Mittwoch, 8. Juni 2011

Wer sind Rentier?

Paul Krugman erklärt in seinem Blog im Anschluss an seinen lesenswerten Beitrag zum Thema „Rentier“, um welche Personen es sich dabei handelt. Das heisst, wer im Fall von Deflation gewinnt und wer im Fall von Inflation von beispielsweise von 4% in den nächsten 10 Jahren verliert? Sind es kleine alte Damen, die mit einem festen Einkommen leben oder sind es bescheidene und anspruchslose Menschen, die geknausert und gespart haben?

Nun, nein, bemerkt Krugman weiter. Es gibt natürlich einige normale Menschen, die im Fall von einer höheren Inflation einbisschen verlieren würden. Aber das Sozialversicherungssystem (Social Security), das Fundament der Altersversorgung ist mit Inflation indexiert und die Rentenkonten, die in Aktien investieren, würden davon keinen Schaden tragen. Krugman liefert die folgende Abbildung (Verteilung des Reichtums in den USA), die zeigt, wer im Streit um die Inflation in Gefahr steht.


Die Verteilung des Reichtums in den USA, von Edward Wolff, Graph: Prof. Paul Krugman

Finanzielle Wertschriften sind überwiegend im Besitz der Reichen. Mehr als 60% werden von nur 1% der Bevölkerung und mehr als 98% von Top 10% gehalten. Es ist wahr, dass Mittelklasse-Amerikaner erhebliche Anteile an Einlagen besitzen und ein Teil der Renten in Anleihen liegen. Auf der anderen Seit besitzen Mittelklasse-Amerikaner den Löwenanteil an Schulden. Relativ gesehen haben die Reichen keine Schulden, erklärt Krugman.

Wenn man also über die Verteilungswirkungen der Wahl zwischen einem verlorenen Jahrzehnt à la Japan von sehr niedriger oder negativer Inflation und einer Strategie von hoher Inflation für eine Weile à la Mankiw-Rogoff denkt, geht es viel mehr um die Vorteile für die Reichen versus Vorteile für die Mittelklasse Amerikaner.

Da Krugman zu Gunsten einer etwas höheren Inflation argumentiert, um die Wirtschaft anzukurbeln, ist das, was wir in der Praxis sehen, ein Vorrang der Interessenvertretung für eine kleine wohlhabende Schicht der Bevölkerung über die mögliche Strategie für die Erholung der Wirtschaft.

Während die GOP sich in den USA eine schlechte Wirtschaft wünscht, solange Obama Präsident ist, weist Krugman darauf hin, dass Austerity/Hard Money-Achse, wenn überhaupt, in Europa viel stärker ist. In der Tat lässt die EZB Ben Bernanke wie William Jennings Bryan aussehen, legt Krugman dar.

In Europa gibt es natürlich eine nationale Dimension, beschreibt der an der Princeton University lehrende Wirtschaftsprofessor: Die Deutschen sind die Gläubiger, die peripheren Länder die Schuldner.

Krugman erzählt weiter, dass er peinliche Gespräche mit Zentralbanker aus anderen Teilen der Welt geführt habe, die an diesem Streit nicht beteiligt sind, aber auch sie sich der Vorstellung angenommen haben, dass die Inflation immer und überall eine Katastrophe ist und dass es etwas Unnatürliches und Verzerrendes über die niedrigen Zinsen gibt, auch wenn die Wirtschaft tief deprimiert ist. Wenn sie aber etwas bedrängt werden, können sie keine kohärente Argumentation vortragen, warum das so ist, aber sie geben sich sicher, dass es wahr ist.

Was Krugman denkt, ist, dass die Gläubiger-orientierte Denkweise die ganze Welt der Männer in Anzügen, die an den Tischen sitzen und über die Politik reden, durchdrungen hat. Und die Welt leidet darunter.

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