Samstag, 30. April 2011

3-Monats-Euribor und Inflationsmonster

Kassandra-Rufe, die vor Inflationsmonster warnen, deuten auf den 3-Monats-Euribor-Satz. Nur weil der 3-Monats-Euribor auf 1,385% gestiegen ist, was laut Bloomberg ein Zweijahreshoch markiert. Das ist der Zinssatz, zudem die Geschäftsbanken sich Geld untereinander leihen. Warum ist der Euribor-Satz gestiegen?  Weil die EZB vergangene Woche den Leitzins (den sog. Hauptrefinanzierungssatz) von 1,0% auf 1,25% erhöht hat. Der Euribor (European Interbank Offered Rate), der täglich gebildet wird, dient als Referenzwert für Hypotheken und Sparkonten. Die Grundlage sind die Meldungen von rund 57 Banken.


3-Monats-Euribor, Graph: Bloomberg.com

Interview: Prof. David Andolfatto, Simon Faser University, Canada

David Andolfatto is Professor of Economics and a Vice President in the Research Division of the Federal Reserve Bank of St. Louis.


What is your take on the “don’t fight the Fed”, one of the old truism on Wall Street?

“Don’t fight the Fed” is an old Wall Street adage that warns traders not to make bets against the Fed. The adage assumes that the Fed has the ability to influence the interest rates that determine asset prices in the equity and bond markets. So, for example, if the Fed can make equity prices rise by lowering interest rates (say, via open market bond purchases), then the adage warns traders not to take short positions on equities when the Fed is expected to lower interest rates.

I’m not sure what to make of the adage. It might serve as a useful rule of thumb for bond traders. The influence of monetary policy on equity prices over medium to long horizons is probably not very big. Like most Wall Street adages, it is probably close to useless. There are many other more important factors that determine real asset values.

FDIC schliesst weitere fünf Banken in diesem Jahr

Die FDIC (Einlagensicherungsbehörde) hat am Freitag laut Washington Post 5 Banken in Georgia (2x), Florida (2x) und Michigan geschlossen. Damit ist die Anzahl der Banken, die im Jahre 2011 verstaatlicht wurden, auf 39 gestiegen, nachdem im Vorjahr insgesamt 157 Banken gescheitert sind. Das Tempo der Bankschliessungen hat sich verlangsamt. Zu diesem Zeitpunkt vor einem Jahr waren 64 Bankenpleiten gezählt.

Die verstaatlichten 5 Banken verfügen über ein Anlagevermögen von insgesamt 2'161 Mio. $. Die Kosten der geschlossenen 5 Banken betragen für die öffentliche Hand 643,2 Mio. $.

Bankpleiten:
2011: 39
2010: 157
2009: 140
2008: 25
2007: 3

Freitag, 29. April 2011

Resolution Authority: Liquidation der systemrelevanten Finanzinstitute

Es geht um die Problematik der geordneten Liquidation der sog. systemrelevanten Finanzinstitute.  Die Gesetzgebung der Dodd-Frank-Finanzreform verleiht der Einlagensicherungsbehörde (FDIC: Federal Deposit Insurance Corporation) die Macht, zu intervenieren und die Abwicklung einer zusammengebrochenen Bank oder eines Finanzinstitutes zu verwalten. Über die Amtsbefugnis gibt es zwei stark vertretene Ansichten, schreibt Simon Johnson in einem lesenswerten Artikel („The Problem With the FDIC’s Power“) in NYT: (1) Die Befehlsgewalt würde das Problem der Handhabung der scheiternden Megabanken im Wesentlichen lösen und (2) die Ordnungsinstanz wäre hauptsächlich irrelevant.

Die beiden Ansichten werden von gut informierter Leute an der Spitze der regulatorischen Strukturen vertreten, auf beiden Seiten des Atlantiks, hebt der ehem. Chefökonom des IWF hervor. Was ist richtig? Tim Geithner, der US-Finanzminister hat wiederholt argumentiert, dass die neuen Befugnisse im Fall von Lehman Brothers einen Unterschied machen würden. Die FDIC hält in einem aktuellen Bericht fest, dass die Behörde, wenn sie die derzeitige Kompetenz Anfang 2008 gehabt hätte, viel früher in die Suche nach einer alternativen Lösung hätte involviert werden können.

Die eingeschüchterte Fed

Im vergangenen Monat waren mehr als 14 Millionen Amerikaner gemäss offizieller Definition arbeitslos. Weitere Millionen stecken in einer Teilzeitarbeit, weil sie keine Vollzeitstelle finden. Die Rede ist nicht von einer vorübergehenden Not, bemerkt Paul Krugman in seiner lesenswerten Freitagskolumne („The Intimidated Fed“) in NYT.

Langzeitarbeitslosigkeit, einst eine Seltenheit in den USA, wird allzu normal: mehr als vier Millionen Amerikaner sind für ein Jahr oder länger arbeitslos. Das alles summiert sich zu einem klaren Fall für mehr stimulierende Massnahmen. Doch Ben Bernanke hat angedeutet, dass er wahrscheinlich alles getan hat, was er konnte. Warum?, fragt Krugman. Bernanke hätte argumentieren können, dass er nicht fähig ist, mehr zu tun, dass er und seine Kollegen nicht viel mehr Einfluss auf die Wirtschaft nehmen können. Das tat er aber nicht. Im Gegenteil hat er argumentiert, dass die QE-Politik der Fed (Kauf von langfristigen Staatsanleihen) wirksam gewesen ist. Warum unternimmt er aber nicht mehr?, will Krugman wissen.

Logik der Kerninflation

Paul Krugman erklärt in seinem Blog die Logik der Kerninflation:

(1) Die Logik stammt aus der Vorstellung, dass manche Preise „sticky“ (kurzfristig träge) sind, die in Zeitabständen revidiert (überarbeitet) werden. Und manche nicht.

(2) Es ist keine neue Idee: Otto Eckstein hat in den frühen 1970er Jahren dafür argumentiert. Bob Gordon hat die Idee in moderner Form im Jahr 1975 angelegt.

