Donnerstag, 4. August 2011

Ausgeglichener Haushalt als Zusatzartikel zur Verfassung?

Was ist die richtige Menge an Staatsausgaben im Verhältnis zum BIP? Das ist eine (gute) Frage, die während der Präsidentschaftswahlen 2012 in den USA bestimmt mehr Beachtung finden dürfte.

Einige Republikaner im Repräsentantenhaus und im Senat üben nämlich seit geraumer Zeit einen starken Druck aus, einen ausgeglichenen Haushalt („balanced budget“) als Verfassungszusatz als Teil der Vereinbarung über die gesetzliche Schuldenobergrenze einzuschliessen.

Im endgültigen Abkommen, das am Montag durch das Repräsentantenhaus gegangen ist, gibt es bereits eine Bestimmung über eine Verfassungsänderung, bemerkt Simon Johnson in einem lesenswerten Artikel („Is Balanced Budget Amendment a Good Idea?“) in NYT.

Die Befürworter eines Verfassungszusatzes argumentieren, dass eine solche Änderung eine Möglichkeit bietet, Staatsausgaben und Defizite durch die Forderung an den Staat, nicht mehr auszugeben als die Einnahmen, unter Kontrolle zu bringen.

Es gibt aber im Wesentlichen drei Probleme mit diesem potentiellen Ansatz, wie er derzeit formuliert wird, hält Johnson fest.

(1) Wie Bruce Bartlett bereits hervorgehoben hat, gibt es kaum eine Möglichkeit, dass es mit einem Zusatzartikel zur Verfassung funktioniert. So wie bisher vorgeschlagen wird, würden die Staatsausgaben auf 18% des BIP eingeschränkt. Und dieses Limit würde nur durch eine zwei-Drittel-Mehrheit in den beiden Kammern des Kongresses abbedungen werden dürfen. Es handelt sich dabei m.a.W. um einen ausgeglichen Haushalt mit einer Deckelung.

„Das BIP ist kein juristischer Begriff, sondern eine wirtschaftliche Kennzahlt, wobei sich die Details die ganze Zeit ändern können, mit Bezug auf die vorherrschende Ansicht unter den Statistik-Experten“, erklärt Johnson. Eine statitische Anpassung in die andere Richtung würde reale und schmerzhafte Ausgabenkürzungen zwingen. „Die Verfassung ist der falsche Ort, um solche Einzelheiten zu verfolgen“, so der ehemalige Chef-Ökonom des IWF.

(2) Stellen Sie sich vor, dass dieser Verfassungszusatz in Kraft wäre und die Staatsausgaben sich in etwas auf dem Limit im Verhältnis zum BIP befänden. Was würde passieren, wenn der Finanzsektor wieder in die Luft ginge, sei es durch nicht eigenes Verschulden oder einige giftige Kombinationen von strafbaren Handlungen und Fehlverhalten?

„Das Peter-Spiel ist irrelevant, wenn das BIP um 10% einbricht. Das Problem ist, wie eine Great Depression zu verhindern ist. Aber beachten Sie bitte, dass, wenn es zu solch einem Einbruch des BIP kommt, die Höhe der nominalen Staatsausgaben von 18% des BIP rasch auf 20% klettern würde“, legt der am MIT Sloan lehrende Wirtschaftsprofessor dar. Dann würde man eine Verfassungskrise erwarten, noch bevor über die Frage diskutiert wird, ob Steuersenkungen oder andere Formen von Stimulus die angemessene Massnahme wären.

(3) Warum 18% des BIP? Die Anhänger des Ansatzes sagen, dass es sich um einen Durchschnittswert in den letzten Jahrzehnten handelt. Na und? Die Bundesregierung hat schliesslich auch weniger ausgegeben, wie Vito Tanzi in seinem neuen Buch („The Changing Economic Role of the State“) beschreibt, betont Johnson.

Die älteren Menschen haben in den USA mittlerweile einen grössen Anteil an der Gesamtbevölkerung. Vielleicht macht es Sinn, die Ausgaben zu erhöhen, zu Gunsten der Menschen über 65, unterstreicht Johnson weiter. Oder angesichts der heutigen Probleme im öffentlichen Bildungswesen sollten vielleicht die Investitionen in die Kinder erhöht werden, wenn sie dadurch in die Lage kämen, produktiv genug, eine alternde Bevölkerung zu unterstützen, indem sie nur moderate Steuern zahlen.

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