Donnerstag, 22. April 2010

Griechenland: Umschuldung in den nächsten Monaten?

Die CDS-Prämien für griechische Staatsanleihen schiessen durch die Decke. Die Risikoaufschläge für 5-jährige Kontrakte sind heute morgen auf 505 Basispunkte geklettert. Griechenland wird wahrscheindlich die Zahlungen an Anleger am Anleihemarkt einstellen oder verzögern, auch wenn die EU und der IWF zur Zeit über ein Hilfspaket verhandeln, teilte Goldman Sachs heute laut Bloomberg mit. „Halten Sie Ausschau nach Anzeichen dafür, dass die Regierung eine freiwillige Schulden-Umstrukturierung („debt restructuring“) irgendwann in den nächsten Monaten bieten könnte, schreibt Goldman’s Chefökonom für Europa, wie Bloomberg einen heute vorgelegten Bericht der amerikanischen Investmentbank zitiert. Ein grosses mehrjähriges Rettungspaket in Verbindung mit einer freiwilligen Umschuldung könnte eine längere Atempause für die griechische Regierung schaffen, um die notwendigen Reformschritte zu unternehmen, schreibt der Ökonom weiter.

Die Rendite der 10-jährigen Staatsanleihen: 8,13%
Der Aufschlag zu Bundesanleihen: 522 Basispunkte
Die CDS-Prämie: 505 Basispunkte


Griechenland Staatsanleihe 10J, Rendite, Graph: Bloomberg.com

Die EU hat gerade heute morgen laut Bloomberg das griechishe Haushaltsdefizit für 2009 auf 13,5% des BIP korrigiert. Das Defizit dürfte demnach sogar über 14% liegen.

Nach IWF’s Schätzungen beläuft sich Athens Finanzbedarf auf 120 Mrd. € über die nächsten drei Jahre. Eine Umschuldung deckt Experten zufolge ein breites Spektrum an möglichen Ergebnissen: (1) Ein Default (Zahlungsausfall) mit Haircut (Risikoabschlag) für Gläubiger; das wäre ein Extremfall und (2) Eine Verschuldungspolitik („liability management“), ein regelmässiger Austausch über Anleihen, wobei Anleger ihre Anleihen „freiwillig“ für längerfristige Bonds anbieten müssten, wie Mexiko es einmal gehandhabt hat.

Das in den vergangenen Tagen in diesem Zusammenhang öfters gehörte (Stammtisch-)Argument, dass die "Griechen zu faul seien und warum die EU ihnen helfen müsse", ist nicht nur unangemessen, sondern auch primitiv. Griechenland's Hauptproblem ist, wie Peter Bofinger in einem Interview mit der SZ betont, dass "es im Vergleich zu anderen Staaten extrem geringe Steuereinnahmen auf Einkommen und Gewinne hat". Eine gewichtige Ursache ist daher das verfehlte, von den Mainstream-Ökonomen empfohlene und von der EU tatkräftig gestützte Wirtschaftsmodell, wonach die Steuern für Unternehmen immer gesenkt werden müssen. Und das pauschale Urteil, dass der Staat das Problem und der Markt die Lösung ist.

Exkurs:

Bei CDS (Credit Default Swaps) handelt es sich um eine Absicherung gegen ev. Kreditausfälle. Wer eine Kreditausfallversicherung (CDS) für eine Forderung gegen Staatsanleihen Griechenlands abschliessen will, muss eine jährliche Prämie der versicherten Summe zahlen. Da die CDS-Prämie dafür zur Zeit 505 Basispunkte beträgt, müssen Investoren 5,05% der Summe, die sie absichern wollen, als Versicherungssumme zahlen. Anleger haben also 505’000 Euro zu zahlen, um griechische Staatsanleihen im Wert von 10 Mio. Euro für fünf Jahre gegen den Ausfall zu versichern.

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