(3) Die Fed konzentriert sich auf die Kerninflation seit einer langen Zeit, genau genommen seit 1990, obwohl der Fokus auf die Kerninflation (core inflation) in den Studien der Fed erst seit 1996 deutlich sichtbar ist.


Allgemeine Inflation (die blaue Kurve; Konsumenten-Preisindex) versus Kerninflation (die rote Kurve), Graph: Prof. Paul Krugman

Donnerstag, 28. April 2011

Wenn Inflationsziel kein Ziel ist

Fed-Präsident Ben Bernanke hat gestern auf der ersten Pressekonferenz der US-Notenbank den Eindruck hinterlassen, dass das Inflationsziel von 2% (core inflation) der Fed nicht ein Ziel, sondern eine obere Schranke ist. Das ist neu. Aber es ist nicht die Art und Weise, wie es funktionieren soll, bemerkt Paul Krugman in seinem Blog.

Wenn Sie wirklich die Ansicht vertreten, dass eine Inflation von 2% richtig ist (Krugman würde z.B. 4% bevorzugen), dann müssten Sie eine Inflation von 1% als genau so schlimm wie eine Inflation von 3% betrachten. In einer Situation, in der die Inflation unter dem Zielwert verläuft, müssten Sie einen Anstieg dieses Wertes als eine gute Sache ansehen. Und entsprechend, wenn die Situation so beschaffen ist, wie in der Gegenwart, mit einem Inflationswert unter der Zielvorgabe und einer hohen Arbeitslosigkeit, dann müssten alle Lichter auf grün blicken, einen expansiven geldpolitischen Kurs einzuschlagen, beschreibt Krugman.

Arbeitsplätze, Inflation und Bernanke

US-Notenbankchef hält an der Niedrigzinspolitik fest. Wie ist aber die allererste Pressekonferenz, die die Fed in ihrer Geschichte gehalten hat, zu bewerten? The New York Times will in einer Fragerunde („Room for Debate“) von einer Reihe von renommierten Ökonomen wissen, ob und überhaupt die Veranstaltung neue Erkenntnisse über die Geldpolitik (Doppelmandat) des Fed-Präsidenten Bernanke gebracht hat.

Fed-Gouverneur Larry Meyer hatte vor ein paar Jahren gesagt: „Wenn Sie nicht bemerkt haben, dass die Fed ein Inflationsziel von 2% pro Jahr verfolgt, dann haben Sie nicht aufgepasst“, erinnert Brad DeLong in seinem Beitrag. Daher sei der an der University of California, Berkeley lehrende Wirtschaftsprofessor angesichts des scheinbaren Verzichts von Bernanke auf das Inflationsziel von 2% in der Pressekonferenz überrascht. Bernanke hat erklärt, dass er nicht bereit ist, mehr stimulierende Massnahmen zu treffen, weil es nicht klar sei, ob „wir erhebliche Verbesserung in Sachen Beschäftigung bekommen können, ohne zusätzliche Inflationsrisiken zu erzeugen“.

Fed-Sitzung vom 27. April 2011

Die US-Notenbank will das 600 Mrd. $ schwere Programm für den Kauf von US-Staatsanleihen nicht ausweiten. Das im November aufgelegte Programm wird zum Quartalsende auslaufen, teilte die Fed nach der gestrigen Sitzung des Offenmarktausschusses (FOMC) mit. Die Fed hat zudem den Leitzins (Fed Funds Rate) in der Spanne zwischen Null und 0,25% belassen. Obwohl die Verbraucherpreise in den vergangenen Monaten etwas angezogen sind, ist Ben Bernanke nicht besorgt, weil der Fed-Präsident das Augenmerk nach der Kerninflation (core rate) richtet, nicht nach der allgemeinen Inflation (headline inflation). Die Fed verfolgt den Kern-PCE-Deflator (personal consumer expenditures). Und dieser Wert verläuft seit langer Zeit unter dem Zielwert, der angibt, dass die Inflation kein Problem darstellt. Das heisst, dass es kein Trade-off gibt: Eine expansivere Geldpolitik ist daher gut in Bezug auf die Arbeitslosigkeit und die Einhaltung des Inflationsziels der Fed, wie Paul Krugman in seinem Blog analysiert. Aber auf die Frage, warum die Fed keine weitere expansive Geldpolitik führt, antwortet Bernanke, dass er über einen Trade-off besorgt ist, dass die Inflation steigen könnte.


Inflation gemessen an PCE-Deflator (personal consumer expenditures), Graph: Prof. Paul Krugman

Wer hortet das meiste Gold?

Amerika verfügt mit 8'134 Tonnen Goldbarren über die grössten Reserven der Welt. Aber gemessen an „pro Kopf der Bevölkerung“ hat die Schweiz die grössten Reserven (1'040 Tonnen), wie The Economist mit der folgenden Abbildung zeigt:


Die grössten Goldreserven der Welt pro Kopf der Bevölkerung, Graph: The Economist, April 2011

Mittwoch, 27. April 2011

US-Staatsausgaben: Was steckt hinter dem Anstieg?

John Taylor behauptet in seinem Blog, dass die Obama-Regierung für eine enorme Expansion der Staatsausgaben verantwortlich ist. Paul Krugman fasst in seinem Blog nach.  Die Staatsausgaben sind zwar unter Obama-Regierung angestiegen. Aber rund die Hälfte des Anstiegs ist (1) auf die Verlangsamung des BIP-Wachstums (d.h. nicht auf Ausgabenerhöhung) und (2) auf die Sicherung des sozialen Netzes (social security) zurückzuführen. Der Anstieg der Ausgaben für Social Security hat mit Obama nichts zu tun. Der Präsident hat hierbei nichts geändert. Es hat mit Demographie zu tun. Die Baby-Boomers gehen in die Pension.

Anstatt direkt die Tatsachen anzusprechen, behauptet Taylor, dass Obama die öffentliche Hand ausgedehnt hat, weil sein Haushalt einen Anstieg der Ausgaben auf 24% des BIP im Jahre 2021 von 19,6% des BIP im Jahre 2007, vor dem Ausbruch der Finanzkrise vorhersagt. Die grosse Masse des prognostizierten Anstiegs hat aber mit Obama-Politik nichts zu tun. Was steckt dahinter?


