y), Graph: finance.yahoo.com

Der Leistungsbilanzüberschuss betrug in 2008 in Japan +3,8%, in Norwegen 16% und der Schweiz +8%. Angaben: OECD. Der Kauf der Währungen aus sechs Ländern mit Handelsbilanzüberschuss im Austausch gegen den Verkauf von Währungen aus den Ländern mit Leistungsbilanzdefizit (z.B. USA, Australien und Neuseeland) hat in diesem Monat laut Bloomberg eine Rendite von 4% gebracht.

SNB: Wie reagiert die Schweizer Nationalbank auf die Krise?

Die Schweizer Nationalbank (SNB) hat seit September 2008 ihre Leitzinsen in vier Schritten um insgesamt 225 Basispunkte auf 0,5% gesenkt. Das Zielband für den 3-Monats-Libor wurde auf 0,0%-1,0% reduziert. Der Repo-Satz steht praktisch bei Null. Die Schweizer Geldpolitiker beteuern aber, dass die SNB keineswegs handlungsunfähig ist. Folgende Optionen stehen offen:


CH Zinsmarkt; Graph: SNB
rot: repo o/n, grün: 3-Monats-Libor, blau: Rendite der Bundesobligationen

1. Verlängerung der Fristigkeiten bei Repo-Transaktionen,
2. Kauf von Staats- und Unternehmensanleihen,
3. Verkauf von Schweizer Franken gegen ausländische Währungen.

Der Schweizer Franken hat sich seit Oktober um 6% gegenüber dem Euro aufgewertet. Jeder dritte Franken wird im Ausland verdient. Ein starker Franken stellt daher eine Belastung für das Exportgeschäft dar. Philipp Hildebrand, Vizepräsident der SNB hat gestern in einem Vortrag an der Uni St. Gallen betont, dass „die monetären Rahmenbedingungen für die Wirtschaft nicht nur durch die Zinshöhe bestimmt werden, sondern auch durch den Wechselkurs“. Die SNB könne unbegrenzt Schweizer Franken gegen ausländische Währung verkaufen, um eine erneute Aufwertung des Frankens zu verhindern.

Die SNB hat bisher laut Hildebrand auf drei Ebenen gehandelt:

1. einen geldpolitisch sehr expansiven Kurs eingeschlagen,
2. den Geldmarkt mit ausreichender Liquidität versorgt,
3. einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung des Finanzsystems geleistet. Die SNB finanziert die Übertragung illiquider Aktiven der UBS an eine Zweckgesellschaft.

Bemerkenswert ist, dass die SNB nebst Geldpolitik auch den Einsatz von Fiskalpolitik befürwortet, um den Konjunktureinbruch abzufedern. Die SNB rechnet für das Gesamtjahr 2009 mit einem negativen Wachstum des realen Bruttoinlandsproduktes in einer Grössenordnung von -0,5% bis -1%.

Repo Overnight (SNB): 0,04%
3-Monats-Libor: 0,55%
Rendite Bundesobligationen (10 J): 2,17%

Mittwoch, 21. Januar 2009

Bankaktien: Nein, Danke!
Lieber eine Flasche Mineralwasser

Die Krise im Finanzsektor ist noch lange nicht ausgestanden. Der S&P Financial Sektor Index ist seit Jahresbeginn um ca. 11% zurückgegangen. Die Verluste der Branche schätzt Nouriel Roubini neu auf 3'600 Mrd. Dollar. Das Bankensystem sei laut Roubini, Wirtschaftsprofessor an der New York University „technisch insolvent“. Die Abschreibungen und Verluste der Finanzhäuser belaufen sich weltweit seit dem Ausbruch der Krise auf mehr als 1'000 Mrd. Dollar. Die Probleme der Citigroup, Bank of America und anderer Banken suggerieren, dass das System zahlungsunfähig ist, sagte Roubini gestern auf einer Konferenz in Dubai. Dasselbe gelte auch für Europa, fügte der Leiter der Research-Firma RGE Monitor hinzu.


S&P-500 Financial Index (6 Monate), Graph: finance.yahoo.com

Die Banken sind deutlich unterkapitalisiert. Die Rettungsaktionen der vergangenen Monate verpfufften schnell. Die Banken sind nicht bereit, Kredite zu vergeben. Sie versuchen durch den Abbau von Aktiva (risikobehaftete Wertpapiere) weiter zu konsolidieren. Die britische Regierung steht kurz davor, alle Banken des Landes komplett zu verstaatlichen.

Fazit: Hände weg von Finanzaktien! Bilanzzahlen sind verschwommen. Erträge sind imaginär, Profitabilität ist kosmetisch, Risiken sind durch die strukturierten Produkte verschleiert. Es gibt keine Transparenz darüber, wie viel „toxic assets“ noch „off the balance sheets“ gehalten werden, schreibt Willem Buiter in seinem Blog. Es ist durchaus möglich, dass die Banken die risikobehafteten Wertpapiere wesentlich höher bewerten als der faire Wert. Der Grund: Der Internationale Accounting Standard Boards (IASB) hat eine Neueinordnung (d.h. Lockerung) der „Fair-Value“-Grundsätze zugelassen. Also lieber eine Flasche Mineralwasser kaufen als eine Bankaktie.

The Zero is Not Enough

Schrumpft die Wirtschaft, kann die Notenbank die Zinsen senken, um die Konjunktur wieder anzukurbeln. Da die Nachfrage geringer ist als der potenzielle Output, bleibt ein Teil der Produktivitätskapazität ungenutzt. Das wird am Markt durch steigende Arbeitslosigkeit reflektiert. Es ist für die Notenbanken ein probates Mittel, durch Lockerung der Geldpolitik, einer Abweichung des BIP vom potenziellen Output", der bei Vollauslastung aller Kapazitäten möglich wäre, entgegen zu wirken. Die Notenbank kann also die Zinsen unter die Inflationsrate senken, um die Wirtschaft zu stimulieren.


