Sonntag, 13. November 2011

Eurokrise: Herausforderung für das globale Wachstum

„Das Wachstum in Europa ist zum Stillstand gekommen und es besteht das Risiko einer erneuten Rezession“, erklärt EU-Währungskommissar Olli Rehn.

Die EU-Kommission rechnet mit einer Stagnation für die EU im IV. Quartal 2011 und einem Minuswachstum von 0,1% für die Eurozone, die 17 Länder, die den Euro eingeführt haben.

Das BIP werde der Prognose der EU-Kommission zufolge in der gesamten EU bis weit ins Jahr 2012 hinein stagnieren und im gesamten kommenden Jahr nur um 0,6% wachsen.

„Die Krise in Europa bleibt die zentrale Herausforderung für das globale Wachstum. Es ist wichtig, dass Europa sich schnell bewegt, und einen Plan zur Wiederherstellung der Finanzstabilität platziert“, sagte Tim Geithner am Donnerstag. „Wir alle sind direkt von der Krise in Europa betroffen“, so der amerikanische Finanzminister.

„Ich glaube nicht, dass wir in der Lage wären, den Konsequenzen eines Blow-up in Europa zu entfliehen“, bemerkte auch Fed-Chef Ben Bernanke am Donnerstag in Texas.

Um in Erinnerung zu rufen: Die Eurokrise ist nicht eine Staatsschuldenkrise, sondern eine Folge der Finanzkrise, eine Folge der Bailout-Kosten der Banken. Bemerkenswert ist, dass die Krise, die durch die Deregulierung der Banken und des gesamten Finanzsektors ausgelöst wurde, die Doktrin „Fiscal Austerity“ unterstützt, Staatsausgaben zu kürzen und Sozialprogramme abzubauen. Die Idee ist, dass die Kürzung der Ausgaben der öffentlichen Hand das Vertrauen der Verbraucher und Unternehmen wiederherstellen würde. Folglich würden die privaten Investitionen angekurbelt und die negativen Auswirkungen der Kürzung der Staatsausgaben auf diese Weise ausgeglichen.

Das ist die Ideologie der sog. expansionary austerity (siehe auch hier), wie Paul Krugman es elegant beschreibt. Die Doktrin wird in den USA v.a. von der Republikanischen Partei und in Europa von der EZB gern verfochten.

Die EZB hat unter Jean-Claude Trichet nicht nur kläglich versagt, die Finanzkrise vorherzusagen und zu lösen, sondern auch das Scheitern verschlimmert, indem sie die Krise verneint hat.

Trichet bezeichnet die eigene Performance als „tadellos“ (impeccable), weil die Inflation unter dem Zielwert geblieben sei. Um Inflation zu vermeiden, hat Trichet aber Deflationsgefahr hervorgerufen. Trichet hat 2011 die Zinsen zwei mal erhöht, weil die EZB nur Preisstabilität verfolgt und es zurückweist, sich um Finanzstabilität zu kümmern. Trichets Nachfolger Mario Draghi hat zwar die Zinsen kürzlich gesenkt, aber zu spät und zu zaghaft, und v.a. mit einer deutlichen Absage an die lender of last resort-Fazilität.

Krugman fordert vor diesem Hintergrund die EZB auf, italienische Staatsanleihen zu kaufen. „Am Ende wird die EZB in den Abgrund blicken und sagen: vergessen wir alle Regeln, wir müssen die Anleihen kaufen“, sagte der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor in einem Interview mit dem Handelsblatt am Freitag.

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