Wachstumsraten der Staatsausgaben (USA), Graph: Prof. Paul Krugman

Derivative-Regulierung = Abschied von Subventionierung

Manche Marktbeobachter behaupten in diesen Tagen öfters, dass die Dodd-Frank-Reform die amerikanische Wettbewerbsfähigkeit hart treffen würde. Der scheidende Vorsitzende der ISDA beklagt, dass die Banken die „Kosten der Finanzreform“ auf die Benutzer der Derivative abwälzen würden. Bedeutet das aber nicht einfach, dass die Benutzer von Derivativen nun mit den wahren Kosten ihrer Tradings konfrontiert werden? Die Benutzer der Derivative werden m.a.W. nicht mehr vom US-Schatzamt subventioniert, wie Stephen Lubben in Credit Slips unterstreicht.

Euro-Krise: Wie Austerity Policy scheitert

Die Renditen von Staatsanleihen mit 2 Jahren Laufzeit aus Griechenland (24,45%), Irland (12,08%) und Portugal (11,74%) sind gestern laut Bloomberg aufgrund der zunehmenden Spekulationen, dass die hochverschuldeten Länder nicht in der Lage wären, eine Umstrukturierung zu vermeiden, auf neue Rekordwerte geklettert. Alle drei Länder sparen sich an Austerity Policy kaputt. Und die EZB unterstützt die fiskalischen Sparmassnahmen.

Ermutigt durch Deutschland haben einige dieser Länder in Schwierigkeiten versucht, die Anleihemärkte zu besänftigen, indem sie Staatsausgaben rücksichtslos gekürzt haben, schreiben Henry Farrell und John Quiggin in einer gerade vorgelegten Forschungsarbeit in Foreign Affairs („How to Save the Euro – and the EU“).


Griechenland Staatspapiere (2 Jahre) Rendite, Graph: Bloomberg.com

Dienstag, 26. April 2011

Operation Twist, QE1 und QE2

John F. Kennedy war im November 1960 gewählt und im Januar 1961 als Präsident eingeweiht. Die US-Wirtschaft steckte seit einigen Monaten in einer Rezession. Die neue US-Regierung und die Fed wollten tiefere Zinsen, um die schwache Konjunktur anzukurbeln. Allerdings steckte Europa nicht in einer Rezession und die europäischen Zinssätze lagen höher als die amerikanischen Zinsen. Unter dem Bretton-Woods-System der festen Wechselkurse versuchten Währungs-Arbitrageure US-Dollar in Gold umzuwandeln und den Erlös in höher verzinsliche Vermögenswerte in Europa anzulegen. Das Ergebnis war ein Abfluss von Gold aus den USA nach Europa in Höhe von mehreren Milliarden Dollar im Jahr. Die US-Regierung und die Fed waren angesichts der grossen Menge äusserst besorgt, wie Titan Alon und Erich Swanson in einer gestern vorgelegten Forschungsarbeit („Operation Twist and the Effect of Large-Scale Asset Purchases“) beschreiben.


Operation Twist versus Quantitative Easing, Graph: FRBSF Economic Letter, April 2011

Anstieg der Staatsausgaben und Fakten

John Taylor bemerkt in seinem Blog, dass sein jüngster Artikel („Obama’s Permanent Spending Binge“) in WSJ so viel Aufmerksamkeit bekommen habe, weil er die Fakten angesprochen habe. Seufz! Paul Krugman sagt dazu in seinem Blog, dass Taylor mit einer Zombie-Behauptung über eine enorme Expansion der Staatsausgaben unter Obama hausieren geht. Eine Möglichkeit, die Behauptung des Standford Wirtschaftsprofessors zu adressieren ist, zu fragen, wo die riesigen neuen Ausgabeprogramme sind? Das Affordable Care Act ist noch nicht angestossen worden. Die Stimulanz, wie es gedacht war, verschwindet langsam, argumentiert Krugman. Wo ist also die Überspannung der öffentlichen Hand?


US-Staatsausaben als Anteil am BIP und der Anstieg, wenn das BIP-Wachstum sich mit dem Tempo von 2000-2007 fortgesetzt hätte, Graph: Prof. Paul Krugman 

Wie schnell sich die Struktur der Wirtschaft ändert

Sind stichprobenartige Versuche ein wichtiger Teil der künftigen Wirtschaftsforschung? Wie sinnvoll und nützlich sind die Ergebnisse solcher Studien? Kann experimentelle Ökonomie sinnvoll und ausserhalb des Bereichs der Entwicklungsökonomie weitgehend angewandt werden? Das sind Fragen, die die britische Zeitschrift The Economist an eine Reihe von renommierten Ökonomen gestellt hat.

Mark Thoma antwortet auf die Frage, ob die Struktur der Wirtschaft sich schneller ändert als wir davon erfahren können, wie folgt: wie er kürzlich festgestellt habe, sei die Suche nach Antworten in Wirtschaftswissenschaften durch die Tatsache beschränkt, dass Ökonomie keine experimentelle Wissenschaft ist. „Im Gegensatz zu Disziplinen wie Physik können wir nicht ins Labor gehen und die Wirtschaft immer wieder unter verschiedenen Bedingungen laufen lassen, um z.B. die durchschnittliche Wirkung von Geld- und Fiskalpolitik oder die Wirkung einer Änderung der Körperschaftssteuer zu messen“, hält der an der University of Oregon lehrende Wirtschaftsprofessor fest.