Real Interest Rates, Graph: Fed St. Louis

Ziel ist, negative Realzinsen entstehen zu lassen. Wenn z.B. die Inflation 4% und die Zinsen 2% betragen, ergibt sich daraus eine negative real Verzinsung von (4 – 2 =) 2 Prozent. Negative Realzinsen verleiten Marktteilnehmer, Geld für Konsum und Investitionen zu leihen. Die Wirtschaft kommt folglich wieder auf die Beine und die Arbeitslosigkeit geht zurück. Die US-Notenbank (Fed) hat bekanntlich am 16. Dezember ihre Leitzinsen auf eine Spanne von Null bis 0,25% gesenkt. The Quantitative Easing is „A Quantum of Solace“? Zur Zeit scheint dieses Zinsniveau angemessen zu sein. Schwächt sich die Wirtschaft aber weiter ab, wäre die Null-Zins-Linie zu hoch. Diese Meinung vertritt Jan Hatzius, Chefökonom von Goldman Sachs. Gestützt auf die sog. Taylor-Regel rechnet Hatzius aus, dass die Fed ihre Leitzen auf Minus 6% senken müsste. Das Problem: Es ist unmöglich, Zinsen unter die Null-Linie zu senken. Ein Beispiel: Würde das amerikanische Schatzamt heute eine Anleihe sagen wir im Nominalwert von 1'000 Dollar ausgeben, kann es diese doch nach einem Jahr nicht zu 970 Dollar zurückzahlen, da rationaldenkende Anleger ihr Geld lieber (ausserhalb des Bankensystems) behalten würden, um den Wert des Geldes zu bewahren, wie Business Week kürzlich beschrieben hat. Die Lösung: Die Fed müsste absichtlich die Inflation steigen lassen, indem sie z.B. die Druckpresse anwirft. Die Arbeit der Notenbanker besteht i.d.R. zu mehr als 95% daraus, Inflation zu bekämpfen. Die amerikanischen Währungshüter sind sich aber der Deflationsgefahr, die gegenwärtig droht, sehr bewusst. Deflation is „a View to a kill“. Sie wissen, dass es nicht ausreicht, nur negative Realzinsen zu schaffen. Sie wollen zudem das Bankensystem verfestigen („Tomorrow Never Dies“) und durch eine massive Erhöhung der Staatsausgaben der Wirtschaft auch Fiskalstimulus anordnen. The Fed has “The Licence to kill” the deflation.

Dienstag, 20. Januar 2009

Staatsanleihen: Risikoaufschläge im Euro-Raum steigen

Die Standard & Poor’s stufte gestern die Bonitätsnote Spaniens für langfristige Staatsanleihen von „AAA“ (Bestnote) auf „AA+“ zurück. Die Begründung: strukturelle Schwäche der iberischen Wirtschaft. Davor hatte die S&P die Bonitätsnote Griechenlands gesenkt. Die Zinsdifferenzen im Euro-Raum haben sich nun aufgrund dieser Entscheidungen der Ratingagentur deutlich vergrössert.


CDS on Sovereign, Graph: Alphaville

Die deutschen Staatsanleihen gelten als die sichersten im Euro-Raum. Die anderen Regierungen müssen ihre Papiere mit einem Risikoaufschlag auf die Renditen der deutschen Staatsanleihen verkaufen. Die Renditedifferenz hat sich jetzt für spanische Staatspapiere auf 1,15% ausgeweitet. Noch vor einem Jahr lag der Spread bei 0,18%. Der Aufschlag für Staatsanleihen Griechenlands sind auf 2,54% gestiegen.

Credit Default Swaps (CDS) für Staatsanleihen klettern

Im Sog des angeschlagenen Vertrauens in die europäischen Wirtschaft legten heute auch die Kosten für die Absicherung von Kreditrisiken für mehrere Länder zu. Die Credit Default Swaps (CDS) für Grossbritannien sind laut Alphaville auf 133 Basispunkte (am Montag noch 124,9 bp) gestiegen. Das bedeutet, dass die Anleger 133’000 Euro zahlen, um eine Anleihe im Index im Wert von 10 Mio. Euro für fünf Jahre gegen Ausfall zu versichern.

Desweiteren sind die CDS gestiegen: Für Spanien auf 156,3 Basispunkte (142,5 bp). Für Österreich auf 157,5 Basispunkte (146 bp). Für Deutschland auf 55,8 Basispunkte (55 bp). Für die USA (d.h. für die Treasuries) auf 70 Basispunkte (69 bp). Das bedeutet, dass die Anleger 70’000 Euro zahlen, um eine 10jährige amerikanische Staatsanleihe im Wert von 10 Mio. Euro für fünf Jahre gegen Ausfall abzusichern.

CDS sind Wertpapiere, mit denen Anleger sich gegen das Ausfallrisiko der Anleihen (Krediten) von Ländern und Unternehmen absichern können.

Dead Banks Walking: Das verfluchte „N-Wort“

Die düsteren Nachrichten aus dem europäischen Bankensektor reissen nicht ab. Grossbritannien hat gestern ein zweites Rettungspaket für die Banken geschnürt. Die britische Regierung hat angekündigt, dass sie Banken gegen Gebühr eine Versicherung („backstop insurance policy“) für das Ausfallrisiko von Wertpapieren anbietet. Die Kosten werden von den Steuerzahlern getragen. Die britische Regierung glaubt, dass dieser Weg günstiger ist als die Errichtung einer Bad Bank, weil angeblich nur bei tatsächlich auftretenden Verlusten gezahlt werden muss. Die Banken bekommen zudem Garantien für faule Kredite. Die Bank of England (BoE) erhält Lizenz zum Gelddrucken (50 Mrd. Pfund; rund 55 Mrd. Euro) für den Aufkauf von Vermögenswerten aus dem Bankensektor. Ziel ist, den Kreditmarkt aufzutauen, damit Unternehmen und Privatehaushalte wieder zu Darlehen kommen.


Wieviel aber die Banken für die Versicherung zahlen müssen, ist bisher nicht klar. Wie hoch sind die Kosten? Die Ermittlung eines fairen Preises bleibt ungewiss. Alles dreht sich im Prinzip um diesen Wert. Woher soll aber der Staat es besser wissen als der Markt, was die illiquiden verbrieften Wertschriften in den Bilanzen der Banken wert sind? Ist das britische Garantiemodell für Banken also ein anderes Mittel, um einer umfassenden Verstaatlichung der Branche aus dem Weg zu gehen?

Willem Buiter („Dead Banks Walking“), Professor an der London School of Economics und früheres Mitglied im Entscheidungsrat der BoE plädiert für volle Verstaatlichung. Irland hat Anglo Irish Bank, die drittgrösste Bank des Landes nationalisiert. Die Commerzbank gehört, wenn man die stillen Einlagen dazu rechnet, wie die FT Deutschland vermerkt, zu mehr als 50% dem deutschen Staat. In Grossbritannien hat der Staat bereits 57% der RBS übernommen. Der Anteil des Staates an HBOS und Lloyds Banking Group beträgt 43%. Barclays hat es bisher gemieden, direkte staatliche Finanzbeteiligung zuzulassen. Dafür hat die Bank aber eine Kapitalerhöhung über die Bühne gebracht, die deutlich mehr kostet als wenn sie eine staatliche Finanzspritze erhalten hätte. Die indes zu Zombies mutierende Banken sind auf Gedeih und Verderb auf die Unterstützung der Steuerzahler angewiesen. Paul Krugman verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass die Verantwortlichen in den USA tödliche Angst vor dem „N-Wort“ haben. Nationalisierung.

