Freitag, 1. August 2014

Warum ist guter wirtschaftspolitischer Rat so schwer?

Paul Krugman nimmt sich in seiner lesenswerten Kolumne („Knowledge isn’t power“) am Freitag in NYTimes der aktuellen Umfrage der Uni Chicago an.

Seit zwei Jahren trägt die Initiative regelmässig eine Umfrage (IGM Forum) mit führenden Ökonomen aus. Es stellt sich i.d.R. heraus, dass es über ein bestimmtes Thema viel weniger professionelle Kontroverse gibt als die Kakophonie, wie man aufgrund der Berichterstattung in den Medien erwarten würde.

Das gilt sicherlich für die meisten der Umfragen, wo gefragt wird, ob z.B. der American Recovery and Reinvestment Act (US-Konjunkturprogramm als Antwort auf die Finanzkrise von 2008) die Arbeitslosigkeit verringert hat. Die Abstimmung hat ein Ergebnis von 36 zu 1 zustande gebracht. Das heisst, dass bis auf einen alle der befragten Ökonomen dem „Obama-Stimulus“ zustimmen.

Wie es sich herausstellt, war der Aussenseiter Prof. Alberto Alesina von der Harvard University. Er behauptet, dass die Staatsausgabenkürzungen eigentlich expansiv wirken. Aber nur relativ wenige Ökonomen sind damit einverstanden.

Dennoch wandten sich die europäischen Staats- und Regierungschef entscheidend und verheerend an die Austeritätspolitik. Warnungen wurden beiseite geschoben, dass Kürzung der Ausgaben der öffentlichen Hand in einer schwer angeschlagenen Wirtschaft die Rezession verschärfen würde. Stattdessen hörten sie auf Ökonomen, die ihnen sagten, was sie hören wollten. Es war, wie Bloomberg Businessweek es formulierte, „ Stunde von Alesina“.


Umfrage zum Konjunkturprogramm (stimulus) der Obama-Regierung, Graph: Chicago Booth, IGM Forum

Krugman meint natürlich nicht, dass der professionelle Konsens immer Recht hat. Nein. Aber wenn Politiker entscheiden, welche Experten (in vielen Fällen „Experten“) auszusuchen sind, denen man Glauben schenken soll, sind die Chancen gering, dass sie die richtige Wahl treffen.

Darüber hinaus zeigt die Erfahrung, dass es in solchen Angelegenheiten keine Haftung gibt. Man denke daran, dass Amerikas Rechte ihre wirtschaftlichen Ratschläge hauptsächlich von Menschen holt, die mehrere Jahre mit falschen Voraussagen aufgefallen sind, dass z.B. die Inflation durch die Decke schiessen und der US-Dollar völlig zusammenstürzen würde.

All das wirft laut Krugman eine beunruhigende Frage auf: Sind wir als Gesellschaft in der Lage, guten politischen Ratschlag zu holen?

Der einzige Teil unseres Systems, der aus der Geschichte etwas gelernt zu haben scheint, ist die US-Notenbank, so Krugman. Und die Massnahmen der Fed, die unter Ben Bernanke getroffen wurden, von Janet Yellen weitergeführt werden, sind wohl der einzige Grund, warum die Depression sich nicht vollständig entfaltet hat.

Ganz gewiss gibt es im Kongress Kräfte, die die Handlungsfreiheit der Fed einschränken wollen. Kein einzelnes Mitglied des Chicago-Experten-Gremiums denkt aber, dass es eine gute Idee wäre. Wir sehen heute, wie viel es darauf ankommt, legt Krugman als Fazit dar.

Die Makroökonomie ist natürlich nicht die einzige Herausforderung, mit der wir konfrontiert sind. In der Tat sollte es einfach sein, im Vergleich zu vielen anderen Themen, die mit Fachwissen angepackt werden müssen, wie z.B. Klimawandel. Man muss sich daher fragen, ob und wie wir die Katastrophe unterbinden können.


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