Montag, 25. April 2011

Finanzkrise und der makroökonomische Rahmen

Will man die Finanzkrise makroökonomisch unter die Lupe nehmen, ist es unumgänglich, sich auf ein festes Modell abzustützen. In diesem Sinne fasst Paul Krugman in seinem Blog kurz zusammen, wie es um die Lage bestellt ist. Wir hatten einen Deleveraring-Schock (Schuldenabbau), der uns in eine Liquiditätsfalle geführt hat. Das ist eine Situation, in der die kurzfristigen Zinsen nahe Null liegen, sodass die herkömmliche Geldpolitik keine Zugkraft hat. Die Auswirkungen einer Liquiditätsfalle wurden von dem an der Princeton University lehrenden Wirtschaftsprofessor längst ausgetüftelt: In einer Liquiditätsfalle ist (a) selbst eine erhebliche Zunahme der monetären Basis (Notenbankgeldmenge) nicht inflationär und (b) selbst grosse Defizite im Haushalt der öffentlichen Hand treiben die Zinsen nicht hoch. 

Krugman stellt dazu die folgenden zwei anschaulichen Abbildungen zur Verfügung:


Die blaue Kurve: Konsumenten-Preisindex (CPI) und die rote Kurve: monetäre Basis, Graph: Fed St. Louis, FRED via Prof. Paul Krugman

Swaps und Kanalisationsrohre

Joe Nocera erzählt uns in einem lesenswerten Artikel („Sewers, Swaps and Bachus“) in NYT eine Geschichte über Jefferson County, Alabama. Die Kreisstadt ist Birmingham, deren Kongressabgeordneter Spencer Bachus ist. Der Republikaner ist der Vorsitzende des Ausschusses für die Aufsicht des gesamten Finanzdienstleistungssektors (House Financial Service Committee). Es war einmal, als viele Menschen Derivate wie glitzernde Innovationen mit magischen Kräften gegen Risiken sahen. Jefferson County wurde von der US-Umweltschutzbehörde (EPAaufgefordert, die Kanalisation des Landkreises aufzubessern. Das County hat darauf hin Anleihen im Wert von rund 3,2 Mrd. $ begeben, um die Erneuerung der Kanalisation zu finanzieren. Nachdem die Kanalisation fertig war, hat die regionale Verwaltungseinheit die Verzinsung der Schulden von festen auf variable Sätze umgestellt, weil einige Investmentbanker von JPMorgan das County überredet hatten, Derivate Kontrakte zu kaufen, und zwar in Form von Zinsswaps. Das würde dem County angeblich erlauben, die Zahlung von höheren Zinsen zu vermeiden.

Erwerbsquote: USA versus Europa

Es gibt eine Behauptung, die immer wieder aufgestellt wird, dass Europa sehr unter hohen Steuern leidet. Vor diesem Hintergrund liefert Paul Krugman in seinem Blog via Bob Gordon eine zweckdienliche Abbildung, die einen Vergleich zwischen den USA und Europa zeigt. Viele Leute haben ein Bild von Europa als eine wirtschaftliche Grube des Verderbens mit Millionen von Arbeitnehmern im Haupterwerbsalter, die dank dem Wohlfahrtsstaat untätig herumhocken. Und „da war etwas dran, um dieses Bild vor 15 Jahren. Aber die Dinge haben sich drüben gebessert, während sie sich hier verschlechterten“, beschreibt Krugman. Schon bevor die Great Recession einschlug, hatten die Menschen in der Blüte des Lebens auf beiden Seiten des Atlantiks ebenso gleiche Chance, angestellt zu werden, und an dieser Stelle hat Europa eine bessere Beschäftigungssituation im Haupterwerbsalter als die USA, beschreibt der an der Princeton University lehrende Wirtschaftsprofessor.


Erwerbsquote gemessen an Altersgruppen im Vergleich zwischen Europa-USA, Graph: Robert Gordon in: „Controversies about Work, Leisure, and Welfare in Europa and the United States“, January, 2010.

Sonntag, 24. April 2011

QE2-Politik: Was die Fed und das Schatzamt machen

(Wonkish)

Paul Krugman geht in seinem Blog auf Anfrage erneut auf die enttäuschenden Ergebnisse der mengenmässigen Lockerung der Geldpolitik (QE: quantitative easing) ein. Was er bemerkt, ist, dass die QE2 so umgesetzt worden ist, dass es keinen Grund gab, viel Zugkraft auf die Wirtschaft zu erwarten. Der einzige Kanal, durch den wir grosse Auswirkungen hätten haben können, ist via Erwartungen, hebt der an der Princeton University lehrende Wirtschaftsprofessor hervor. Und dieses Stück ist hauptsächlich geschehen, bevor die QE-Politik tatsächlich begann, beschreibt er. Was macht die Fed eigentlich? Die US-Notenbank druckt nicht Geld. Sie kauft weiter langfristige Staatspapiere auf, indem sie sie durch zusätzliche Bankreserven, die ja von der Fed selbst verzinst werden, bezahlt. In der Tat borgt sich die Fed das Geld kurzfristig und verleiht es langfristig.


US-Treasury Bonds, durchschnittliche Laufzeit der ausstehenden US-Staatspapiere, Graph: Prof. James Hamilton in: Econbrowser

Warum nach der Finanzkrise keine Führungskräfte angeklagt wurden

Gretchen Morgenson und Louise Story befassen sich in einem lesenswerten Beitrag („In Financial Crisis, No Prosecutions of Top Figures“) in NYT mit der Frage, die immer wieder quer durch Amerika gestellt wird, warum in der Zeit nach dem finanziellen Schlamassel, wo Hunderte von Milliarden an Verlusten erzeugt wurden, keine hochkarätige Teilnehmer in der Katastrophe strafrechtlich verfolgt worden sind. Die Beantwortung einer solchen Frage, was gleichwertig mit der Vermittlung ist, warum ein Hund gebellt hat, ist alles andere als einfach, bemerken die Journalisten. Ein privates Treffen Mitte Okober 2008 zwischen Tim Geithner, dem damaligen Präsidenten der Fed New York und Andrew Cuomo, dem damaligen Generalstaatsanwalt New Yorks veranschaulicht die Komplexität der Verfolgung der Rechtsfälle in einer Zeit der Panik, heben Morgenson und Story hervor.