Montag, 19. Januar 2009

Toxic Assets: Illiquide Wertschriften – Abfall Papiere

Der Wert „toxischer Assets“ (risikobehaftete Wertpapiere) in den Büchern der britischen Banken wird laut FT Deutschland auf 220 Mrd. Euro, der deutschen Banken laut Der Spiegel auf 300 Mrd. Euro geschätzt.

Die Leverage Ratios (eine Kennzahl der Kapitalstruktur) beträgt laut RGE Monitor bei den europäischen Banken: 35, bei den amerikanischen Banken: 20.

Die Leverage Ratio definiert das Verhältnis zwischen Kernkapital und Bilanzsumme. Es geht genau genommen um einen Massstab der Fremdfinanzierung.


Bei der Deutschen Bank soll die Leverage Ratio Marktanalysten zufolge 50 (d.h. ca. 2'000 Mrd. Euro) betragen. Das bedeutet etwa 80% des Bruttoinlandsproduktes Deutschlands. Das ist einfach für die Bundesbank zu viel zur Bewältigung.

Weitere Abschreibungen hätten also vernichtende Auswirkungen auf die Kapitalstruktur der Banken, welche sich seit geraumer Zeit in der Phase des Schuldenabbaus („deleveraging“) befinden. Die Banken trennen sich von Risikopositionen in einem historisch beispiellosen Ausmass. Deshalb sind die Finanzinstitute bei der Vergabe von Darlehen extrem restriktiv. Das führt dazu, dass die Unternehmen ihre Invetitionsvorhaben stornieren. Die aggregierte Nachfrage in der Wirtschaft bildet sich zurück. Die Regierungen in den USA und in Europa bemühen sich daher mit diversen Mitteln, die Kreditversorgung der Unternehmen voranzutreiben.

Bad Bank oder Aggregator Bank

Nachdem Fed-Chef Ben Bernanke am vergangenen Dienstag die Errichtung einer Bad Bank in Erwägung gezogen hat, lobten auch US-Finanzminister Henry Paulson und Sheila Bair, Vorsitzende der staatlichen Einlagensicherungsgesellschaft (FDIC) diesen Ansatz. Frau Bair brachte dafür den Begriff „Aggregator Bank“ in die Debatte. Es geht dabei um eine staatliche Übernahme von problematischen Wertpapieren und faulen Krediten bei den Banken. Ziel ist es, Banken auf diese Weise zur Wiederaufnahme des Kreditgeschäftes zu bewegen. Eine Alternative wäre laut Fed, eine Art Garantie (für das Ausfallrisiko) für die toxischen Wertschriften zu geben, während diese auf der Bilanz der Banken blieben. Die US-Notenbank (Fed) will eine extreme Verringerung der Kreditvergabe verhindern, damit die Abwärtsspirale sich in der Wirtschaft nicht weiter verstärkt.


Bei diesen Überlegungen bleiben aber viele Frage offen. Zu welchem Preis sollen die toxischen Aktiva (illiquiden Papiere) an den Staat ausgelagert werden? Die Banken brauchen für eine Restrukturierung frisches Kapital. Wie sollen sie auf dem Markt, wo sie ihre Risikopositionen offenbar nicht abstossen können, neues Kapital beschaffen? Warum schreiben die Banken diese „Bad Assets“ einfach nicht ab? Die Politik scheint der Meinung zu sein, dass diese problematischen hypothekenbesicherten Wertschriften „ unterbewertet“ sind. Woher wissen wir es aber, fragt sich Paul Krugman in seinem Weblog bei The New York Times. Dafür gibt es keine Erklärung. Warum sollen diese toxische Assets eigentlich mehr wert sein, als der Markt dafür hergeben will? Wie lässt sich ausserdem sicherstellen, dass das ganze Geschäft am Schluss kein Geschenk an die Banken wird?

Im vergangenen Jahr, als Bear Stearns durch JP Morgan geschluckt wurde, übernahm die Fed das Ausfallrisiko für die problematischen Wertschriften der gescheiterten Investmentbank. Auch im Falle der Citigroup einigte sich die Fed mit dem Schatzamt im November, das Ausfallrisiko von Wertpapieren aus dem Portfolio der Grossbank zu übernehmen. Auch in Grossbritannien spielt die Regierung nun mit den Gedanken, eine staatliche Bank („Bad Bank“) zum Kauf von problembehafteten Wertpapieren der Banken zu gründen. Die sog. Bad Bank soll entweder durch Finanzierungsanleihen, welche die Banken kaufen müssten, finanziert, wobei Aktionäre zur Kapitalerhöhung zustimmen müssten. Oder der Staat bekommt im Gegenzug eine Beteiligung an den Einlagen der Banken.

Sonntag, 18. Januar 2009

US-Verbraucherpreise auf 50-Jahres-Tief: Deflationssorgen wachsen

Die Verbraucherpreise (CPI) sind in den USA im Dezember auf Monatsbasis um 0,7% gesunken. Auf Jahresbasis ist die Teuerungsrate um 0,1% gestiegen. Die sog. Kernrate ist von Oktober bis Dezember annualisiert um 0,3% gefallen. Das ist der stärkste Rückgang seit 1960.



Die sich vertiefende Rezession lässt in den USA nun die Sorgen vor einer Deflation steigen. Wird jetzt eine anhaltende Deflation um sich greifen? Deflation setzt sich ein, sagte Mark Zandi, Chefökonom von Moody’s Economy.com. Angesichts des anhaltenden Abschwungs stehen Unternehmen unter Druck, Preise zu senken, um auf diese Weise Umsatz aufrechtzuerhalten, bemerkt Zandi. Manche Vertreter der US-Notenbank (Fed) sind besorgt, dass die Inflation weiter sinken und auf unbequemen Niveaus verharren könnte. Fed-Chef Ben Bernanke will grundsätzlich die Inflationserwartungen „verankert“ sehen. Aber wie? Das wird für die Fed ein schwieriges Unterfangen, zumal die Zinsen bei Null Prozent liegen. Die Anzeichen mehren sich, dass die Inflation in Deflation dreht.

Freitag, 16. Januar 2009

TIPS signalisieren Deflation

Die Breakeven-Rate lag vor einem halben Jahr bei 2,47 Prozent. Die Differenz zwischen der Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihen und der Rendite der inflationsgeschützten Treasuries beläuft sich heute auf rund 0,50%. Im Verlauf dieser Woche ist die Breakeven-Inflationsrate sogar bis auf 0,27% gesunken. Die Inflationserwartungen, die sich von den Renditen der inflationsindexierten Anleihen ableiten lassen, bewegen sich also um die Null-Linie. Das deutet ganz einfach auf Deflation hin.


