Freitag, 18. November 2011

Warum die Fed die Verzinsung der Bankeinlagen nicht verringert

Ein Indikator für das Misstrauen der Banken untereinander ist die ungewöhnlich hohe Summe der Einlagen, die die Finanzinstitute bei der Fed parken. Beispielsweise liegen die Übernacht-Einlagen der europäischen Banken bei der EZB seit geraumer Zeit über 200 Mrd. Euro. Das ist ein Rekordwert. Die Einlagen werden sowohl von der Fed als auch von der EZB verzinst.

Mark Thoma beschäftigt sich in seinem Blog mit der Frage, warum die Fed die Verzinsung der Überschussreserven der Banken (siehe auch hier) nicht vom aktuellen Wert 0,25% auf 0% senkt. Es würde vielleicht nicht viel herbringen, aber es würde den Anreiz der Banken verringern, Bargeld zu horten und dazu beitragen, dass die Banken beginnen, mehr Kredite zu vergeben, was die Wirtschaft ankurbeln würde. Warum soll es also nicht probiert werden? Die Fed würde zudem unter Beweis stellen, dass sie alles unternimmt, was sie kann, um die Wirtschaft zu beleben.

Der an der University of Oregon lehrende Wirtschaftsprofessor deutet in diesem Zusammenhang auf eine aktuelle Forschungsarbeit auf die US-Notenbank hin. Die Fed New York erklärt, warum der geldpolitische Ausschuss der Fed zögert, diese Option wahrzunehmen.


Überschussreserven der Geschäftsbanken bei der Fed, Graph: FRED, Fed St. Louis

Das Argument lautet, dass es möglich ist, dass einige Zinssätze leicht ins Negative drehen können und wenn das der Fall ist, verschiedene Probleme auftreten, die die Fed lieber vermeiden würde. Da die Banken von jedermann, der weniger Sollzinsen verlangt als die Habenzinsen der Bankeinlagen bei der Fed, Kredit aufnehmen können, können sie die Differenz einfach arbitrieren. Die Verzinsung der Einlagen bei der Fed setzt daher den Zinssätzen eine Untergrenze.

Ökonomen reden oft über nominale Zinssätze, die auf der Null-Untergrenze liegen, was heisst, dass sie nicht unter Null fallen. Während es Episoden gibt, sowohl historisch als auch wie in den letzten Jahren, in denen einige Marktzinsen negativ wurden, sind diese Begebenheiten ziemlich selten.

Vor diesem Hintergrund erklärt Todd Keister, warum negative Zinsen im Prinzip möglich sind, aber in der Praxis selten vorkommen. Die Finanzmärkte funktionieren i.d.R. mit positiven Zinssätzen und erfahren erhebliche Störungen, wenn die Zinsen negativ werden. Um solche Störungen zu vermeiden, legen die Zentralbanker die kurzfristigen Zinsen über Null fest, auch wenn sie versuchen, die Geldpolitik in anderen Dimensionen zu lockern. Diese geldpolitischen Entscheidungen sind die Quelle für die Null-Untergrenze der Zinsen, erläutert Keister.

Die standardisierte Beschreibung der Null-Untergrenze beginnt mit der Beobachtung, dass der Nominalzins, der durch die Währung angeboten wird, stets gleich Null ist: Wenn ich also einen Dollar-Schein halte, habe ich auch am nächsten Tag oder nächste Woche einen Dollar. Wenn ich das Geld zu einem Zinssatz von Minus 2% investiere, habe ich hingegen nur noch 98 Cents im nächsten Jahr. Weil jeder die Möglichkeit hat, Geld zu halten, wäre niemand bereit, einige andere Vermögenswerte oder Investitionen zu halten, die einen negativen Zins bieten.

Die Marktzinsen können m.a.W. nicht irgendwie unter Null fallen, ohne einen massiven Wechsel in die Währung (cash) auszulösen. Dennoch pflegen Zentralbanken positive kurzfristige Zinssätze soger mit weniger konventionellen Instrumenten (wie der Ankauf von Staatsanleihen am offenen Markt), um zusätzliche monetäre Impulse zu verleihen.

Die Fed verzinst z.Z. die Einlagen der Geschäftsbanken bei sich mit 0,25%. Die Fähigkeit, Zinserträge auf die Einlagen zu bekommen, gibt Banken den Anreiz, in einer Reihe von Märkten (einschliesslich dem Interbankenhandel und dem Repo-Markt) Kredit aufzunehmen. Auf diese Weise bleiben die Marktzinsen die meiste Zeit positiv.

Die Reduzierung der Verzinsung würde die kurzfristigen Marktzinsen tendenziell senken und sogar unter Null drücken. Die Protokolle des geldpolitischen Ausschusses der Fed zeigen, dass die Fed-Vertreter besorgt sind, die Verzinsung (IOR: interest on reserves) zu reduzieren, weil damit kostspielige Unterbrechungen an den Geldmärkten einhergehen würden.

Ebenso hat auch der geldpolitische Ausschuss (MPC) der britischen Zentralbank (Bank of England) im September über die Möglichkeit einer Senkung der Verzinsung der Bankeinlagen unter 0,5% nachgedacht und entschieden, nichts zu tun. Der MPC kam zum Schluss, dass ein längerer Zeitraum sehr niedriger Zinssätze das Funktionieren der Geldmärkte beeinträchtigen würde.

Einige Beispiele für die Bereiche, wo Störungen in den US-Finanzmärkten auftreten könnten:

Geldmarkt-Fonds (money market mutual funds)

US-Staatsanleihen Versteigerungen.

Federal funds market.

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