Montag, 31. August 2015

Warum die Zinsen nicht zu niedrig sind

“Das Argument für eine Anhebung der Zinsen ist einfach: wie bei jeder Ware sollte der Preis für die Kreditaufnahme, d.h. der Zinssatz, von Angebot und Nachfrage bestimmt werden, nicht durch Manipulation via ein Ungeheur im Markt. Im Wesentlichen hat das kluge QE-Programm eine weit verbreitete Fehlbewertung der Risiken von verschiedenen Finanzanlagen, die wir kaufen, verursacht.”

Das schreibt William Cohan in NYTimes. Es mag sich auf Anhieb vernünftig anhören. Aber die Aussage ist grundfalsch. Warum, erklärt Paul Krugman in seinem Blog im selben Blatt.

Cohans Theorie der Zinsen reflektiert die alte Vorstellung vom Modell der Kreditmärkte (loanable funds): der Zinssatz wird von Angebot und Nachfrage an und nach Kredit bestimmt.

Wie Keynes und Hicks vor drei Generationen erklärten, ist es eine völlig unzureichende Story, weil es die Realität übersieht, dass das Einkommensniveau nicht festgelegt ist  und Veränderungen im Einkommen das Angebot und die Nachfrage in Sachen Kredit beeinflussen. 

Das Modell loanable funds bestimmt den Zinssatz nicht; alles was es tut, ist, eine Beziehung zwischen Zinsen und Einkommen zu definieren.



IS-LM-Modell, Graph: Paul Krugman in NYTimes



Was bestimmt, wo wir (auf der oben abgebildeten Kurve) schliesslich landen, ist die Geldpolitik, hebt Krugman hervor. Die Fed legt die Zinsen fest, ob sie es will oder nicht. Selbst eine Nichteinmischungspolitik (hands-off policy) müsste die Höhe der Geldbasis (Notenbankgeldmenge; d.h. monetary base) irgendwie festlegen, was nicht anders als eine geldpolitische Entscheidung bedeutet.

Und woher wissen wir, wenn die Fed die Zinsen zu niedrig gesetzt hat? Wie Hicks erklärt hat: wenn die Wirtschaft überhitzt ist, sind die Zinsen zu niedrig und die Inflation steigt rasch. Das ist nicht, was wir derzeit betrachten, während die nominalen Zinsen nahe null liegen (zero lower bound) und die Notenbank QE-Politik durchführt.

Die Zinsen sind nicht zu niedrig wegen der QE-Politik der Zentralbank, wie Cohan impliziert. In der Eurozone gab es keine QE-Politik von 2009 bis 2013 via EZB. Die Zinsen sind heute in der EWU niedriger als in den USA. Und sie dürften noch lange niedrig bleiben.




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