Breakeven-Rate für US-Treasuries (10Y), Graph: bloomberg.com

Im Vorjahr blieb die Performance der TIPS (Minus 5%) deutlich hinter der der Treasuries. Seit November hat das Blatt sich jedoch gewendet. Mit 5,77% schlagen die inflationsgeschützten Staatsanleihen nun die Treasuries (Plus 1,55%) ganz klar. Was ist inzwischen geschehen? Die globale Wirtschaft ist von den USA über Euroland bis Japan erstmals seit Ende des Zweiten Weltkriegs gleichzeitig in eine schwere Rezession geraten. Die Breakeven-Rate für 5 Jahre ist in den USA auf Minus 33 Basispunkte gerutscht. In Japan beträgt sie für 10 Jahre laut Bloomberg Minus 186 Basispunkte. Zu Wochenbeginn lag der entsprechende Spread in Grossbritannien für 3 Jahre bei Minus 40Basispunkten.

Die US-Notenbank (Fed) wird weiter Anleihen am offenen Markt kaufen, um die Deflation zu unterbinden. Die TIPS (Treasury Inflation Protected Securities) gewähren dem Anleger einen garantierten Ertrag, da der Preis der Anleihe an die Veränderung der Inflation angepasst wird.

EZB senkt Zinsen

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat nun endlich auf die sich weltweit vertiefende Rezession reagiert und ihren Leitzins um einen halben Punkt auf 2,0% reduziert. Zuletzt hatte der massgebende Zinssatz im Dezember 2005 so tief gestanden. Die EZB hat sich bisher wider Vernuft dagegen gestemmt, die Geldpolitik so zu lockern wie der Rest der industrialiserten Welt. In den USA, Japan und in der Schweiz ist das Zinsniveau mittlerweile bei praktisch Null Prozent angekommen.


Leitzinsentwicklung, Graph: faz.net

EZB-Präsident Jean Claude Trichet begründete den Zinsentscheid mit der Verschlechterung der Wirtschaftsaussichten. Mit Blick auf weitere Zinsschritte im Februar hielt sich der europäische Währungshüter etwas zurück. Andererseits machte die EZB keinen Hehl daraus, dass sie mit einer Erholung der Wirtschaft im Euro-Raum frühestens Mitte 2010 rechnet.

Fazit: Die EZB ist deutlich hinter der Kurve. Sie steht unter Zugzwang. Die Industrie befindet sich im freien Fall. Im März werden die europäischen Geldpolitiker ihre Wachstumprojektionen veröffentlichen. Der aktuelle Hinweis der EZB auf Abwärtsrisiken für die Inflation deutet darauf hin, dass die Zinsen bis Jahresmitte auf 1,0% gesenkt werden könnten. Die Inflationsrate ist im Euro-Raum mittlerweile von 4,1% im Sommer auf 1,6% (annualisiert) gesunken. Eine ZIRP scheint aber für die EZB nicht drin zu liegen. Nur der EONIA, der Euro Overnight Index Average dürfte im Laufe des Jahres gegen Null pendeln.

Donnerstag, 15. Januar 2009

Türkische Zentralbank senkt Leitzinsen

Die türkische Zentralbank (CBT) hat heute ihren geldpolitischen Kurs drastisch gelockert. Der Tagesgeldeinlagensatz (overnight borrowing rate) wurde um 200 Basispunkte von 15% auf 13% gesenkt. Die CBT hat zugleich auch den Tagesgeldausleihsatz (overnight lending rate) von 17,50% auf 15,50% reduziert.


CBT O/N Borrowing Rate, Graph: CBT


Die heutige Zinssenkung fiel viel stärker aus als erwartet. Die türkischen Geldpolitiker begründeten ihren Zinsschritt mit dem Einbruch der inländischen Nachfrage und dem anhaltenden Disinflationsprozess. Die CBT hielt in einem Statement fest, dass der Vorzug der für die Zukunft geplanten Zinssenkungen angesichts der anhaltenden Kreditklemme die Wirtschaftsaktivitäten ankurbeln würde. Bis zur Jahreshälfte dürften die Zinsen um weitere 100-150 Basispunkte gesenkt werden.




Tagesgeld (overnight)in %
Einlagensatz13%
Ausleihsatz15,50%


US-Dollar/TRY: 1,6164
Euro/TRY: 2,1131
CHF/TRY: 1,4355.

Banken: Insolvenzgefahr? - US-Notenbank besorgt

Hagelt es wieder von düsteren Nachrichten im Bankensektor? Es sieht jedenfalls so aus, als ob es um die Banken weiter schlecht stünde. Die Deutsche Bank (-10%) meldete gestern einen dramatischen Verlust von 4,8 Mrd. Euro im IV. Quartal. Die Citigroup (-23,2%) ist allem Anschein nach so arg gebeutelt, dass eine Aufspaltung der Bank droht. Zudem schiessen Spekulationen ins Kraut um einen riesigen Kapitalbedarf bei Europas grösster Bank HSBC.


S&P-500 Financial Index, Graph: bloomberg.com

Banken sind nach wie vor mit Abschreibungen auf komplexe Wertpapiere, für die es keinen Markt mehr gibt, beschäftigt. Ein zweiter Belastungsfaktor ist die steigende Anzahl der Kreditausfälle wegen der anhaltenden Rezession. Der Deleveraging-Prozess (Abbau der Verschuldung) scheint in Europa erst jetzt begonnen zu haben. In den USA hingegen ist er weit fortgeschritten. Weitere Verluste belasten aber die Eigenkapitalbasis, die im Verhältnis zur Bilanzsumme zu dünn ist.

Die US-Notenbank (Fed) ist daher besorgt. Bei der Kreditvergabe gebe es keine Besserung. In seiner Rede in London nannte Fed-Chef Ben Bernanke drei Ansatzpunkte, um die Problematik mit den schwer handelbaren Wertschriften in den Bankbilanzen anzugehen. Die erste Möglichkeit ist der Aufkauf von toxic assets, so wie das TARP es von Anfang an vorgesehen hat. Zweitens: Teilkauf von toxic assets im Tausch gegen eine Dividende oder Gebühr. Beispiel: Die Rettung der Citigroup im November. Als dritte Möglichkeit erwähnte Bernanke die Einrichtung einer „Bad Bank“.

Der S&P-500 Financial Index hat im Januar mehr als 12% an Wert verloren.

