Sonntag, 20. Dezember 2009

Inflationsziel vs. Beschäftigung

Die US-Notenbank (Fed) verfolgt geldpolitisch hauptsächlich zwei Ziele: (1) Preisstabilität und (2) einen hohen Beschäftigungsstand. Die Arbeitslosenquote ist in den USA bekanntlich im Sog der Finanzkrise auf 10% geklettert. Nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand dürfte sie nicht vor 5 Jahren auf ein einigermassen normales Niveau zurückfallen. Ben Bernanke, der Fed-Chef fokussiert derzeit allem Anschein nach nur auf den Aspekt der Preisstabilität als auf den der Vollbeschäftigung. Das ist vielen renommierten Ökonomen ein Dorn im Auge. Brad DeLong beispielsweise fragte neulich Bernanke, warum die Fed nicht ein Inflationsziel von 3% pro Jahr angenommen hat. Bernanke antwortete darauf, dass die Öffentlichkeit von der Fed erwarte, zur Preisstabilität beizutragen, indem sie dafür sorgt, dass die Inflationserwartungen verankert bleiben. Das erhöhe die Wirksamkeit der Geldpolitik, erklärte Bernanke.


Real Interest Rate, Graph: Fed St. Louis, Monetary Trends

Die Fed habe laut Bernanke nicht dem Vorschlag von manchen Ökonomen gefolgt, ihr Inflationsziel anzuheben. Theoretisch würde ein solcher Ansatz zu einer Reduzierung der Realzinssätze führen und die Ausgaben und den Output antreiben, erklärte Bernanke. Aber das theoretische Argument ignoriere die Gefahr, dass eine solche Politik das Vertrauen der Öffentlichkeit an die Fed verspielen könnte. Würde die Fed ihren Widerstand aufgeben, einen Inflationsschub zu verhindern, würde dies die Wirksamkeit der Geldpolitik untergraben. Deshalb bleibe es die geldpolitische Strategie der Fed, die Inflationserwartungen zu verankern, so Bernanke. Der Fed-Chef hat also Angst davor, dass die Fed sonst ihre Kreditwürdigkelt verliert. Da Bernanke einen Anstieg der Arbeitslosigkeit in Kauf nimmt, wird er auch von Paul Krugman gerügt. Krugman schreibt in seinem Blog in NYT, dass die Zinsen real zu hoch sind, auf PPE-Basis. Er verweist angesichts der schwachen Nachfrage auf die Unterauslastung der Wirtschaft. Die Kosten der unzureichenden Nachfrage sind enorm, erläutert Krugman. Nicht nur gemessen in Verschwendung des Outputs in Dollars, sondern auch in schweren sozialen und psychologischen Schäden bei den Arbeitslosen. Die Zinsen sind nominal so tief wie sie sein könnten, aber real sind sie zu hoch. Die Fed könnte laut Krugman die Realzinsen auf zwei Wegen reduzieren: (a) indem sie langfristige Anleihen aufkauft, und auf diese Weise den Spread zwischen dem kurz- und langfristigen Anleihen verkürzt, und (b) indem sie Inflationserwartungen erhöht. Oder die Fed könnte beides gleichzeitig tun, so Krugman. Die Fed sehe jedoch das Trade-off zwischen dem realen Schmerzen von heute und dem hypothetischen Schmerzen von viel später nicht. Die Vorstellung eines unveränderlichen Inflationsziels habe mittlerweile eine mystische Kraft erworben. Es werde mit dem Begriff der Zivilisation identifiziert, so Krugman ironisch, in einer ähnlicher Weise wie die frühere Generation dem Goldstandard eine mystische Bedeutung beigemessen hat.

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