Banken dürfen mit Geld der Steuerzahler nicht zocken

Die USA befinden sich im Prozess der Umsetzung der Dodd-Frank Wall Street Reform und des Verbraucherschutzgesetzes. In Grossbritannien hat die Vickers-Kommission in einem Zwischenbericht Empfehlungen im Hinblick auf die Umzäunung (ring-fence) von Retail-Geschäft und Investment-Banking Aktivitäten der Banken veröffentlicht. Der Vickers-Bericht ist ein Modell zur Klarheit und wenn die „ring-fence“-Vorschläge umgesetzt werden, werden sie greifen, bemerkt Roger E. A. Farmer in einem lesenswerten Beitrag („Don’t let banks gamble with taxpayer money“) in FT Forum. Es gibt aber bereits einen Druck von Lloyds, die Vorschläge der Zwischenberichts zu schwächen. Der Druck von Finanzinstituten für lasche Regulierung wird intensiver. Diesem Druck sollte entgegengesetzt werden, argumentiert Distinguished Professor an der University of California Los Angeles (UCLA).

Samstag, 23. April 2011

Interview: Prof. Roger Farmer, UCLA

Roger E. A. Farmer is Distinguished Professor and Chair of the Economics department at the University of California Los Angeles (UCLA).


Why do the ratings agencies whip sovereigns for deficits and debt in a weak economy, but not warn the big banks to fund their activities with excessive leverage?

The three principal ratings agencies, Moody’s, Standard and Poor’s and Fitch are profit-making enterprises. During the recent financial crisis all three of these agencies failed to recognize the risks involved in holding large portfolios of mortgage backed securities. It is certainly true that the investment banks profited from the securitization of risky loans that were rated AAA.  But I do not think that there was collusion or fraud involved.

The most likely explanation for the failure of the agencies to recognize the systemic risk involved with mortgage backed securities and credit default swaps is the pace of innovation in the derivatives markets. Analysts at the ratings agencies had a hard time keeping up.  The best and the brightest minds were not employed by the agencies.  They were busily involved in the process of inventing new and exotic securities. 

Why are the agencies now “whipping” sovereigns for deficits and debt.  There I think it’s a case of “once bitten twice shy”.

Zahlen nur reiche Leute Steuern?

Konservative Abgeordnete behaupten oft, dass die reichsten Amerikaner einen unverhältnismässig hohen Anteil an Steuern hätten, während eine grosse Zahl der Amerikaner mit niedrigem Einkommen überhaupt nichts zahle.

Die Behauptung, dass nur reiche Leute Steuern zahlen, ist natürlich eine Lüge, und zwar eine Zombie-Lüge, die immer wieder zurück kommt, egal, wie oft sie durch Beweise getötet wird, wie Paul Krugman es in seinem Blog beschreibt. Es ist richtig, dass die Leute mit Spitzeneinkommen den Grossteil der Bundes-Einkommenssteuer aufbringen. Aber das ist nicht die einzige Steuer. Und während die Einkommenssteuer recht progressiv ist, ist die Lohnsteuer (das ist die andere grosse Bundessteuer) nicht und die Landes- und Kommunalsteuern sind stark regressiv.

Krugman macht in diesem Zusammenhang auf die folgende Abbildung von Citizens for Tax Justice („Bürger für Steuergerechtigkeit“) aufmerksam, in der alle Steuern, Bundes, Landes- und Gemeinde-Steuern zusammengefasst sind:


Blauer Balken: Gesamteinkommen, Grauer Balken: Gesamtsteuern, GraphCitizens for Tax Justice via Prof. Paul Krugman
Anteile an der Gesamtmenge der Steuern, die von jeder Einkommensgruppe bezahlt wurden, waren ähnlich, was ihre Anteile am Gesamteinkommen 2010 betrifft.

Freitag, 22. April 2011

Patienten sind nicht Verbraucher

Die Republikaner im Repräsentantenhaus wollen Medicare (staatlicher Gesundheitsdienst für Rentner über 65) mit Gutscheinen (Vouchers), die von privaten Versicherungen angewendet werden können, ersetzen. Die USA sollen sich auf Senioren und Versicherungen verlassen, dass sie das Kind schon schaukeln. Die republikanischen Politiker behaupten, dass sich damit der Gesundheitsversorgung das Wunder der „Wahlfreiheit der Verbraucher“ öffnen würde. 

Was ist aber falsch mit dieser Idee, abgesehen von dem vollkommen unzureichenden Wert der Gutscheine? Eine Antwort ist, dass es nicht funktionieren würde, schreibt Paul Krugman (“Patients Are Not Consumers”) in seiner lesenswerten Freitagskolumne in NYT. Verbraucher-basierte Medizin war überall, wo es versucht wurde, eine Pleite, legt Krugman dar. Aber die Tatsache, dass die Republikaner fordern, dass wir buchstäblich unsere Gesundheit, ja auch unser Leben einsetzen, was auf einem bereits gescheiterten Ansatz basiert, ist nur ein Teil dessen, was hier falsch ist, beschreibt der Träger des Wirtschaftsnobelpreises (2008): mit der ganzen Vorstellung „Patient als Verbraucher“ ist etwas schreckliches falsch.

Spannungsfeld Finanzsystem und Demokratie

Robert Skidelsky befasst sich in einem lesenswerten Essay („Democracy or Finance“) in Project Syndicate mit den wirtschaftlichen und menschlichen Kosten des Defizitabbaus in einer schwachen Wirtschaft. Die angestrebten Ziele werden nicht erreicht, weil die Ausgabenkürzungen auch die Einnahmen des Staates erodieren, weil die Gesamtnachfrage sinkt, hält der Professor Emeritus für Nationalökonomie an der Warwick University fest. Die „Beseitigung des Defizits“ bedeutet ganz einfach die Beseitigung zahlreicher Arbeitsplätze sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor, beschreibt das Mitglied des britischen Oberhauses. „Die Wut der Menschen über Ausgabenkürzungen auf Geheiss der Spekulanten und Banker hat bereits zum Sturz der Regierungschef in Irland und Portugal geführt und zwingt den spanischen Premierminister zum Rückzug“, legt Skidelsky dar. Der Autor zeigt anhand der wohlbekannten Taktik („shorten“) der Spekulanten, wie Leerverkäufer heute Staaten in die Knie zwingen und im Spannungsfeld die Demokratie blockieren.