Mittwoch, 14. Januar 2009

Bad Bank

Bad Bank“ ist derzeit in aller Munde. Selbst US-Notenbank (Fed) Chef Ben Bernanke ging gestern in seiner Rede im Rahmen einer Veranstaltung an der London School of Economics (LSE) darauf ein. Was versteht man unter „Bad Bank“? Es geht ganz einfach darum, dass der Staat den Banken die problematischen Wertpapiere („toxic assets“) aufkauft. Wie funktioniert eine Bad Bank? Der Staat übernimmt die schlechten Wertpapiere und transferiert diese, die schwer zu bewerten sind (weil es dafür keinen Markt mehr gibt), auf eine neu zu gründende Zweckgesellschaft und überlässt damit das Risiko den Steuerzahlern.

Bei den Banken käme es dabei aber zu einem Haircut, wie Alphaville hervorhebt. Sollten die Wertschriften sich positiv entwickeln, hätten die Steuerzahler aber auch Gewinnchancen. Die Bad Bank könnte einer von Alphaville zitierten Analyse von JP Morgan zufolge entweder durch Staatsausgaben oder Einlagen eingerichtet werden. Beim ersten Fall würde der Staat die Toxic Assets durch Ausgabe von neuen Anleihen übernehmen. Beim zweiten Fall würde der Staat im Tausch gegen die Toxic Assets in die Einlagenverpflichtungen der Banken involviert werden. Welche genaue Auswirkungen daraus für die Investoren entstehen würden, ist aber grundsätzlich von den Konditionen und der Struktur der Bad Bank abhängig.

Eine staatliche Gesellschaft gab es in Schweden im Zuge der Finankrise zwischen 1987 und 1994. Auch Japan hat in der Vergangenheit auf das Bad-Bank Konzept zurückgreifen müssen. Der japanische Staat hat in den 1990er Jahren nach Angaben von Financial Times Deutschland in den Kauf von fauler Kredite und die Refinanzierung des Finanzsektors rund 100 Mrd. Euro investiert. In der Schweiz hat der Bund im Sog der Finanzmarktkrise eine Zweckgesellschaft gegründet, um der arg gebeutelten UBS unter die Arme zu greifen. Die Schweizer Grossbank bringt in den SNB-StabFund Aktiva im Volumen von ca. 60 Mrd. Dollar ein.

Wie dramatisch die Kapitalposition der Banken ist, belegt heute die gewaltige Verlustmeldung der Deutschen Bank. Das Ergebnis nach Steuern liegt beim deutschen Branchenprimus im IV. Quartal 2008 schockierend bei Minus 4,8 Mrd. Euro. Für das Gesamtjahr geht die grösste deutsche Bank von einem drastischen Verlust von 3,9 Mrd. Euro aus.

Dienstag, 13. Januar 2009

Don’t fight the Fed: It’s Credit Easing, not Quantitative Easing

US-Notenbank (Fed) Chef Ben Bernanke hat heute in London im Rahmen einer Veranstaltung an der London School of Economics (LSE) gesagt, dass der gegenwärtige geldpolitische Ansatz der Fed sich von der Politik des Quantitative Easing (QE), wie es Japan von 2001 bis 2006 praktiziert hat, konzeptionell unterscheide. „Unser Ansatz ähnelt sich QE in einem Aspekt: Ausdehnung der Bilanzsumme der Fed“, hielt Bernanke fest. In einem echten QE-Regime sei das Augenmerk auf die Menge der Bankreserven gerichtet, welche Passivum der Zentralbank darstellen. Die Zusammensetzung der Darlehen und Wertschriften auf der Asset-Seite der Bilanz sei zufällig.


Effective Fed Funds Rate, Graph: Fed St. Louis

Obwohl die japanische Geldpolitik während der QE-Periode vielfältig gewesen sei, habe der Ansatz primär auf die Bankreserven justiert. Die Geldpolitik der Fed (Credit Easing) fokussiere hingegen auf einen Mix von Darlehen und Wertpapieren, welche sie halte und darauf, wie diese Zusammenstellung der Vermögenswerte auf die Kreditbedingungen für Haushalte und Unternehmen auswirke. Diese Unterscheidung stelle aber laut Bernanke keine Unstimmung im Hinblick auf die Lehre dar. Es gehe vielmehr um die Unterschiede unter den finanziellen und wirtschaftlichen Konditionen zwischen den beiden Perioden. Im besonderen seien die Kreditspreads in den USA weiter und der amerikanische Kreditmarkt sei stärker dysfuntionell als während der Zeit der japanischen Erfahrung mit QE. In diesem Marktumfeld müsse die Fed sich darauf konzentrieren, um diese Risikoaufschläge zu reduzieren und die Funktionsfähigkeit des Kreditmarktes im allgemeinen zu verbessern, um auf diese Weise die aggregierte Nachfrage anzukurbeln.

Montag, 12. Januar 2009

Libor-OIS Spread: Erstmals seit September wieder unter 1,0 Prozent

Der Libor-OIS-Spread, der Aufschlag für besicherte Kredite unter Banken ist heute auf 98 Basispunkte gesunken. Das ist das niedrigste Niveau seit der Lehman-Pleite. Der als das Stressausmass am Geldmarkt im Hinblick auf die kurzfristige Liquidität geltende Spread hatte zuletzt am 12. September unter der Marke 1,00 Prozent gelegen. Im Zuge der Zuspitzung der Kreditmarktkrise war der Libor-OIS-Spread, der die Differenz zwischen dem 3-Monats-Libor und dem OIS-Satz reflektiert, am 10. Oktober auf einen Spitzenwert von 364 Basispunkten geklettert.


3 Monats Libor 3M, Graph: bloomberg.com

Der 3-Monats Libor ist heute auf 1,16% gefallen. Der LIBOR (London Interbank Offered Rate) gilt weltweit als Benchmark für Anlageprodukte im Volumen von 360'000 Mrd. Dollar. Der Libor ist global der wichtigste Geldmarktsatz, wonach sich jeder Zinsswap, jede Anleihenemission richtet. Auch der Euribor ist heute gesunken. Mit 2,6% markiert der Euro Interbank Offered Rate laut Bloomberg den tiefsten Wert seit 24. Februar 2006. Aktuelle Zahlen deuten auf eine verhaltende Entspannung am Interbankenhandel hin.

Romer-Bernstein Bericht: US-Arbeitslosigkeit

Am Samstag, den 10. Januar ist in den USA ein wichtiger Bericht von Christina Romer und Jared Bernstein vorgelegt worden. Der Titel lautet: “The Job Impact of the American Recovery and Reinvestment Plan”. Das Gutachten gilt als eine offizielle Bewertung des Wirtschaftsrettungsprogramms der neuen amerikanischen Administration unter dem designierten Präsidenten Barack Obama.

