Mittwoch, 13. April 2011

Wie die Fed auf Angebotsschocks reagieren könnte

Die Politiker, die mit dem geldpolitischen Kurs der US-Notenbank nicht zufrieden sind, fordern v.a. seit dem Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise eine neue Gesetzgebung, um das Mandat der Fed umzugestalten. Die Ziele der Geldmarktpolitik der Fed sind im Federal Reserve Act definiert: (1) Preisstabilität und (2) Vollbeschäftigung. Wie die Fed aber Trade-off zwischen den beiden Zielen (dual mandate) handhabt, ist nicht spezifisch dargelegt. Die beste Regel würde die Fed zwingen, das nominal BIP oder die gesamten, laufenden Dollar-Ausgaben zu stabilisieren, schreibt David Beckworth in einem lesenswerten Essay („How to Narrow the Fed’s Mandate“) in National Review Online. Zum Beispiel könnte die Fed ein jährliches Wachstum des nominalen BIP von 5% anstreben. Das Ziel würde in einem realen Wirtschaftswachstum von 3% und einer Inflation von 2% jährlich resultieren. Dieser Ansatz, genannt nominal-GDP targeting (nominelle BIP-Steuerung) wird wegen der Wirtschaftskrise zunehmend beliebter. Selbst die Fed hat auf ihrem Treffen von September 2010 darüber diskutiert, hebt der an der Texas State University, San Marcos lehrende Wirtschaftsprofessor hervor.


US-BIP Entwicklung, Graph: Prof. David Beckworth in: Macro and other Market Musings
Die blaue Linie: nom. BIP, die rote Linie: real BIP, die grüne Linie: BIP-Deflator (d.h. Inflation)

Der Anreiz der nominellen BIP-Steuerung ist, dass sie (a) einfach, (b) entsprechend konzentriert und (c) fähig ist, langfristige Gewissheit zu erhöhen.

Wie hätte die Fed auf den Abschwung von 2008/09 reagiert, wenn sie ein bestimmtes nominelles BIP-Wachstum angesteuert hätte? Während dieser Zeit befand sich das Finanzsystem im Stress und es kam folglich zu einem Ansturm auf Liquidität. Die erhöhte Nachfrage nach hoch liquiden Mitteln bedeutete wenider Ausgaben und ein Rückgang der wirtschaftlichen Aktivität, beschreibt Beckworth. Die Fed hätte in dieser Zeit ausreichend Liquidität zur Verfügung stellen können, um den Sprung in der Nachfrage nach Liquidität im vollem Umfang auszugleichen. Eine solche Reaktion hätte das tatsächliche und das erwartete nominale BIP-Wachstum in den Jahren 2008/09 stabilisiert und den Zusammenbruch der Wirtschaft verhindert, argumentiert Beckworth.

Manche mögen einwenden, dass die nominelle BIP-Steuerung die Krise von 2008/09 nicht hätte verhindern können, weil sie den Beginn eines Delevaraging-Zykluses (Abbau von Schulden) markierte. Danach können solche „Bilanz-Rezessionen“ von der Geldpolitik nicht angegangen werden. Dieses Argument verfehlt aber, anzuerkennen, dass es für jeden Schuldner, der auf Ausgaben verzichtet, einen Gläubiger gibt, die Geldzahlungen erhält, schildert Beckworth.

Die Gläubiger hätten ihre Ausgaben erhöhen sollen, um einen Rückgang der Ausgaben durch die Schuldner auszugleichen. Sie taten es aber nicht. Warum? Weil ihre Erwartungen im Hinblick auf die Konjunktur sich verschlechtert haben, was nicht passiert wäre, wenn die Zentralbank ein nominelles BIP-Wachstumsziel verfolgt hätte, weil die Erwartungen im Hinblick auf die Ausgaben verankert gewesen wären, so Beckworth.

Ein nominales BIP-Ziel richtet die Geldpolitik angemessen, weil es auf Ausgaben-Schocks reagiert. Ein Beispiel: Angenommen, eine neue Technologie sorgt dafür, dass die Computer schneller funktionieren. Ein Angebotsschock, der die Produktivität steigert, würde Disinflation erzeugen. Mit einer nominellen BIP-Wachstumsrate von 5% würde der Schock vorübergehend zu einem realen BIP-Wachstum von 5% führen, mit Null Prozent Inflation. Im Gegensatz würde ein starres Inflationsziel von sagen wir 2% in Verbindung mit einem Wirtschaftswachstum von 5% ein nominelles BIP-Wachstum von 7% oder einen destabilisierenden Anstieg der Ausgaben erfordern.

Ein weiteres Beispiel: Angenommen, ein Super-Virus sorgt dafür, dass Computer-Systeme vorübergehend heruntergefahren werden. Dieser negative Angebotsschock würde die Produktivität senken und die Preise erhöhen. Das würde zu einem realen Wirtschaftswachstum von 0% und zu einer Inflation von 5% führen. Ein starres Inflationsziel von 2% würde eine Straffung der Geldpolitik erfordern, was die ohnehin geschwächelte Wirtschaft weiter zusammenpressen würde. Eine Zentralbank, die ein nominelles BIP-Wachstum ansteuert, würde mit diesem Dilemma nicht konfrontiert. Sie würde die totalen, laufenden Ausgaben bei 5% stabil halten und zulassen, dass der Angebotsschock sich selbst löst, beschreibt Beckworth.

Fazit: Eine nominelle BIP-Steuerung verbessert auch langfristige Gewissheit durch die klare Kommunikation mit der Öffentlichkeit, was den langfristigen Trend der Ausgaben betrifft. Es macht mehr Sinn für die Fed, ein nominelles BIP-Ziel anzusteuern, als Inflations- oder Preisniveau-Steuerung zu verfolgen, schlussfolgert Beckworth.

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