Inflation in China und Auswirkungen auf die US-Wirtschaft

(Wonkish)

Die Vorzeichen aus China, was den Preisdruck betrifft, sind bedrohlich, bemerkt Menzie Chinn in einem lesenswerten Beitrag in seinem Blog und präsentiert die folgende Abbildung. Der an der University of Wisconsin, Madison lehrende Wirtschaftsprofessor findet aber die Schlagzeilen wie „Die Inflation in China stellt grosse Gefahr für den Welthandel dar“ ein wenig übertrieben. Er hält es für sinnvoll, die Effekte zu trennen. Zunächst die Möglichkeit einer importierten Inflation aus China in die USA. Wie in der zweiten Abbildung zu sehen ist, steigen die Importpreise aus China.


China Inflation (annualisiert), die blaue Kurve: Erzeugerpreisindex (PPI) und die rote Kurve: Konsumentenpreisindex (CPI), Daten: IWF, Graph: Prof. Menzie Chinn in Econbrowser

Donnerstag, 21. April 2011

Inflation in China und weltweite Ersparnisschwemme

(Wonkish)

Die Beschwerden über die US-Geldpolitik v.a. aus dem Munde der Politiker in den sog. Emerging Markets werden in letzter Zeit skurriler, wobei es zu betonen gilt, dass die aufstrebenden Volkswirtschaften sich gleichzeitig weigern, ihre Landeswährungen aufwerten zu lassen. Das führt zu einer Forderung, dass Deflation in den Industrieländern die Lösung ist. Dieser Forderung soll keine Beachtung geschenkt werden, bemerkt Paul Krugman in seinem Blog. Und die Unternehmen, die auf niedrige Kosten in China setzen, und ihre Entscheidungen auf die Annahme abstützen, dass der Renminbi für immer unterbewertet bleibt, seien gewarnt, hebt Krugman hervor. Der Anstieg der Inflation in China sorgt für Schlagzeilen in den Industrieländern. Aber es ist zu bedenken, dass dies im Wesentlichen ein reales, nicht ein monetäres Problem ist, hält der an der Princeton University lehrende Wirtschaftsprofessor fest. Die Loanable Funds Theorie (loanable funds model) bietet dafür die Grundlage, das Wesentliche zu verstehen.


Zinssatz, Geldangebot und Geldnachfrage, Graph: Prof. Paul Krugman in seinem Blog

Armselige Ratingagentur

Brad DeLong befasst sich in einem lesenswerten Essay („S&P aims to whip Congress into debt action“) in FT mit der Ankündigung einer möglichen Herabstufung der Kreditwürdigkeit der USA durch die Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P). „Die Aktienkurse sind um mehr als 1,5% abgesackt. Aber der Dollar hat sich nicht abgeschwächt. Und die Renditen der US-Treasury Bonds sind nicht gestiegen“, beschreibt der an der University of California, Berkeley lehrende Wirtschaftsprofessor. Die Märkte gehen seiner Ansicht nach davon aus, dass der S&P-Schritt wichtig ist, nicht weil damit etwas Neues über die Wirtschaft verkündet wird, sondern wegen der politischen Auswirkungen in Washington. Worum geht es also? Eine Herabstufung der Kreditwürdigkeit eines Staates bedeutet, dass die Staatsfinanzierung wackeliger wird, legt DeLong dar. Dies bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit einer Inflation steigt, während der künftige Wert des nominalen Wechselkurses abnehmen würde, mit der Möglichkeit, dass die Gläubiger ihre Gelder in der Form und zum Zeitpunkt, wie sie sich vergegenwärtigen, nicht zurück bekämen, so DeLong.

Ist US-Geldpolitik Hooliganismus?

Der russische Regierungschef Wladimir Putin hat laut WSJ die expansive Geldpolitik der USA als „Hooliganismus“ bezeichnet: „Schauen Sie ihre Handelsbilanz, Verschuldung und den Haushalt an. Sie drehen an der Druckmaschine und überschwemmen den gesamten Dollar-Raum, m.a.W. die ganze Welt mit Staatsanleihen. Es gibt keinen Weg, dass wir auf diese Weise jederzeit schnell handeln. Wir haben nicht den Luxus wie Hooliganismus“, soll Putin gesagt haben. Was ist davon zu halten? Mark Thoma vermutet, dass es sich dabei um so etwas wie „die beste Verteidigung ist ein guter Angriff“ handelt. Aber das Grundproblem ist nicht das Verhalten der Geldpolitiker in den USA, bemerkt der an der Universitiy of Oregon lehrende Wirtschaftsprofessor in einem lesenswerten Beitrag in CBS Money Watch. Obwohl er damit nicht einverstanden ist, dass die Geldpolitik für den kräftigen Anstieg der Rohstoffpreise verantwortlich ist, wie z.B. San Francisco Fed argumentiert, ist es so, dass Russland davon profitiert, wenn es wahr ist, schildert Thoma.

Mittwoch, 20. April 2011

Der umgekehrte Robin-Hood-Haushalt

Alan Blinder erklärt in einem lesenswerten Artikel („Paul Ryan’s Reserve Robin Hood Budget“) in WSJ, warum er Paul Ryans vergangene Woche präsentierten Plan zur Reduzierung des Haushaltsdefizits widerspricht: (1) Der Plan droht Medicare durch Privatisierung mit Vouchers (Gutschein) auszuhöhlen, was ohne eine Art von Kosten-Kontrolle weiter hinter den steigenden Kosten der Krankenversicherung fallen würde. Und um das Wunder noch weniger wahrscheinlich zu machen, beabsichtigen die Republikaner im Kongress das im Vorjahr verabschiedete Gesundheitsreform-Gesetz aufzuheben. (2) Die Republikaner im Kongress wollen Medicaid zu einem „block grant“ machen, und sie überlassen das Ganze unterfinanziert 50 Bundesstaaten zum Veranschlagen.

Wer sind Gläubiger Griechenlands Staatsanleihen?

Die Spekulation um eine bevorstehende Umschuldung Griechenlands treibt die Märkte um. Während die Renditen fast wöchentlich auf neue Rekordwerte klettern, schiessen die Prämien für die Kreditausfallderivate (CDS) durch die Decke. Doch wo genau liegen Griechenlands Staatsanleihen? In einem gestern vorgelegten Research Paper zeigen die Analysten von Morgan Stanley, dass die Inhaberschaft der griechischen Staatsanleihen zwischen inländischen und „offiziellen“ (EZB, EU und IWF) Investoren stark verteilt sind. Zur Erinnerung: Das aktuelle Hilfepaket von EU und IWF sorgt für die Finanzierung Griechenlands im laufenden Jahr.


Griechische Staatsanleihen: Exposition (Beträge in Mrd. Euro), Graph: Andrew Sheets, Morgan Stanley

Was passiert, wenn QE2 zu Ende geht?

(Wonkish)

Die Fed wird noch bis zum Juni US-Staatsanleihen kaufen. Was passiert aber, wenn das QE2 (quantitative easing, d.h. mengenmässige Lockerung der Geldpolitik) genannte Aufkaufprogramm im Volumen von 600 Mrd. $ dann zu Ende geht? Nach der gängiger Lesart würden die Renditen kräftig zulegen. Bill Gross, CEO von PIMCO, dem weltweit grössten Rentenfonds ist nach eigenen Angaben aus diesem Grund aus den US-Treasury Bonds ausgestiegen, weil er mit einem Anstieg der Renditen rechnet. Wie realistisch ist aber diese Erwartung? Vor allem, auf welches theoretisches Modell stützt sie sich ab? Paul Krugman argumentiert in seinem Blog auf Basis eines „Stock Equilibrium Framework“ nach Tobin, dass Menschen eine Portfolio-Auswahl treffen, indem sie das Vermögen unter Anleihen, Aktien usw. aufteilen. Die Preise von Vermögenswerten (einschliesslich des berühmten „q“) steigen und fallen, um die Portfolio-Auswahl mit den aktuellen Vermögenswerten in Übereinstimmung zu bringen. Demnach sind Asset-Käufe entscheidend, weil sie mit der Zeit die Bestände an verfügbaren Aktiva ändern. Die Fed hat beispielsweise mit dem Aufkauf von langfristigen Staatspapieren einen Teil der Assets aus dem Markt genommen und auf diese Weise die Preise der Assets in die Höhe getrieben, was zu einem Rückgang der Renditen führte. Der Fluss (Höhe der Käufe) ist nur zu einem gewissen Mass entscheidend, dass es auf die erwarteten Erträge in Zukunft auswirkt, erklärt Krugman.

Dienstag, 19. April 2011

Euro-Banknoten und Greshamsches Gesetz

Ist ein Euro in einer irischen Bank in Dublin oder in einer portugiesischen Bank in Lissabon so sicher wie ein Euro in einer deutschen Bank in Berlin? Das ist die Frage, die Tyler Cowen in einem Artikel („Euro vs. Invasion of the Zombie Banks“) in NYT am vergangenen Sonntag aufgeworfen hat. Die scheinbar einfache Frage ist der Schlüssel zum Verständnis, warum die Eurozone sich abspalten und eine neue Finanzkrise hervorbringen kann, bemerkt der an der George Mason University lehrende Wirtschaftsprofessor. In Irland gab es einen „silent Bank-Run“ (stillen Ansturm auf Banken) auf die Finanzinstitute für einen Grossteil im vergangenen Jahr, schildert Cowen. Im Februar seien beispielsweise die Einlagen der irischen Privatwirtschaft mit einer jährlichen Rate von 9,8% gesunken, weil einige Anleger das Engagement der irischen Regierung am Euro bezweifeln, legt Cowen dar. Die Anleger befürchten, eines Morgens aufzustehen und gegenüber eingefrorenen Konten gegenüberzusehen, wobei ihre Euro-Einlagen in eine weniger wertvolle neue irische Währung umgewandelt würden. Cowens Schilderung erinnert David Beckworth an eine von Telegraph im Juni 2008 vorgetragene Geschichte, wonach die Deutschen die Euro-Banknoten aus Deutschland horten und die Euro-Scheine aus Südeuropa abladen.

Staatsausgaben und Staatsverschuldung

Eine hohe Staatsquote bedeutet nicht notwendigerweise schwere Staatsverschuldung, schreibt Lane Kenworthy in seinem Blog. Ebenso wenig garantieren niedrige Staatsausgaben niedrige Verschuldung. Das Verschuldungsniveau ist eine Funktion der Staatsausgaben und Staatseinnahmen und des Wirtschaftswachstums, erklärt der an der University of Arizona lehrende Professor für Soziologie und Politikwissenschaften.


Staat Netto-Verschuldung im Jahr 2010 durch die Staatsausgaben in den beiden vorherigen Jahrzehnten, Graph: Prof. Lane Kenworthy in: Consider the Evidence

Montag, 18. April 2011

Ratingagentur und Bond Vigilantes

Mark Thoma befasst sich in einem lesenswerten kurzen Beitrag („The S&P’s Negative Outlook for US Debt“) in CBS Money Watch mit dem Thema des Tages: Die Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) hat den Ausblick für US-Staatsanleihen auf „negativ“ gesenkt. S&P Urteil beruht laut Thoma hauptsächlich auf der Angst, dass politischer Stillstand eine Lösung für das Schuldenproblem verhindern werde. Doch die Stimmung „keine grosse Sache“ scheint dem an der University of Oregon lehrenden Wirtschaftsprofessor korrekt zu sein. Er ist aber über die Einzelheiten der langfristigen Schuldenproblematik (die meisten Kosten der Finanzierungslücke) besorgt. So oder so wird der politische Prozess aber mit dem Problem umgehen, beschreibt Thoma weiter. Er erinnert daran, dass die US-Schulden ein Versprechen darstellen, Dollars zu zahlen. Die USA können so viel Dollars drucken, wie sie wollen. Das könnte Inflationsdruck erzeugen. Und die Inflation kann den realen Wert der Zahlungen für Anleihen untergraben und andere Probleme verursachen. Das ist aber technisch gesehen kein „default“ (Zahlungsausfall).