Der Bericht stösst in den USA derzeit auf grosses Interesse. Der Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften Paul Krugman bezeichnet den Inhalt „angemessen“ und „intellektuell ehrlich“. Frau Romer ist die künftige Vorsitzende des Rats der Wirtschaftsberater (Council of Economic Advisers; Beratungsorgan des US-Präsidenten) und Mr. Bernstein ist der Chefökonom des Vize-Präsidenten der USA. Dem z.Z. viel beachteten Bericht zufolge würde der Obama-Stimulusplan seinen höchsten Effekt im IV. Quartal 2010 entfalten. Die Arbeitslosigkeit würde in den USA ohne Stimulus-Plan auf ein vernichtendes Niveau von 8,8% steigen. Die Autoren rechnen mit einer Arbeitslosigkeitsrate von 7,3% im Durchschnitt über die nächsten drei Jahre. Das hört sich so an, als ob die USA in eine ähnliche Deflationsfalle wie Japan in den 1990er Jahren rutschen würden.

Sonntag, 11. Januar 2009

Obama’s Stimulusplan: Potenzialwachstum und Arbeitslosigkeit

Das Potenzialwachstum ist laut Schweizerischer Nationalbank (SNB) das maximal mögliche Wachstum in einer Volkswirtschaft. Die Bestimmung des Potenzialwachstums ist für die Geldpolitik sehr wichtig. Um einschätzen zu können, ob in einer Wirtschaft Überhitzungsgefahr oder Rezession besteht, wird das tatsächlich erzielte Wirtschaftswachstum mit dem Potenzialwachstum in Beziehung gesetzt. Potenzialwachstum ist m.a.W. das reale Bruttoinlandprodukt (BIP), welches bei Normalauslastung der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital erreichbar ist. Mit Hilfe Potenzialwachstum wird auch die Produktionslücke (Outputgap) geschätzt.


BIP und die CBO-Schätzung des Potenzial-BIP, Graph: CBO

Das Potenzialwachstum wird bestimmt durch

1) Arbeitsangebot,
2) Produktivität,
3) Kapitaleinsatz.

Der potenzielle Output hängt von den Variablen der Angebotsseite ab. Der tatsächliche Output wird hauptsächlich von der Nachfrageseite bestimmt. Da zur Zeit aufgrund der schweren Rezession die aggregierte Nachfrage zurückgeht, liegt der potenzielle Output höher. Das heisst, dass das tatsächliche Wirtschaftswachstum geringer ist als das potenzielle Wirtschaftswachstum. Das bedeutet wiederum, dass ein Teil der Produktivitätskapazität ungenutzt bleibt. Dieser Zustand wird gemäss dem Okun’schen Gesetz durch brachliegendes Kapital und durch hohe Arbeitslosigkeit reflektiert.

Die US-Wirtschaft hat 2008 so viele Arbeitsplätze wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr verloren. Allein im Dezember wurden 524'000 Stellen abgebaut. Die Zahl der Arbeitslosen stieg auf 2,6 Millionen. So viel wie seit 1945 nicht mehr. Die Arbeitslosenquote kletterte im Dezember von 6,8% auf 7,2%. Bei einer natürlichen Arbeitslosigkeit von 5% für die USA bedeutet das ein Überschuss von 2%. Das Congressional Budget Office (CBO; eine überparteische Behörde des US-Kongresses) schätzt die durchschnittliche Arbeitslosigkeit für 2010 auf 9%. Vergangene Woche hat Paul Krugman in seinem Weblog die aktuelle Projektion des CBO für 2009-2019 unter die Lupe genommen und die gegenwärtige Arbeitslosigkeitsituation mit der Zeitperiode von 1980-1986 verglichen. Die Arbeitslosigkeit dürfte demnach zwischen 2008-2012 kumulativ auf 13,9% klettern. Sollten wir eine vergleichbare Disinflation wie damals in den 1980er Jahren erfahren, dürfte die Deflation im Verlauf des Abschwungs bei Minus 3,5% landen, hält Krugman fest. Als Schlussfolgerung vertritt der Wirtschaftsprofessor aus Princeton die Meinung, dass das geplante Wirtschaftsprogramm der Obama-Administration nur ein Drittel der Produktionslücke (Outputgap) schliessen kann. Der Stimulusplan des Obama-Team erscheint daher laut Krugman „zu schwach“.

Freitag, 9. Januar 2009

Investiert China weniger in US-Staatsanleihen?

Im Sog der globalen Wirtschaftskrise ist China gezwungen, ein Konjunkturpaket aufzuschnüren und muss aber den Stimulusplan irgendwie finanzieren. Angesichts des Rückgangs der Steuereinnahmen und der FDIs geht dem Land der grosse Appetit für US-Staatsanleihen verloren.


Chinas Benchmark Stock Index: CSI 300-Index, Graph: bloomberg.com
CSI 300-Index tracks Yuan-denominated A Shares listed on China’s 2 Exchanges: Shanghai Index and Shenzhen Index

China investiert bekanntlich den Überschuss an Devisenreserven (über 400 Mrd. $) gern in US-Treasuries. In den vergangenen 5 Jahren kaufte die chinesische Führung amerikanische Staatsanleihen im Wert von 1/7 der gesamten Wirtschaftsleistung des Landes, berichtet New York Times. Im September hat China sogar Japan als grössten Treasury-Investor übertroffen.

Die massive chinesische Nachfrage nach US-Treasuries hielt bisher das Renditeniveau am amerikanischen Bondmarkt niedrig. Der Druck dürfte jetzt abnehmen. Die erhöhte Sensibilität für Beschäftigungs- und Einkommensunsicherheit veranlasst chinesische Bürger, mehr zu sparen. Chinas Konsumanteil am BIP sei 2007 laut Stephen Roach auf nur noch 35% gefallen. China sei wie nie zuvor auf Exporte und Investitionen angewiesen, hält Roach, Chairman von Morgan Stanley Asien in seinem aktuellen Research-Papier fest. China habe angesichts des externen Nachfrageschocks am meisten zu verlieren.

Ferner: Eine bemerkenswerte Entwicklung zeichnet sich im Westen ab. Westliche Banken fangen an, wegen der Finanzkrise ihre Beteiligungen an chinesischen Banken zu verringern. Nachdem die schweizerische Grossbank UBS ihre gesamte Beteiligung an der Bank of China verkauft hat, zieht sich auch die Bank of America von ihren Anteilen an der staatlichen China Construction Bank zurück. Gestern hat auch die Royal Bank of Scotland mitgeteilt, ihren Anteil (4,3%) an der Bank of China zu veräussern.

Türkei: Neuemission – US-Dollar Anleihe

Das türkische Schatzamt hat gestern angekündigt, als Teil seines Kreditaufnahmeprogramms 2009 Citigroup und HSBC beauftragt zu haben, eine US-Dollar Anleihe mit der Laufzeit bis 2017 (14. Juli) zu emittieren. Das Anleihevolumen beträgt nominal 1 Mrd. $. Der Kupon liegt mit 7,50% 501,3 Basispunkte über der Verzinsung der US-Treasury Bonds.


