Dienstag, 12. April 2016

Deutschlands Kapitalexporte und Niedrigzinsen

Der Höhenflug der deutschen Bundesanleihen setzt sich fort: Die Umlaufrendite der deutschen Staatsanleihen ist am Montag erstmals auf null Prozent gefallen. Die Laufzeiten bis auf 9 Jahren bieten derzeit eine Negativrendite. Die Staatspapiere mit 10 Jahren Laufzeit werden mit einer Rendite von 0,11% gehandelt.

Da der Einlagensatz der EZB negativ ist, zahlen die Geschäftsbanken, die Geld bei der Notenbank parken, eine Art Gebühr von 0,4%.

Die Anleger sind bereit, für deutsche Staatspapiere eine negative Rendite in Kauf zu nehmen. Minus-Rendite fressen sich aber auch in den Privatsektor:

Berlin Hyp, eine kleine Bank hat im vergangenen Monat eine Anleihe (sog. Pfandbrief, gedeckt durch Immobilien) über 500 Mio. EUR mit einer Negativ-Rendite herausgegeben. Das heisst, dass die Anleger darauf zahlen, statt Zinsen zu bekommen.

Bemerkenswert ist aber, dass Wolfgang Schäuble die EZB beschuldigt, nicht nur für die Niedrigzinsen verantwortlich zu sein, sondern auch am Erstarken der AfD in Deutschland Mitschuld zu tragen.




Rendite der Staatsanleihen mit 2 Jahren Laufzeit im Vergleich: USD vs. EUR, Graph: Morgan Stanley



Deutschland kann mit Null-Zinsen erstmals Kredit aufnehmen. Doch Bundesfinanzminister hält im schwer angeschlagenen Umfeld der europäischen Wirtschaft am ausgeglichenen Budget („Schwarze Null“) fest.

Während der Privatsektor (Haushalte und Unternehmen) Netto-Sparer sind, soll also auch der öffentliche Sektor sparen. Die Gürtel werden enger geschnallt, koste es, was es wolle.

Das gesamtwirtschaftliche Sparen geht aber damit zu Lasten von Investitionen. Und die Lücke öffnet sich weiter. Der wesentliche Grund ist Deutschlands Leistungsbilanzüberschuss, der mittlerweile 8% der Wirtschaftsleistung (BIP) ausmacht.



Rendite der Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit im Vergleich: USD vs. EUR, Graph: Morgan Stanley


Da die Zahlungsbilanz (ZB) bei frei schwankenden Wechselkursen per Definition ausgeglichen ist, ergibt sich bei einem Überschuss in der Leistungsbilanz (LB) ein Defizit bei der Kapitalbilanz (KB). 

Das heisst, dass Deutschland Kapital exportiert. Mit anderen Worten werden rund acht Prozent des BIP im Ausland angelegt, nicht im Inland. Der Überschuss in der Leistungsbilanz rührt daher unvermeidbar aus dem Auswuchs der Ersparnisse (private Haushalte, Unternehmen und die öffentliche Hand) über die Investitionen.

Das ist die Quelle, wo die Niedrigzinsen der EZB herkommen. Nicht dass Mario Draghi, EZB-Präsident die Zinsen aus Jux und Tollerei niedrig hält. Zur Erinnerung: Deutschland ist die grösste Volkswirtschaft in der Eurozone.



Inflationserwartungen in den USA und im Euroraum (gemessen an Breakeven-Sätzen für 5 Jahre auf 5 Jahre hinaus), Graph: Morgan Stanley


PS:

Die Bundesbank hatte im Monatsbericht Oktober 2015 unterstrichen, dass „die realen Renditen das Spar- und Anlageverhalten deutscher Privathaushalte seit Beginn der 1990er Jahre allenfalls geringfügig beeinflusst hat. Stattdessen dürften einkommens- und vermögensbezogene sowie demographische Faktoren wichtigere Determinanten sein“


PPS:

Leistungsbilanz = Ersparnisse – Investitionen.
Hat LB ein Defizit, muss KB einen Überschuss aufweisen.


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