Dienstag, 9. August 2011

Eurozone: Gefahr einer sich selbsterfüllenden Prophezeiung


(very wonkish)

Die EZB greift in den Markt ein, um Italien und Spanien mit einem Anleihekaufprogramm zu stützen. Was geschieht jetzt?

Paul Krugman macht sich in seinem Blog Gedanken darüber, dass die Märkte jetzt versuchen würden, eine Wahrscheinlichkeit für den Fall Zahlungsunfähigkeit (default) zu erstellen. Und sie glauben, dass, wenn überhaupt ein Zahlungsausfall stattfindet, es dann ernsthafte Verluste für die Gläubiger von Anleihen mit sich bringen würde. Warum? Weil es einen „den Rubikon überschreitenden“-Aspekt gibt: wenn ein Land es einmal tut, müsste es schwere Reputationskosten in Kauf nehmen, sodass das betreffende Land, wenn es schon daran ist, zugleich einen signifikanten Schuldenerlass herbeiführen würde.

Inzwischen schliesse die Entscheidung darüber, ob es zum Zahlungsausfall kommt oder nicht, eine Abwägung zwischen den Schaden eines Zahlungsausfalls (default) und den Schaden, die entstünden, wenn versucht wird, die Schulden in vollem Umfang zu bedienen, ein, erklärt Krugman. Und die zweite hängt von der Höhe der Zinsen ab. Ein ausreichend hoher Zinssatz würde die Schuldenlast unerträglich gestalten und einen Zahlungsausfall auslösen.

Dazu liefert Krugman die folgende Abbildung:


Zinsen und erwartete Inflation, Reaktion der Regierung und Reaktion der Märkte, Gleichgewicht A, Graph: Prof. Paul Krugman

Angenommen, wir wollen wissen, was rationale Erwartungen in diesem Fall implizieren würden. „Rationale Erwartungen sind ein nützliches Instrument, um Gedanken zu klären, solange Sie sie nicht zu ernst nehmen“, fügt Krugman hinzu. In diesem Fall würden rationale Erwartungen bedeuten, dass es zwei Gleichgewichte gibt:

Gleichgewicht A ist, wo die Investoren nicht an einen Zahlungsausfall glauben. Die Zinsen sind niedrig und es kommt zu keinem Zahlungsausfall. 

Gleichgewicht B ist, wo die Investoren denken, dass es zu einem Zahlungsausfall kommt. Die Zinsen sind hoch, und es kommt zum Zahlungsausfall.

Was den Fall Italien betrifft, ist, dass die Ereignisse in anderen Ländern das Land in Richtung des schlechten Gleichgewichts B zu schieben drohen. Die Aufgabe der EZB ist, genügend Mittel zur Verfügung zu stellen, um diese Verlagerung zu verhindern und das Land wieder in Richtung des Gleichgewichts A zu bewegen.

Was würde aber passieren, wenn Italien seine eigene Landeswährung hätte? Es gäbe keine Notwendigkeit für einen Zahlungsausfall. Wenn Italien einen Schuldenerlass wollte, würde es die Schuldenlast durch Inflation abbauen. Wie Frankreich es in den 1920er Jahren praktiziert hat. Der Fall wird im Übrigen in einem Abschnitt der Dissertation von Krugman dargestellt. Nun ist die Inflation eine schlechte Sache oder zumindest wie die Behörden denken, sodass der Ansatz nur widerwillig verwendet würde. Es ist laut Krugman als eine Reaktionsfunktion vorstellbar, wo hohe Zinsen als politische Entscheidung zu einer höheren Inflation führen, aber nicht eins für eins.

Das ist in der folgenden Abbildung zu sehen:


Zinsen und Wahrscheinlichkeit eines Zahlungsausfalls (default), Reaktion der Märkte, Gleichgewicht B, Graph: Prof. Paul Krugman

Die Reaktion des Marktes ist, dass die Zinsen eins zu eins mit der erwarteten Inflation steigen, während die Reaktion der Regierung ist, dass die Inflation weniger als eins zu eins mit den Zinssätzen steigt. Das bedeutet ein rationalen Erwartungen entsprechendes Gleichgewicht. Krugman betont, dass er nicht ernsthaft für alles den Ansatz der rationalen Erwartungen befürworte, sondern sie als Intuition verwende. 

Fazit: Es gibt die Möglichkeit einer sich selbsterfüllenden Prophezeiung der Krise unter Euro, in einer Weise, was sonst mit einer eigenen Landeswährung nicht stattfinden würde. Und das Argument der sich selbsterfüllenden Prophezeiung ist die Rechtfertigung dafür, warum die EZB in den Markt eingreift, indem sie Staatsanleihen von Italien und Spanien ankauft.

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