Mexiko, Brasilien, Phillipinen, Kolumbien und die Türkei haben damit in den vergangenen vier Wochen laut Bloomberg durch neue auf US-Dollar laufende Anleihen insgesamt 6,5 Mrd. $ eingesammelt. Die Extra-Rendite, die Investoren für ihr Engagement in Anleihen aus den sog. Schwellenländern fordern (im Verhältnis zu US-Staatsanleihen), beträgt derzeit 6,55%. Der Spread notierte in den vergangenen drei Monaten im Durchschnitt 6,92%. An der Spitze der anhaltenden Kreditmarktkrise war der Risikoaufschlag am 24. Oktober bis auf 8,65% geklettert.

Die Funds für Emerging Market meldeten gestern per 7. Januar einen wöchentlichen Rekordzufluss von 12 Mio. $ erstmals seit August. Vor einer Woche war es zu einem Mittelabfluss von 65 Mio. $ gekommen.

Donnerstag, 8. Januar 2009

Die erste staatlich garantierte Anleihe einer deutschen Bank

Heute hat Commerzbank (5,25€) die erste staatlich garantierte Anleihe einer deutschen Bank begeben. Die Benchmark-Anleihe hat ein Volumen von 5 Mrd. € und läuft 3 Jahre. Der Preis lag laut FT Deutschland bei rund 30 Basispunkte über dem Swap-Satz. Die Einnahmen will die Commerzbank zur Finanzierung ihres Kreditgeschäftes nutzen.

Seit Beginn der staatlich lancierten Rettungsprogramme haben in diversen europäischen Ländern mehrere Banken bereits garantierte Euro-Anleihen im Volumen von insgesamt 37 Mrd. € platziert. Mit dem Geld wollen Banken Liquidität sichern. Staatlich garantiert bedeutet, dass die öffentliche Hand für den Fall eines möglichen Defaults geradesteht.

Bank of England senkt Zinsen auf 300-Jahres-Tief

Die britische Zentralbank (BoE) hat heute ihren Leitzins um 50 Basispunkte auf 1,5 Prozent gesenkt. Das ist der tiefste Zins seit der Gründung der Bank of England im Jahr 1694. Das Pfund erholte sich daraufhin. Gegenüber dem Euro legte die britische Währung auf 1,1210 Euro zu. Die Äusserungen der Geldpolitiker, dass der Zugang zu Kreditmarkt schwieriger geworden sei und deswegen weitere Massnahmen zu Entspannung notwendig sind, deuten darauf hin, dass weitere Zinssenkungen folgen dürften.


Der britische Leitzins, Graph: BoE

Die Notenbank und das Finanzministerium würden Hand in Hand arbeiten, so Alistair Darling, der britische Finanzminister. Denn will die BoE Geld drucken, müsste die Aktion vom britischen Schatzamt bewilligt werden. Fazit: 1) Auch die BoE muss angesichts der Leitzinsen von nahe Null über „Mechanismus der Finanzpolitik“ nachdenken. 2) Die Europäische Zentralbank (EZB), die hinter der Kurve steht, gerät erheblich unter Druck, am nächsten Donnerstag ihre Leitzinsen zu lockern. Die europäischen Notenbanker haben im vergangenen Sommer wider besseres Wissen ihre Zinsen erhöht, und auf diese Weise die konjunkturelle Abkühlung in der Euro-Zone beschleunigt.

German Bond: Die erste Versteigerung des Jahres gescheitert

Die Versteigerung der vom Bund mit einem angestrebten Betrag von 6 Mrd. Euro ausgeschriebene Bundesanleihe 2008/2019 mit einem Kupon von 3,75% ist gestern fehlgeschlagen. Der Grund: Nicht genügend Gebote wurden abgegeben. Die Anleihe wird am 4. Januar 2019 fällig. Zugeteilt wurden auf der Auktion 4,05 Mrd. € in einem „bid-to-cover“-Verhältnis von 1,3.

Angesichts der zunehmenden Anzahl der gigantischen Konjunkturprogramme rund um die Welt sind Regierungen gezwungen, Anleihen zu begeben, um die Wirtschaft anzukurbeln. Das Volumen der Staatspapiere, die im Verlauf dieses Jahres ausgegeben werden, beläuft sich laut alphaville auf ca. 3'000 Mrd. $. Das ist dreimal so viel wie im Vorjahr. Die deutschen Staatsanleihen zählen zu den sichersten und liquidesten Welt.

Obwohl im vergangenen Jahr auch die eine oder andere Auktion der deutschen Bundesanleihe (German Bond) gescheitert ist, blieben sie unerhöht. In der Post-Lehman Ära sprechen Kommentatoren aber davon, dass die enttäuschende Neuemission der ersten Bundesanleihe des Jahres vor dem Hintergrund des massiven Emissionsvolumens im IV. Quartal 2008 und der für 2009 zu erwartenden Ausgaben auf ein Angebot/Nachfrage-Ungleichgewicht hindeute. Manche Marktbeobacter wollen sehen, dass die Blase am Bond-Markt nun beginne, Luft abzulassen. Das erscheint allerdings übertrieben. Denn es ist nicht ungewöhnlich, dass die Bundesbank bei Auktionen ab und zu bis zu 30% der zu begebenden Anleihen zurückbehalten muss. Es gibt ausserdem eine sehr geringe Korrelation zwischen der Nachfrage auf den Versteigerungen und dem Renditeniveau, wie die Analysten von Morgan Stanley in einem Research-Papier festhalten. Es drängt sich also nicht, den Fehlschlag der ersten Auktion des Jahres 2009 auf das ganze Jahr zu extrapolieren.

Mittwoch, 7. Januar 2009

US-Notenbank (Fed): Inflation Targeting – Neues Ziel?

Aus dem Protokoll der Fed-Sitzung vom 15./16. Dezember geht hervor, dass die amerikanischen Währungshüter darüber debattiert haben, ob das Fehlen der Bekanntgabe eines Inflationsziels die Marktteilnehmer irritiert, dass die Fed die Kontrolle über den Leitzins (FFR; Fed Funds Rate) verloren hätte. Bekanntlich entwickelt sich die effektive FFR seit geraumer Zeit deutlich niedriger als die FFR selbst. Einige Teilnehmer der Fed-Sitzung sollen für eine direkte Inflationssteuerung (Inflation Targeting) plädiert haben.


