Sonntag, 9. Mai 2010

Zu spät für Griechenland, aber nicht für Europa

„Europäische Entscheidungsträger und der IWF haben ihre Anstrengungen verpfuscht, Europa’s Finanzmärkte zu stabilisieren. Sie haben jetzt eine letzte Chance. Der Erfolg erfordert aber eine radikale Veränderung in der Denkweise“, schreibt Barry Eichengreen in einem Essay in voxeu.org. „Es ist nicht mehr unumstritten, dass Griechenland wird umschulden müssen“, erklärt Eichengreen weiter. Die einzige Kontroverse ist, warum die Umschuldung nicht als ein Teil des IWF-Hilfspakets vorgesehen war, argumentiert Wirtschaftsprofessor an der University of California, Berkeley. Eichengreen hält es für wahnsinnig, zu glauben, dass Griechenlands Gläubiger weiterhin 100 Cents auf einen Euro erhalten würden, während alle anderen unter drastischen Kürzungen leiden. Die griechischen Staatsschulden werden auf 150% des BIP klettern, wie der IWF erwartet. Das bedeutet, dass die Regierung 10% des nationalen Einkommen an die Gläubiger verlagern müsste.

In einer schweren Rezession ist es weder wirtschaftlich noch politisch nachhaltig, erläutert Eichengreen. Früher oder später werden Griechenlands Gläubiger ihre bestehenden Bonds gegen neue austauschen müssen, und zwar im Wert von höchstens 50 Cents auf einen Euro. Auf diese Weise wird Griechenland über mehr öffentliche Mittel verfügen, die soziale Grundversorgung zu bewerkstelligen. Die griechische Regierung muss das Haushaltsdefizit in den kommenden drei Jahren jeweils um weitere 4% des BIP reduzieren. Das ist der Kater, der dem Saufgelage folgt, beschreibt Eichengreen die Situation. Was ist also zu tun? Prof. Eichengreen schlägt vor: (1) Der IWF und die europäische Kommission kann Griechenland ermutigen, einen gesellschaftlichen Konsens über die Umschuldung zu erreichen, aus dem hervorgeht, dass auch die Gläubiger dazu beitragen, (2) Portugal und Spanien müssen mehr tun, die Märkte zu überzugen, dass sie nicht Griechenland sind. Beide Länder haben geringeres Defizit und weniger Staatsschulden. Portugal hat leider eine Kapitalgewinn-Steuer angekündigt, erklärt Eichengreen. Das in einem Marktumfeld, wo das Kapital so ängstlich ist. Das grundlegende Problem in Portugal und Spanien ist aber strukturell. Das ist ein Problem, das die beiden Länder mit Griechenland gemeinsam haben. „Sie müssen ihre Arbeitsmärkte schnell reformieren“, argumentiert Eichengreen und (3) Portugal und Spanien soll Zeit gegeben werden, dass die EZB ihre Anleihemärkte stützen wird. Die EZB wird ihre Staatsanleihen direkt am sekundären Markt kaufen müssen. Das ist der einzige Weg, zu verhindern, dass die beiden Länder von der griechischen Krise angesteckt werden, so Eichengreen. Aus dieser Sicht hat die EZB versagt, als Jean Claude Trichet am 6. Mai eine starke Aussage des Vorsatzes hat vermissen lassen. „Das ist zutiefst beunruhigend“, findet Eichengreen und (4) Deutschland muss mehr ausgeben, um das Wirtschaftswachstum in Europa zu unterstützen, ist Eichengreen überzeugt. Die deutschen Politiker beklagen sich über die geringere inländische Investitionsquote. Mit einer Steuergutschrift für Investitionen könnte man dieses Problem angehen. Damit würde die grösste Volkswirtschaft Europas schneller wachsen. Das würde Europa helfen, so Eichengreen. Das Problem hierbei sei aber, dass die deutschen Politiker ihre Köpfe in den Sand stecken. Obwohl es vielleicht zu spät für Griechenland ist, ist es noch nicht zu spät für Europa, zieht Eichengreen Fazit.

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