Samstag, 7. Juni 2014

EZB und Verwendung der Liquidität im Euro-Raum

Die Entscheidung der EZB, die Zinsen weiter zu senken, war sicherlich richtig. Es bleibt jedoch ein grosses Fragezeichen, ob die Euro-Krise dadurch überwunden werden kann.

Die EZB hat auf der Pressekonferenz nach der aktuellen Zinsentscheidung u.a. auch eine weitere Runde langfristiger Refinanzierungsprogramme (LTRO) angekündigt: Targeted LTRO (kurz T-LTRO). Die Laufzeit beträgt vier Jahre und der Zinssatz ist tiefer gesetzt als bei vorhergehenden LTROs. Es ist aber ein offenes Geheimnis, dass die Banken im Euro-Raum seit fast zwei Jahren die früheren LTROs zurückzahlen.

Es sieht demnach so aus, als ob der Euro-Raum heute nicht mehr unter Liquiditätsknappheit leiden würde. Die Tatsache ist andererseits, dass die EZB das Ziel der Preisstabilität verfehlt hat. Die EZB unterläuft das in der EWU gemeinsam festgelegte Inflationsziel von nahe 2% auf mittlere Sicht seit geraumer Zeit. Nun ist sie bemüht, das Wachstum zu fördern und Jobs zu beschaffen, um deflationäre Tendenzen, die sie ja selbst verschuldet hat, zu bekämpfen.

Deflation führt zu niedrigeren Zinsen und zu einer erhöhten Geldnachfrage. Während die Banken ihre Überschussliquidität abbauen, will die EZB über die neu T-LTRO die Banken zur Kreditvergabe an Unternehmen ausserhalb des Finanzsektors veranlassen. Die Banken geben aber keine Kredite an die Realwirtschaft, weil es an Güternachfrage fehlt. Niemand will in Europa Sachinvestitionen tätigen.

Warum? Weil die EU-Peripherie in einer schweren Depression steckt und im Kern des Euro-Raums eine tiefe Rezession vorherrscht. Warum? Weil die EU-Kommission, während die Wirtschaft in einer Liquiditätsfalle steckt, mit einer harschen Austeritätspolitik die Euro-Krise unnötig weiter vertieft hat: Der Staat darf seine Ausgaben nicht erhöhen. Und der hoch verschuldete Privatsektor muss die Gürter enger schnallen.



Verwendung der EZB-Liquidität, Graph: Finanz und Wirtschaft
Was das Ganze noch weiter verschlimmert, ist der Entscheid der Troika (EU-Kommission, IWF und EZB), internal devaluation zu verordnen, um die Kosten und Preise in den Krisenstaaten des Euro-Raums nach unten zu korrigieren, da die Länder der Euro-Zone über keine eigene Währung verfügen, die hätten abgewertet werden können.

Die EZB hat sich davoni überzeugt gezeigt, die wirtschaftlichen Probleme in Europa via Lohnsenkung zu lösen. Dadurch wurde aber der Nachfrageeinbruch zusätzlich verstärkt und die EU-Peripherie zu einer langen Phase der Massenarbeitslosigkeit verdammt.

Kurzum: Die Geldpolitik verliert an Wirksamkeit, wenn die Wirtschaft in einer Liquiditätsfalle steckt. Die Erhöhung der Liquidität in einer solchen Krise verstärkt die Liquiditätsfalle. Zumal es der EZB nicht gelingt, die Inflationserwartungen zu erhöhen. Die Niedriginflation bleibt daher bestehen.

Was ist zu tun? Da eine expansive Fiskalpolitik in Europa aus ideologischen Gründen nicht zugelassen ist, bleibt der Wechselkurs das entscheidende Instrument, um die Deflation zu bekämpfen.

Auf der Pressekonferenz vom Donnerstag kam es aber nicht explizit zum Ausdruck, dass die EZB Wert darauf legen würde. Der Euro hat sich zwar nach der Ankündigung der unkonventionellen Massnahmen abgeschwächt, aber danach schnell wieder erholt. Die Hedge Funds waren bereits im Vorfeld in Antizipation eines negativen Satzes für Einlagefazilität Euro short. Kurzfristig wird der Devisenmarkt ohnehin von day tradig taktisch geprägten Aktivitäten beherrscht. Nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand sieht eine eventuelle Euro-Abschwächung wie eine Ochsentour aus.

Verbalinterventionen seitens der EZB reichen nicht aus, weil dadurch keine Auswirkungen auf die Kapitalflüsse entfaltet werden, und auch der Verdacht der Beggar-thy- Neighbor Politik aufkommt. Europa soll sich an Japan ein Beispiel nehmen, wie Barry Eichengreen nahelegt. 

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