Fed Funds Rate, Graph: Fed St. Louis

Beim Inflation Targeting (IT) handelt es sich um ein numerisches Inflationsziel. Die Geldpolitik wird mittelfristig ausgerichtet. Die Notenbank bemüht sich nachdrücklich, mit der Öffentlichkeit über Pläne und Ziele der Geldpolitik explizit zu kommunizieren. Die Geldwertstabilität bleibt natürlich als vorrangiges Ziel der Geldpolitik. Die Politik der direkten Inflationssteuerung wird v.a. von der Bank of England (BoE) und der Europäischen Zentralbank (EZB) verfolgt. Fed-Chef Ben Bernanke gilt als IT-Anhänger.

Darüber hinaus gehen die amerikanischen Währungshüter davon aus, dass die Rezession auch im Jahr 2009 anhalten wird. Die Wirtschaft wird im Gesamtjahr schrumpfen. Für das Jahr 2010 erwarten die Geldpolitiker einen BIP-Zuwachs leicht über dem Potentialwachstum.

Schweizer Banken: Null-Bock auf Null-Zinsen?

Auch in der Schweiz parken inländische Banken immer mehr Gelder auf ihren Girokonten bei der Notenbank wie es in den USA geschieht. Per Jahresende ist die Summe der Giroguthaben bei der Schweizerischen Nationalbank (SNB) auf einen Betrag von 37,1 Mrd. Franken angeschwollen. Das bedeutet ein Anstieg um 1,44 Mrd. Franken gegenüber der Vorwoche.


CH Zinsmarkt, Graph: SNB
rot: repo o/n, grün: 3-Monats-Libor, blau: Rendite der Bundesobligationen

Noch am 21. November betrug der Wert der Mindestreserven 13 Mrd. Franken. Per 31. Dezember 2008 belief sich der 3-Monats-Libor auf 0,66167%. Der Referenzsatz für Repo (Overnight) Geschäfte der SNB ist auf einen gewichteten Wert von 0,02% gesunken. Das Tagestiefst betrug sogar 0,01 Prozent.

Repo ( overnight): 0,02%
3-Monats-Libor: 0,61%
Rendite Bundesobligationen (10 J.): 2,40%.

Anleihenmarkt: Sind US-Treasuries überkauft?

Im Zuge der Kreditmarktkrise flüchteten Anleger in Scharen in den sicheren Hafen der Staatsanleihen. Das hat die Rendite der zehnjährigen US-Treasuries von 3,85% auf 2,1% gedrückt. Während die Preise am Aktienmarkt fielen, stiegen die Kurse am Anleihenmarkt. Bei Anleihen ist es so, dass die Rendite und der Kurs sich gegenläufig bewegen. Der US-Treasury-Markt hat es 2008 auf einen Ertrag von 14% gebracht und den breit erfassten S&P-500 Index für Aktien (Minus 50%) deutlich an Leistung übertroffen. 2008 war das beste Jahr für Staatsanleihen seit mehr als 25 Jahren. Mit 2,035% ist die Rendite der Benchmark-Anleihe auf den niedrigsten Wert seit 1953 gesunken. Auch die Rendite der 30-jährigen Treasuries fiel mit 2,55% auf das tiefste Niveau seit 1977 zurück. Die Renditen der T-Bills sind sogar ins Minus gerutscht.


US-Treasury (10Y) Rendite, Graph: finance.yahoo.com

Der Markt für inflationsgeschützte Anleihen (TIPS) antizipiert zur Zeit eine Inflationsrate von weniger als 0,27%. Seit Jahresbeginn steigt die Rendite der US-Staatsanleihen wieder. Kehrt sich jetzt der Trend um? Der designierte US-Staatspräsident Barack Obama plant, ein gigantisches Konjunkturpaket im Betrag von 775 Mrd. $ aufzuschnüren. Das Schatzamt kündigte bereits an, 2009 Anleihen im Wert von 2'000 Mrd. $ aufzulegen. Der US-Treasury-Markt hat insgesamt ein Volumen von 5'000 Mrd. $. Sollte am Anleihenmarkt tatsächlich eine Blase entstanden haben, ist es eher auf Angst als auf Gier zurückzuführen. Denn Anleger suchen Schutz vor Rezession und Deflation. Institutionelle Investoren haben sich im IV. Quartal 2008 massenweise von den sog. „toxic assets“ getrennt, um mit dem Erlös sichere Staatsanleihen zu kaufen. Wie schlimm könnte aber ein Absturz am Anleihenmarkt sein? Die Frage ist schwer zu beantworten. Immerhin hat die US-Notenbank zu Jahresbeginn angefangen, hypthekenbesicherte Papiere im grossen Stil zu kaufen. Die Geldpolitiker deuteten bisher mehrmals an, gegebenfalls auch langlaufende Staatsanleihen am offenen Markt zu erwerben. Die Median-Prognose der 19 Primary Dealer am US-Treasury Markt besagt laut Bloomberg, dass die Rendite der zehnjährigen amerikanischen Staatspapiere auf 3% steigen wird. Die japanische Erfahrung mit der Deflation in den 1990er Jahren belegt aber, dass die Renditen am Bondmarkt weiter fallen dürften.

Dienstag, 6. Januar 2009

Wirtschaftskrise: Fed wehrt sich mit ZIRP und QE gestützt auf TARP

Die US-Notenbank (Fed) versucht mit einer Kombination von ZIRP (zero interest rate policy) und QE (quantitative easing) den Markt mit zusätzlicher Liquidität zu fluten. Das ist notwendig, aber nicht ausreichend. Deshalb beschafft das TARP (troubled asset relief programm) weiterhin Kapital für das Bankensystem. Fed-Chef Ben Bernanke nimmt aber auch die Politik gern in die Pflicht. Der künftige US-Präsident Barack Obama plant ein gigantisches Konjunkturpaket (über 700 Mrd. $). Es soll jedoch zu rund 40% aus Steuersenkungen bestehen.


Obamas Schwenk für Steuersenkungen

Strebt Obama mit Steuersenkungen eine breite Zustimmung im Parlament für seine Konjunkturpläne an? Die Republikaner sind bekanntlich für Steuersenkungen. Investitionen in die Infrastruktur und in erneuerbare Energien lohnen sich und sind als Stimulus für die Wirtschaft effektiver als Steuersenkungen. Es gibt dafür laut Paul Krugman zwei Gründe. Erstens ist das Geld, das der Staat ausgibt, ausgegeben. Es fördert nämlich die Nachfrage. Zweitens versprechen Investitionen in Infrastruktur mehr Wert. Das in Strassen, Brücken, Schulen, öffentliche Gebäuden und schnellere Internetverbindungen gesteckte Geld hinterlässt etwas Beständiges, was auch nach dem Ende des Stimulus-Plans weiter existiert. Steuersenkungen hingegen haben sich in der Vergangenheit nicht immer als wirkungsvoll erwiesen. Die Bürger könnten Steuerschecks zum grössten Teil „sparen“, d.h. nicht für Konsum ausgeben.