Freitag, 1. März 2013

Ben Bernanke als Hippie


Paul Krugman erinnert in seiner lesenswerten Kolumne (“Ben Bernanke, Hippie)” am Freitag in NYTimes an den Auftakt des Irak Krieges.

Es schien damals keine Rolle zu spielen, welche Beweise durch die Kritik vor dem Ansturm auf den Krieg vorgetragen wurde: Wer gegen den Krieg war, stand als ein törichter Hippie da. Bemerkenswert ist, dass diese Beurteilung sich nicht geändert hat, auch nicht nachdem sich alles, was die Kritiker vorhergesagt hatten, als wahr erwies, beschreibt Krugman.

Und noch deutlicher hat sich eine sehr ähnliche Geschichte in den letzten drei Jahren abgespielt; diesmal über die Wirtschaftspolitik. Die wichtigen Leute sagten vor drei Jahren, dass die Fiscal Austerity die richtige Antwort auf eine durch die von ausser Kontrolle geratenen Bankers verursachten Wirtschaftskrise ist, welche angeblich eine unmittelbar drohende Gefahr aus dem Haushaltsdefizit darstelle, genau wie die Rolle, die die angeblichen Massenvernichtungswaffen von Saddam damals für den Krieg im Irak gespielt hatten.

Heute, wie damals, schien dieser Konsens undurchdringlich im Hinblick auf die Gegenargumente, unabhängig davon, wie wohlbegründet die Beweise sind.  

Die Kritiker des Konsenses werden dennoch als törichte Hippies betrachtet, auch wenn ihre Vorhersagen über Zinssätze, Inflation und die schweren Auswirkungen der Austeritätspolitik sich bewahrheiteten. Die rhetorische Frage, die Krugman jetzt stellt, ist, ob es nun einen Unterschied macht, dass Ben Bernanke sich auch in die Reihe von Hippies aufschliesst?

Was Bernanke zu Beginn dieser Woche in seiner Anhörung vor dem Haushaltsausschuss des Senats gesagt hat, sollte von jedem in Washington zur Kenntnis genommen werden. Der Fed-Vorsitzende hat deutlicher und nachdrücklicher als je zuvor über die Fiskalpolitik gesprochen, dass die Besessenheit von Beltway von Haushaltsdefizit (übersetzt in Klartext) ein schrecklicher Fehler ist.

Erstens hat Bernanke gesagt, dass das Bild des Haushalts auf mittlere Sicht einfach nicht beängstigend ist: „Die Staatsverschuldung dürfte während des gegenwärtigen Jahrzehnts auf rund 75% des BIP verbleiben“.

Dann argumentierte Bernanke über den Zustand der Wirtschaft, dass wir derzeit zu wenig Geld ausgeben, nicht zu viel: „Die kurzfristigen Änderungen des Haushaltsplans könnten einen erheblichen Gegenwind für die Erholung der Wirtschaft schaffen“.

Schliesslich legte Bernanke nahe, dass die Austerität in einer schwer angeschlagenen Wirtschaft kontraproduktiv ist: „Eine schwache Erholung der Wirtschaft hätte weniger Abbau des Defizits zur Folge“.

Also: Das Defizit stellt keine unmittelbare Gefahr dar. Ausgabenkürzungen in einer schwer angeschlagenen Wirtschaft sind eine schreckliche Idee und vorzeitige Austerität macht in fiskalpolitischer Hinsicht keinen Sinn. Regelmässige Leser von Krugman dürften mit diesen Propositionen vertraut sein. Denn es handelt sich um Argumente, die von Krugman und anderen progressiven Ökonomen seit langem vorgetragen werden. Aber sie gelten alle als verantwortungslose Hippies. Ist Bernanke nun auch einer davon? Immerhin trägt der Fed-Chef auch einen Bart.

Der Punkt ist nicht, dass Bernanke eine unbestechliche Quelle der Weisheit ist. Man kann nur hoffen, so Krugman, dass der Einsturz von Greenspans Ruf in die Praxis der Vergötterung des Fed-Vorsitzenden ein Ende bringt. Bernanke ist ein feiner Ökonom, aber nicht mehr als Joseph Stiglitz, dessen lautstarke Kritik an Besessenheit von Haushaltsdefizit dennoch ignoriert wurde. Nein. Der Punkt ist, dass Bernankes Abtrünnigkeit helfen kann, die Argumentation von Autorität zu untergraben, was es so schwer gemacht hat, die Besessenheit der Elite von Haushaltsdefizit abzuschütteln.

Ein fehlgeleiteter elitärer Konsens hat in einen wirtschaftlichen Schlamassel geführt. Und es ist nun Zeit, daraus zu kommen, hält Krugman als Fazit fest.

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