Montag, 6. Juni 2011

Wie sich Schatten Bankensystem unterbinden lässt

Nach Jazz und Grill bietet Kansas City nun einen eigenen, unverwechselbaren Still der Finanzreform, bemerkt Perry Mehrling im Blog „The Money View“ mit Bezug auf eine neue Forschungsarbeit („Restructuring the Banking System to Improve Safety and Soundness“) von Thomas Hoenig und Charles Morris, Präsident bzw. Vizepräsident der Kansas City Fed.

Der Glass-Steagall Act von 1933 (Trennbankensystem) hatte eine scharfe Grenze zwischen dem Investment Banking und Commercial Banking gezogen. Nun schlagen Hoenig und Morris eine ähnlich scharfe Linie zwischen dem komplex/riskanten Bankwesen und dem einfachen/Kern-Bankwesen vor. Nur die letzteren Institutionen würden demnach weiterhin vom öffentlichen Netz der Sicherheit profitieren, und auch Gegestand einer öffentlichen Regulierung und Aufsicht sein.

Der Vorschlag geht aus einer unverwechselbaren Berücksichtigung des Ursprungs der Krise hervor, wobei die Autoren die Sicht des traditionellen Commercial Banking an den Tag legen, um nicht zu sagen, Jimmy Stewart Banking, d.h. sicheren und soliden Bankwesens.

Beginnend im Jahr 1971, beschreibt Mehrling, dass

das Einlagengeschäft (deposit taking) des traditionellen Bankwesens seither an der Aushöhlung durch Geldmarktfonds und

das Kreditvergabe-Geschäft (lending) des traditionellen Bankwesens seither an der anhaltenden Aushöhlung durch Finanzunternehmen und anderen marktbasierten Finanzierungsquellen gelitten haben.

Das Endergebnis der Jahrzehnte von Finanzinnovationen war ein Parallel- oder Schatten Bankensystem, welches alle Core-Banking Dienstleistungen bereitgestellt hat, aber ohne die regulatorische Last des traditionellen Bankensystems und auch ohne expliziten Zugang zum öffentlichen Netz der Sicherheit, legt Mehrling dar.

Weil es ausserhalb der regulatorischen Struktur war, hat das Schatten Bankensystem die scharfen Kanten des Glass-Steagall verwischt, mit dem Ergebnis, dass Kern-Banken-System mit komplexen und risikoreichen Tätigkeiten ineinander verschlungen ist, insbesondere mit dem Wertpapierhandel, Market Making und Eigenhandel, erklärt der an dem Barnard College, Columbia University lehrende Wirtschaftsprofessor.

Das Finanzsystem wurde in den vergangenen 30 Jahren weniger stabil, während Banken und andere Finanzunternehmen sich mehr in komplizierte Aktivitäten entwickelt haben, welche durch das öffentliche Netz der Sicherheit nicht gedeckt sind oder einer vernünftigen Aufsicht unterliegen.

Der Weg nach vorne ist die Trennung des Core-Banking vom unwesentlichen komplexen Banking, wie im Jahre 1933. Dieses Mal jedoch schlagen die Autoren vor, auch Underwriting und Beratungsdienste (advisory services), sowie Asset und Wealth Management-Dienstleistungen zu den wesentlichen Kernfunktionen zu zählen. Die scharfe Trennlinie ist also nicht zwischen Investment Banking und Commercial Banking, sondern zwischen unwesentlich komplexen Tätigkeiten und wesentlichen Kernaktivitäten. Die explizite Begründung ist, Risk Exposure für das öffentliche Sicherheitsnetz zu kontrollieren. Die implizite Begründung ist, die Franchise des traditionellen Commercial Banking zu unterstützen, schildert der Autor des Buches The New Lombard Street.

Da der Vorschlag für ein neues Trennbankensystem Anreiz (regulatory arbitrage) für den Wiederaufbau des Schatten Bankensystems bieten könnte, legen die Autoren, zwei weitere Massnahmen nahe, um sicherzustellen, dass die Finanzierung des Schatten Bankensystems im Wesentlichen abgeschnitten wird.

Dem Vorschlag nach würden (1) Geldmarktfonds nicht mehr erlaubt, Konten mit einem Nettoinventarwert (NAV) von 1$ und damit enge Substitute für Sparkonten von Geschäftsbanken (commercial banking) zu bieten, sondern sie würden vielmehr angefordert, floating NAV zu haben wie die anderen Investmentfonds. Dies würde solche Konten für die Kapitalgesellschaften vermutlich unattraktiv machen und damit die Einlagenfinanzierung der Geschäftsbanken wiederherstellen. (2) Repo-Geschäft würde nicht mehr vom automatischen Verbleib im Konkurs ausgenommen, was Kreditvergabe via Repo in Bezug auf die Einlagen der Geschäftsbanken weniger attraktiv machen, auch wenn das Repo-Geschäft gesichert ist.

Der springende Punkt ist, das Schatten Bankensystem in wesentliche und unwesentliche Aktivitäten aufzuteilen und die wesentlichen in den Commercial Banking Sektor zu verschieben, während die unwesentlichen, geschoren von der Anbindung an das öffentliche Sicherheitsnetz, verkümmern würden.

In der Kansas City Version der Geschichte ist der Anstieg des Schatten Bankensystem vollständig auf regulatory arbitrage (Reduzierung regulatorischer Eigenkapitalanforderungen durch Forderungsverbriefung) zurückzuführen. „Die Verschiebung in den vergangenen 30 Jahren von einem Bankkredit-Kreditsystem zu einem Kapitalmarkt-Kreditsystem ist einfach ein Fehler, den wir jetzt korrigieren müssen“, unterstreicht Mehrling.

Das Problem ist nicht, wie Kansas City es handhabt, diese Institutionen ausserhalb des Netzes zu halten, sondern viel mehr sie explizit in ein reformiertes System der Regulierung und Aufsicht hineinzubringen, fasst Prof. Mehrling als Fazit zusammen.

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