Mittwoch, 9. Februar 2011

Inflation Durcheinander

In der aktuellen Debatte um neue Rekordpreise für Grundnahrungsmittel sind die Ansichten signifikant geteilt. Während einige die US-Notenbank dafür verantwortlich zeichnen, gibt es andere, die auf die Fundamentaldaten hinweisen. Bemerkenswert ist aber die trickreiche Natur der Semantik, bemerkt David Atig, Federal Reserve Bank of Atlanta. Wie? Wenn man sich überzeugen will, soll man einen Blick auf die Ergebnisse der jüngsten „Pew News IQ Quiz“ werfen. Es ging dabei um 13 Multiple-Choice-Fragen. Die Frage, die die wenigsten richtigen Antworten bekommen hat, ist die, ob die nationale Inflationsrate, die von der Regierung gemeldet werde, näher bei 1%, 5%, 10% oder 20% liegt (Stand: November 2010, als die Umfrage aufgenommen wurde). Nur 14% der 1001 befragten Erwachsenen haben die richtige Antwort (1%) gewusst. Deutlich mehr Menschen wussten, dass David Cameron Grossbritanniens Premierminister ist.

Aus dieser Antwort ist aber nicht zu schliessen, dass es einen allgemeinen Mangel an Wissen über wirtschaftliche Fragen gibt. 77% der Befragten haben gewusst, dass das Haushaltsdefizit heute höher ist als in den 1990er Jahren, 64% wissen, dass die USA ein Handelsbilanzdefizit aufweisen und 53% sind sich bewusst, dass die aktuelle Arbeitslosenquote näher bei 10% verharrt als 5% oder 15%. Atig glaubt daher, dass die fehlende Identifizierung der gemeldeten Inflationsrate wahrscheinlich eine Abweichung zwischen der Definition von Inflation, die eine Person im Durchschnitt im Auge hat und die Ökonomen und die Zentralbanker intensiv  in den Fokus nehmen, darstellt.

Wenn Nahrungsmittel- oder die Ölpreise steigen, fühlen sich die Menschen zu Recht in gewisser Hinsicht schlechter gestellt. Denn sie sind schlechter gestellt. Aus wirtschaftspolitischer Sicht ist aber die Unterscheidung zwischen dem Anstieg der Lebenshaltungskosten und der Inflation als eine Verschlechterung der allgemeinen Kaufkraft des Geldes entscheidend.

Dennis Lockart, Atlanta Fed Präsident sagt, dass die Zentralbank im Prinzip auf die Auswirkung der steigenden Kosten in bestimmten Märkten reagieren könnte, aber nur duch einen Abwärtsdruck auf den Dollar-Preis von Waren und Dienstleistungen. „Die Geldpolitik ist ein stumpfes Instrument ohne die Fähigkeit, systematisch Einfluss auf die Preise in gezielten Märkten zu nehmen. Weil die Geldpolitik auf den Dollar-Wert auf breiter Front auswirkt, wird der gezielte Punkt noch immer teuer sein, im Vergleich zum Einkommen oder bezogen auf alles andere“, erklärt Lockart.

Die Fed ist wie jede andere Zentralbank machtlos gegenüber Schwankungen in der Entwicklung der Lebenshaltungskosten und den Anstieg von einzelnen Preisen, argumentiert Lockart weiter. „Wir produzieren kein Öl. Wir stellen auch kein Nahrungsmittel her. Wir können die nächste Ölkrise oder Dürre oder einen Streik irgendwo nicht verhindern“. Das sind alles Ereignisse, die zu einem Preisanstieg von bestimmten Gütern führen und die Lebenshaltungskosten ändern.

Die Geldpolitik ist nicht mit der Verhinderung von relativen Preisänderungen verwandt, die durch die Marktkräfte bestimmt werden. Es geht um die Steuerung der breiten Richtung und des Tempos der Preisveränderungen in der gesamten Wirtschaft, erläutert Lockart.

Wenn aber die Geldpolitik die Entwicklung von Lebenshaltungskosten nicht zuverlässig steuern kann, was ist der Punkt? Der Punkt ist, eine gewisse Sicherheit für die Planung und langfristige Entscheidungen von Einzelpersonen und Institutionen zu gewährleisten. Der Vorteil der Preisstabilität reduziert das Risiko, welches mit den längerfristigen Entscheidungsfindungen einhergeht und vermeidet die Belastung der Wirtschaft, die von Unsicherheit verursacht werden.

PS: Wie würde wohl eine ähnliche Umfrage in Deutschland ausgehen? Wie viel Prozent der befragten 1001 Personen würden die aktuelle Inflationsrate wo sehen? Bei 2%, 5%, 10% oder 20%?

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