Montag, 21. Mai 2012

Abzockerei mit Staatsgarantie

Manchmal ist es schwer, zu erklären, warum wir eine starke Regulierung brauchen, insbesondere in einer Zeit mit pro-Business und pro-Markt-Propaganda. Wir sollten also immer dankbar sein, wenn jemand Gründe für die Regulierung liefert, welche überzeugend und leichter zu verstehen sind, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Dimon’s Déjà Vu Debacle“) am Montag in NY Times.

Und diese Woche gibt es ein spezielles Dankeschön an zwei Männer: Jamie Dimon und Mitt Romney.

Der republikanische Präsidentschaftskandidat hat mit Bezug auf den Verlust von 2 Mrd. $ bei JP Morgan gesagt, dass es sich dabei um einen Verlust für die Aktionäre und Eigentümer von JP Morgan handele. Es sei die Art und Weise, wie Amerika funktioniere: einige Menschen erleben wegen einer schlechten Entscheidung einen Verlust. Im Übrigen habe es jemanden gegeben, der einen Gewinn gemacht habe.

Was stimmt aber mit dieser Aussage nicht? Man stelle sich vor, dass dieser jemand (z.B. Jimmy Stewart aus dem FilmIt’s a Wonderful Life“) eine Bank führt, die Einlagen entgegennimmt und das Geld auf verschiedene Weise investiert. Und man stelle sich weiter vor, dass eine dieser Investitionen eine riskante Wette  mit einem komplexen Finanzinstrument beinhaltet, wobei die Gegenpartei Mr. Potter, ein böser Plutokrat ist.

Wenn Jimmy Stewarts Wette aufgeht, dann sind wir in der Welt von Romney, weil er Geld verdient und Mr. Potter Geld verloren hat. Und das war‘s! Aber wenn Jimmy Stewarts Wette fehlschlägt, wenn die Wette z.B. gross genug war, und er nicht mehr über genügend Vermögenswerte verfügt, um die Einlagen zurückzuzahlen, dann bricht seine Bank zusammen und es kommt wahrscheinlich zu einem Bankrun, was die gesamte Wirtschaft als Kollateralschaden niederreisst. Mr. Potter hat Geld daran verdient, aber was soll’s?

Der Punkt ist, dass es für die Banken nicht in Ordnung ist, die Art von Risiken einzugehen, welche für die Einzelnen akzeptabel sind, weil, wenn die Banken zu hohe Risiken eingehen, die ganze Wirtschaft aufs Spiel setzen, es sei denn, sie können sich darauf verlassen, gerettet zu werden (bail-out). Und die Aussicht auf eine solche Rettungsaktion unterstützt das Argument, dass Banken nicht gestattet werden soll, Amok zu laufen, da sie in der Tat mit dem Geld der Steuerzahler Glückspiel spielen, unterstreicht der Träger des Wirtschaftsnobelpreises.

Übrigens, wie ist es möglich, dass Romney das alles nicht versteht? Seine ganze Kandidatur beruht auf der Behauptung, dass seine Erfahrung das Geld aus angeschlagenen Unternehmen zu extrahieren bedeute, dass er wisse, wie die Wirtschaftspolitik zu machen ist. Doch wann immer auch er über die Wirtschaftspolitik spricht, fällt es auf, dass er völlig ahnungslos ist.

Wie auch immer ist es selbstverständlich, dass Jamie Dimon nicht Jimmy Stewart ist. Aber er spielt sich im TV als Jimmy Stewart auf, als einen verantwortungsvollen Banker, der sich mit dem Risikomanagement auskennt und daher der Vorreiter an Wall Street ist, um jede Verschärfung der Regulierung trotz des immensen Schadens, den die unregulierten Banken der Wirtschaft bereits zugefügt haben, zu blockieren. Was Dimon sagt, ist, „vertrauen Sie uns, wir haben das alles abgedeckt und es wird nicht wieder vorkommen“.

Nun kommt die Wahrheit heraus: Der Multimilliarden-Dollar-Verlust war kein isoliertes Ereignis. Es war ein Unfall, der nur darauf hinaus war, stattzufinden.

Krugman fasst als Fazit zusammen, dass JP Morgan als eine Too-big-to-fail Bank, wobei die Einlagen durch die Steuerzahler unter Garantie stehen, sich auf solche spekulative Investitionen überhaupt nicht einlassen soll. Und deswegen bedarf es einer viel strengeren Regulierung der Finanzmärkte, sogar noch stärker als Dodd-Frank-Gesetzgebung aus dem Jahr 2010.

Keine Kommentare: