Dienstag, 7. Dezember 2010

Das Weisse Haus nach Steuerstreit: quo vadis?

Vor einem Monat haben die Demokraten ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus verloren. Der Niederlage bei den Kongresswahlen folgen nun Zugeständnisse an die Republikaner. Die Demokratische Partei gibt nach: Familien mit Einkommen von mehr als 250’000$ müssen nicht auf Steuernachlässe verzichten. Präsident Barack Obama hat bestehende Steuererleichterungen für Bezieher von hohen Einkommen verlängert. Im Gegenzug haben die Republikaner zähneknirschend zugestimmt, dass die Arbeitslosenhilfe für Langzeitarbeitslose (Menschen mit mehr als 26 Wochen ohne Arbeit) nicht fallen gelassen werden.


(1) Steuernachlässe für Reiche und Superreiche werden für 2 Jahre verlängert.
(2) Lohnsummensteuer für Arbeitnehmer werden für 1 Jahr reduziert, von bisher 6,2% auf 4,2% im Jahre 2011.
(3) Günstigere Behandlung von Unternehmensinvestitionen. Die Kosten von neuen Investitionen können in den kommenden 2 Jahren zu 100% von Steuern abgezogen werden.
(4) Vorübergehende Wiedereinführung von Erbschaftssteuer (estate tax) von 35%.  Erbschaften, die 5 Mio. $ und mehr betragen, werden von der Steuer befreit.
(5) Unterstützung von Langzeitarbeitslosen werden verlängert, die am Ende des Jahres sonst abgelaufen wäre.

Reaktionen:

Brad DeLong: Das Meiste von diesem Stimulus dürfte relativ niedrig ausfallen. Und es wird über 10 Jahre nicht bezahlt. Es sieht aber besser aus als ein Schlag ins Auge.

Dean Baker: Es ist wichtig, zu erkennen, dass das meiste Geld in diesem Paket der Aufrechterhaltung der Steuersenkungen dient, welche planmässig abgelaufen wären. Das wird die kontraktiven Auswirkungen der Steuererhöhungen auf die Wirtschaft verhindern. Aber es gibt sehr wenig, wenn überhaupt, Stimulus vergleichbar mit dem aktuellen Niveau der Steuern und Ausgaben.

Ezra Klein: Es ist eine schlechte Nachricht für das Defizit, obwohl das Weisse Haus und der Kongress Recht haben, dem Defizit weniger Priorität  als der Erholung der Wirtschaft beizumessen. Es ist aber nicht genug und nicht zielgerichtet. Das Ergebnis ist ein Steuervorteil von zwischen 200 und 300 Mrd. $ mehr als es ohne dieses Massnahmenpaket gewesen wäre. Das ist aber besser als gar nichts.

Felix Salmon: Das ist eindeutig ein Gewinn für die Republikaner, die alles bekommen haben, was sie für die Reichen wollen. Inzwischen kommt der Widerstand von den Demokraten im Kongress, die angehalten wurden, zu unterzeichnen, worum George W. Bush sie gebeten hätte, mit einem Löffel Arbeitslosigkeit-Beihilfe-Zucker, um die Medizin zum Schlucken zu verhelfen.

Mark Thoma: Das Paket schafft vermutlich neue Stimulanz in Höhe von ca. 200 Mrd. $, aber es handelt sich dabei gänzlich um Steuersenkungen. Die Erbschaftssteuer und die Verlängerung der Steuersenkungen für Spitzenverdiener lösen die heftigsten Reaktionen aus. Und die Senkung von Sozialversicherungssteuern ernten im Allgemeinen Beifall. Aber ich sehe die Lohnsummensteuer-Senkung als potentiell störend als gut. Obwohl die Einnahmen, die dem Social Security System wegen der Steuersenkungen verlustig gehen, aus allgemeinen Steuermitteln wieder aufgefüllt werden, ist die Sorge, dass die Steuersenkungen nicht wie geplant ablaufen, sondern permanent werden. Das gilt in diesem Fall als wahr, da die Arbeitsmärkte sich sehr unwahrscheinlich innerhalb des nächsten Jahres erholen werden und es wird leicht, gegen die Steuererhöhungen zu argumentieren.

Paul Krugman: Obama extrahiert einige Zugeständnisse, mit der grossen Überraschung, dass die Lohnsummensteuer gesenkt werden. Wie besser machen aber diese Zugeständnisse das Ganze? Die Verlängerung der Bush-Steuersenkungen um zwei weitere Jahre werden die Arbeitslosigkeit um 0,1 bis 0,3% im Jahre 2011 senken, doppelt so hoch im Jahre 2012. Dazu kommen Lohnsummensteuer-Senkungen um 120 Mrd. $, die Verlängerung der Arbeitslosenhilfe in Höhe von 56 Mrd. $ und andere Steuergutschriften in Höhe von 40 Mrd. $. ...... Millionen von neuen Arbeitsplätzen? Millionen? Nicht durch meine Arithmetik. So, das war es wert? Nein, obwohl es besser ist, als das, was  ich über das Wochenende erwartet hätte. Die Bush-Steuersenkungen werden wahrscheinlich permanent. Inbesondere wegen der Vorverteilung des stimulierenden Stoffs verschlechtern sich Obamas Wahlchancen 2012.

FazitNancy Pelosi, die Sprecherin des Repräsentantenhauses sagte im Anschluss, dass die Republikaner die Mittelschicht als Geissel genommen haben, um Steuersenkungen für Reiche durchzusetzen.

1 Kommentar:

endless.good.news hat gesagt…

Die Reichen finanzieren eben die Wahlen und die Medien. Wenn man sie hinter sich hat, dann murrt zwar das Volk, aber wer hat schon Zeit zum nachdenken.