Montag, 14. November 2016

Wachstum und populistische Wirtschaftspolitik


Die Rendite der US-Staatsanleihen mit 30 Jahren Laufzeit ist zum ersten Mal seit Januar wieder auf 3% geklettert. Noch im Juli belief sich die Rendite der 30-jährigen US-Treasury Bonds auf 2,0882%.

Seit der Wahl von Donald Trump zum 45. US-Präsidenten ist an den globalen Märkten ein Anstieg der Renditen für Staatspapiere in den grössten Volkswirtschaften zu beobachten. 

Die bisher öffentlich bekannten wirtschaftspolitischen Vorhaben des republikanischen Politikers werden in den Märkten allem Anschein nach als „potentiell inflationär“ betrachtet, was die Fed veranlassen dürfte, die Zinsen früher und schneller zu erhöhen als geplant.

Der designierte US-Präsident hat am Wochenende sein Engagement für Infrastrukturen wiederholt unterstrichen. Investoren gelangen damit zum Schluss, dass die Kombination einer Umstellung auf eine sehr expansive Fiskalpolitik und ein deutlicher Abbau der Regulierung in den Sektoren von Energie über Finanzen bis hin zu Medikamentenpreisen die Nachfrage animieren und die US-Wirtschaft fördern (reflation) würde.

Im Ergebnis steigen nun die Real-Zinsen und Inflationserwartungen im Markt. Und der US-Dollar neigt zur Stärke.

Der von Peter Navarro und Wilbur Ross, Trumps Beratern präsentierte Plan beinhaltet einen Ansatz, der auf Steuergutschriften für Eigenkapital-Investitionen setzt und auf die Beteiligung des privaten Sektors basiert, die aber nicht die bedeutendsten Projekte abdeckt, legt Larry Summers in seiner lesenswerten Kolumne in FT dar.


Donald Trump’s Steuersenkungspläne und Auswirkungen, Graph: Morgan Stanley
Die Staatseinnahmen würden demnach in den nächsten 10 Jahren um rund 10'000 Mrd. USD abnehmen.


Der ehemalige Finanzminister der Bill Clinton Administration erinnert vor diesem Hintergrund an die Forschungsarbeit von Rudiger Dornbush, wonach populistische Wirtschaftsprogramme auf die kurze Sicht im Allgemeinen positive Ergebnisse liefern, aber über die mittel- und lange Frist katastrophal für die Arbeitnehmer enden.



US-Dollar (handelsgewichtet), Graph: FT


Angesichts der Konstruktionsfehler, unglaubwürdiger Annahmen und rücksichtsloser Missachtung der Weltwirtschaft hält der an der Harvard University tätige Wirtschaftsprofessor von Trumps Konjunkturprogramm nicht viel. Seiner Meinung nach könnten die Pläne US-Arbeitnehmern nur Schade bringen.


Die Rendite der US-Staatsanleihen mit 30 Jahren Laufzeit ist auf 3% gestiegen, Graph: fastFT


Goldman Sachs Ökonomen sagen, dass Trumps Policy Mix auf dem globalen Wirtschaftswachstum lasten („modest drag“) werde. 

Alles in allem gehen die Analysten der amerikanischen Investmentbank aufgrund der in Aussicht gestellten Kombination von Fiscal Stimulus, Handelstarifen, restriktiven Einwanderungsregeln und höheren Zinsen von negativen Auswirkungen auf die Weltwirtschaft aus.  

Während die fortentwickelten Volkswirtschaften einen anfänglichen Schub erfahren würden, würden die Auswirkungen rasch nachlassen und auf die Schwellenländer übergreifen.



Wechselkurs-Effekte von Trumps Vorhaben auf den USD, EUR, JPY und RMB, Graph: Goldman Sachs via Bloomberg

Nouriel Roubini schätzt in seiner Kolumne („The Taming of Trump“)  in Project Syndicate, dass die Pläne des designierten US-Präsidenten zur Steuersenkung die Einnahmen der öffentlichen Hand in den USA rund 9'000 Mrd. USD ($9 trillion) über ein Jahrzehnt verringern würden.

In diesem Zusammenhang bemerkt auch Joseph Stiglitz in seiner Kolumne ebenfalls in Project Syndicate, dass Amerikas regressives Steuersystem, das die Ungleichheit fördert, indem es die Reichen reicher macht, reformiert werden muss.

Ein offensichtliches Ziel sollte es sein, die besondere Behandlung von Kapitalgewinnen und Dividenden zu beseitigen. Ein anderes ist aber, die Steuersätze für Unternehmen, die investieren und Arbeitsplätze schaffen, zu senken, hält Stiglitz fest.

Was das von vielen Beobachtern als „Überraschung“ wahrgenommene Wahlergebnis nahelegt, ist, dass ein umfassender Ansatz notwendig ist, die Einkommensverteilung zu verbessern.


US-Inflationserwartungen gemessen an 5y5y breakeven-Sätzen, Graph: Morgan Stanley












Keine Kommentare: