Donnerstag, 18. Oktober 2012

Wie Polemik der Wirtschaft schadet


Konservative Ökonomen wie z.B. Michael Bordo (Rutgers) und John B. Taylor (Stanford) behaupten, dass die US-Wirtschaft sich gemessen am Standard von vergangenen Rezessionen in Amerika viel stärker hätte erholen sollen.

Glenn Hubbard und Kevin Hassett, die Mitt Romney, den Präsidentschaftskandidaten der Republikanischen Partei beraten, prangen Obama an, mit einem fehlgeleiteten kurzfristigen Konjunkturprogramm (fiscal stimulus) dazu beigetragen zu haben, dass das Wirtschaftswachstum in den USA unter dem langfristigen Trend verlaufe.

Eine mehr leuchtende Frage ist, wie NY Times berichtet, ob die USA im Sog  der globalen finanziellen Katastrophe im Vergleich zu anderen Ländern besser abgeschnitten hätten? Gemessen an dem Standard hat sich das Wirtschaftswachstum in den USA überraschend besser entwickelt.

Einige andere Industrieländer wie z.B. Kanada (keine Bankenkrise), Australien (ein grosser Exporteur von Rohstoffen) und Norwegen (Öl-Exporteur) sind schneller gewachsen als die USA. Aber die US-Wirtschaft hat sich schneller erholt als Japan, Neuseeland, Dänemark und Grossbritannien.

Der einzige entscheidende Bereich, wo die USA schlechter abgeschnitten haben als vergleichbare Länder, ist der Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosigkeit ist in Spanien und Griechenland auf Rekordhöhen geklettert. Aber viele europäische Länder haben die Beschäftigung besser gehandhabt. In Österreich, Deutschland und Belgien wurden Unternehmen von der Regierung unterstützt, die Arbeitnehmer auf Kurzarbeit zu stellen, anstatt zu entlassen. Schweden hat Löhne subventioniert.


BIP pro Kopf (2007-2011), Graph: Carmen Reinhart und Kenneth Rogoff in: “This Time is Different, Again? The United States Five Years after the Onset of Subprime”, Oct 14, 2012

Doch die Kritiker des Präsidenten legen nicht nahe, dass die Regierung Löhne hätte subventionieren und die Arbeit im öffentlichen Sektor finanzieren sollen. Sie bejubeln vielmehr Haushaltskonsolidierung à la EU, wobei es offensichtlich ist, dass die Kürzung der Staatsausgaben im Euro-Raum eine grosse Rolle gespielt hat, das Wirtschaftswachstum in Europa zu vereiteln.

Die Republikaner, die 2010 die Kontrolle über das Repräsentantenhaus übernahmen, argumentieren, dass Konjunkturpaket Verschwendung bedeute und kontraproduktiv sei. Und sie drängen auf Austerität wie von Deutschland besessen gefordert wird.

Was sagen Carmen Reinhart und Kenneth Rogoff, die die Finanzkrisen und ihre Folgen analysiert und in einem lesenswerten Buch („This Time Is Different“) vorgelegt haben? Vergleiche von Hubbard und Bordo stellen grosse Missdeutung von Fakten dar und sind m.a.W. Fehlinterpretation. Autsch! Diese Aussage ist insofern wichtig, als die Kritiker von Obama sich gern auf Reinhart und Rogoff beziehen, um ihre polemische Argumentation gegen die gegenwärtige US-Regierung zu rechtfertigen.

Es ist in der Tat eine falsche Auslegung, weil die zitierten Obama-Gegner relativ milde Rezessionen mit tiefen Finanzkrisen, die das Bankensystem in die Luft sprengten, vergleichen (bzw. verwechseln). Erholung von schweren Finanzkrisen ist schmerzhaft träge und schwierig, halten Reinhart und Rogoff fest.

Die jüngste US-Finanzkrise scheint dem allgemeinen Muster einer Erholung von einer schweren Finanzkrise zu entsprechen. Wenn man v.a. US-Output pro Kopf und die Performance in Bezug auf die Beschäftigung mit anderen Ländern, die systemische Finanzkrisen erlitten haben, vergleicht, dann ergibt sich, dass die US-Performance besser ist als der Durchschnitt, unterstreichen Reinhart und Rogoff in einem weiteren Artikel („Sorry, US Recoveries Really Aren’t Different“) in Bloomberg

Es ist ein weiteres Beispiel dafür, wie Politisierung der Wirtschaft schadet, bemerkt Paul Krugman in seinem Blog. Der Lehrsatz, dass Finanzkrisen makroökonomische Ergebnisse ändern können, ist sicherlich eines der Dinge, was man in den letzten Jahren gelernt hat. Doch es gibt bekannte Ökonomen, die sich weigern ,darauf zu hören, und irreführende Studien veröffentlichen. 

Es ist erstens ein ganz besonderes Kriterium, nur auf den Verlauf der Erholung in der Talsohle im ersten Jahr zu blicken, wie Taylor es tut. Prof. Taylor bezieht sich nämlich lediglich auf das erste Jahr der Erholung. Zweitens ist es unglaubwürdig, dass Taylor die Krisen von 1973 und 1981 als „Finanzkrisen“ bezeichnet, wobei es sich dabei tatsächlich um „disinflation recessions“ handelt, die mehr oder weniger durch die Fed verursacht worden sind, wie Krugman schildert.

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