Montag, 26. Juli 2010

Wissen Ökonomen überhaupt, wie Deflation funktioniert?

Das alte Schreckgespenst der Deflation ist wieder aufgetaucht, schreibt Jon Hilsenrath in einem lesenswerten Essay („Deflation Defies Expectations – and Solutions“) in WSJ. Nach einem Studium von mehr als einem Jahrzehnt der Deflation in Japan realisieren Ökonomen, dass sie keine Ahnung haben, wie die Deflation funktioniert, bemerkt Hilsenrath. Deflation hängt i.d.R. mit einem Nachfrage-Einbruch in einer Depression zusammen. Verbraucherpreise, Einkommen und Asset-Preise fallen. Die Zinssätze gehen auf Null, so tief wie sie gehen können. Während die Preise und Einkommen sinken, nehmen die Kosten des Schuldendienstes der Kreditnehmer nicht ab. Das saugt der Wirtschaft das Leben und treibt die Preise weiter nach unten. Eine schlechte Situation, die sich verschlimmert, erklärt Hilsenrath.


Veränderungen in den Verbraucherpreisen in den USA während der Grossen Depression und in Japan in den vergangenen 16 Jahren, Graph : Jon Hilsenrath, WSJ.

Im Jahre 1932 sind die Verbraucherpreise in den USA um 10% gefallen. Zwischen 1929 und 1933 sind sie um 27% gesunken. Aber Japans Erfahrung sieht überhaupt nicht so aus, argumentiert Hilsenrath weiter. Die Deflation fiel überraschend mild aus: eine langwierige Angelegenheit, anstatt tief, destruktiv und konzentriert in ein paar Jahren. Die Verbraucherpreise sind in Japan seit 15 Jahren rückläufig. Sie sind aber nie um mehr als 2% in einem Jahr gefallen. Japans Deflation war ein Sumpf. Aber keine zerstörische Abwärtsspirale, wie viele Ökonomen vorhergesagt haben, hält Hilsenrath fest. Warum? Und was bedeutet das für den Rest der Welt von heute? „Wir wissen nicht, wie Deflation funktioniert“, sagt Adam Posen, Mitglied des geldpolitischen Ausschusses der Bank of England (BoE). Posen studiert Japan seit 1997. Irland erlebt Deflation bereits. Spanien flirtet damit. Die von der US-Notenbank (Fed) bevorzugte Inflationsmasseinheit betrug im Juni 1,3% im Vergleich zum Vorjahr. Das ist ein Wert, der unter der informellen Zielmarke der Fed von 1,5 bis 2,0% liegt. Kommt die Erholung der Wirtschaft zum Stocken, könnten die Preise ins Negative drehen.

Fazit: Die gute Nachricht ist, dass die Fed möglicherweise eine deflationäre Spirale im Stil einer Depression nicht befürchtet. Die schlechte Nachricht ist aber, dass die US-Wirtschaft jahrelang darin stecken dürfte so wie Japan, falls sie in eine Deflation fiele. Das würde suboptimales Wachstum bedeuten, schlussfolgert Hilsenrath.

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