Japan Staatsanleihen (Rendite), Graph: Prof. Paul Krugman

S&P senkt Rating-Ausblick für die USA auf negativ

Die Ratingagentur Standard & Poor’s hat heute das Länder-Rating „AAA“ für die USA bestätigt. Die Wirtschaft der USA ist flexibel und stark diversifiziert, teilt die S&P in ihrem Nachmittag vorgelegten Research Update. „Die tatsächliche Geldpolitik des Landes hat das Wirtschaftswachstum gefördert, während der eingedämmte Inflationsdruck und eine anhaltende, weltweite Vorliebe für den US-Dollar gegenüber allen anderen Währungen dem Land einzigartige externe Liquditität gewähren“, legt die Ratingagentur dar.

„Weil die USA im Vergleich zu gleichrangigen Staaten sehr grosse Haushaltsdefizite und steigende Staatsverschuldung haben und der Weg zur Bewältigung für uns nicht klar ist, haben wir unseren Ausblick für das langfristige Rating von „stabil“ auf „negativ“ überarbeitet“, lautet die Begründung der S&P.

Brent und WTI: Spread zwischen zwei Ölsorten

Der WTI-Preis lag zwar vergleichsweise etwas niedrig, aber es gab in den vergangenen Jahren kaum Preisunterschiede zwischen den wichtigsten Ölsorten North Sea Brent (Europa) und WTI (USA, Cushing, Oklahoma). Doch seit Ende Januar 2011 ist der Spread auf 10-15$ angestiegen. Die neue Lücke rührt im Wesentlichen aus einer geographischen Differenz zwischen dem Preis für Öl in den Zentral USA und dem Preis, der an der Küste der USA und anderswo auf der Welt bezahlt wird, her, erklärt James Hamilton in seinem Blog. Chevron beispielsweise bietet derzeit 123,25$ für ein Barrel Light Sweet Louisiana, d.h. 17$ mehr als Oklahoma Sweet. Vor einem Jahr betrug die Preisdifferenz nur 3$. Diese Lücke bedeutet, dass die US-Raffinerien an der Küste einen enormen Aufschlag zahlen, um importiertes Öl zu kaufen, während es viele inländische Hersteller gibt, die das Produkt ihnen gern zu einem erheblich niedrigen Preis verkaufen würden. Der niedrigere Preis am Knotenpunkt Oklahoma resultiert zum Teil durch den Druck der neuen Lieferanten aus North Dakota und Canada. Aber es ist dennoch rätselhaft, woher die Verletzung des Law of One Price (wonach jede Arbitrage auf dem ökonomischen „Gesetz des einheitlichen Preises“ beruht) kommt, betont der an der University of California, San Diego lehrende Wirtschaftsprofessor.


Spread zwischen Brent und WTI, Graph: Prof. James Hamilton, in: Econbrowser.

Sonntag, 17. April 2011

Warum Rendite der 10jährigen US-Staatsanleihen steigt

Die Rendite der US-Treasury Bonds mit 10 Jahren Laufzeit ist in den vergangenen Wochen etwas angestiegen. Nach gängiger Lesart tragen steigende Inflationserwartungen und das bevorstehende Ende der QE2-Politik dazu bei. Der Anstieg der Renditen hat aber derzeit mit Inflationserwartungen nichts zu tun, schreibt Jim Caron in seinem am Freitag vorgelegten Research Paper. Verantwortlich dafür sind die Erwartungen im Hinblick auf die kurzfristigen Zinssätze, unterstreicht der Leiter des Teams für Zinsmärkte bei Morgan Stanley. Caron begründet seine Argumentation mit der Stützung auf das Fair-Value Modell für 10jährige Treasury-Renditen. Das Modell wird von der Preisgestaltung der Fed-Funds-Erwartungen am Markt und der lang- und kurzfristigen Inflationserwartungen hergeleitet. Das Ergebnis ist, dass die steigenden Erwartungen im Hinblick auf die kurzfristigen Zinssätze für den Anstieg der Renditen der US-Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit verantwortlich sind.


Fair-Value Modell für US-Treasury Rendite (10 Jahre), Graph: Jim Caron, Morgan Stanley

Schweiz: Erwerbsquote

Die Erwerbsquote zeigt den Anteil der Erwerbspersonen an der Wohnbevölkerung. Mit der Kennzahl wird die Fähigkeit der Wirtschaft zur Schaffung von Arbeitsplätzen bewertet. Nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand sieht die Schweiz in dieser Hinsicht viel besser als die USA aus.


Schweiz Brutto-Erwerbsquote, Graph: Acemaxx Analytics, Daten: SECO

Die Bruttoerwerbsquote zeigt den Anteil der Erwerbspersonen an der Gesamtheit der Wohnbevölkerung.


Samstag, 16. April 2011

US-Inflationsdaten im März 2011

Die Kerninflation ist zwar etwas angestiegen, aber die um die schwankungsanfälligen Energie- und Nahrungsmittelpreise bereinigte Teuerung verläuft im historischen Vergleich weiterhin niedrig, zumindest unterhalb der Zielwerte der Fed. Die mangelnde gesamtwirtschaftliche Nachfrage lastet noch immer auf der Konjunktur, wie die hohe Arbeitslosigkeit darauf hindeutet.

Der Median CPI (Median Konsumenten-Preisindex) stieg im März nach den gestern vorgelegten Angaben der Fed nur geringfügig um 0,1% (Jahresrate: 1,6%). Der 16%-Trimmed Mittelwert legte im vergangenen Monat um 0,2% (Jahresrate: 3,0%) zu.

Bei Median CPI und 16%-Trimmed Mean CPI handelt es sich um Messgrössen der Kerninflation. Die Daten der Fed Cleveland beruhen auf Inflationswerte, die von Bureau of Labor Statistics (BLS) monatlich veröffentlicht werden.


US-Kerninflation, Graph: economix, NYT