Mittwoch, 24. Mai 2017

Irreführende Kritik an Staatsanleihekäufen


Jens Weidmann hat am Dienstag in einem Vortrag in Frankfurt am Main seine Kritik an den Staatsanleihekäufen (QE-policy) des Eurosystems bekräftigt.

Bundesbankpräsident hat gesagt, dass solche Käufe dazu führen, dass die Grenze zwischen Geld- und Finanzpolitik verschwimme. 

Seine Sorge betrifft v.a. die Preisstabilität. Es sei entscheidend, dass die EZB die geldpolitischen Zügel rechtzeitig wieder straffe.

Es ist aber unwahrscheinlich, dass die QE-Politik inflationär ist. Es handelt sich dabei um eine Annahme der Orthodox Monetary Theory, die nicht zutrifft.

Mehr als 90% des Geldes besteht aus „inside money“, wie Markus Brunnermeier in seinem lesenswerten BuchThe Euro and the Battle of Ideas“ erläutert.

Das heisst, dass fast das ganze Geld, das wir heute benutzen, durch die Kreditvergabe-Tätigkeit der privaten Banken geschaffen ist.

Das Notenbankgeld (central bank money), das von Geschäftsbanken in Form von Reserven bei der Zentralbank gehalten wird, kann nicht in die Realwirtschaft gelangen.

Nur das Notenbankgeld in Form von Noten kommt in die Wirtschaft, und zwar nur, um den Cash-Bedarf der Öffentlichkeit zu decken.


Deutschland als Netto-Sparer: Die Sektor-Bilanz der deutschen Wirtschaft, Graph: Simon Tilford in: „German rebalancing: Waiting for Godot?“, March 2015


Die Modern Money Theory hält es für eine Fiktion, dass die der Wirtschaft zur Verfügung stehende Geldmenge von der Zentralbank kontrolliert werden kann.

Die Banken sind nicht auf die Einlagen, die die privaten Haushalte und Unternehmen bringen, angewiesen, um Kredit zu vergeben. Das neue Geld wird auf Abruf (besser gesagt Nachfrage) geschaffen. 

Die Banken brauchen keine Kunden-Einlagen oder Reserven, bevor sie Kredit gewähren; sie schaffen Einlagen in dem Moment, in dem sie einen Kredit geben. Deshalb heisst es, dass das Geld endogen ist. Die Kreditvergabe ist deshalb nicht an Reserven gebunden.

Die QE-Politik wurde im Rahmen der unkonventionellen Geldpolitik eingesetzt, um die Liquidität in den Märkten zu erhöhen sowie die privaten Haushalte und Unternehmen zur Kreditaufnahme zu ermutigen.

Die Fed hat zwischen 2008 und 2014 insgesamt drei QE-Programme ausgeführt. Die Bank of England hat zwischen 2009 und 2012 eine QE-Politik umgesetzt. Die EZB hat hingegen lange gezögert und schliesslich im Januar 2015 mit Staatsanleihekäufen begonnen.

Das Ziel war dabei, den Transmissionsmechanismus zu animieren, via Extra-Liquidität erhöhte Ausgaben auszulösen und die Produktion in Europa anzukurbeln. 

Wichtig ist dabei, sich zu vergegenwärtigen, dass die Kreditvergabe der Banken nicht auf die Reserven angewiesen ist. Die Banken benötigen m.a.W. keine zusätzlichen Reserven, um die Kreditvergabe zu fördern. Und sie verleihen keine Reserven. Die Reserven, die die Zentralbanken durch die QE-Politik schaffen, bleiben bei den Banken und gelangen nicht in die Realwirtschaft. 

Was die Banken brauchen, sind kreditwürdige Schuldner. Und daran mangelt es im Euroraum, und zwar seit langer Zeit. Das Problem liegt also an der Nachfrage, nicht am Angebot. 

Wenn Kreditnehmer auftauchen würden, würden die Banken dazu übergehen, die Kreditvergabe zu beschleunigen und damit dazu beitragen, dass die Ausgaben in der Wirtschaft steigen.



Die Finanzierungssalden der deutschen Wirtschaft: private Haushalte, Unternehmen und der Staat; alle sparen, und nur das Ausland verschuldet sich, Graph: Martin Wolf, FT, („Germany is the eurozone’s biggest problem“), May 2016.


QE, bzw. Anleihekäufe durch die Zentralbank ist daher unwahrscheinlich inflationär. Weidmann braucht sich wegen der QE-Politik der EZB keine Sorgen zu machen. 

Die Banken hätten auch ohne die zusätzlichen Reserven, die sie via QE-Politik angehäuft haben, Kredit vergeben können. Aber es fehlt, wie gesagt, an Nachfrage.

QE ist ferner nichts anderes als der Austausch von Wertschriften für die Reserven durch die elektronische Buchung: QE tauscht nämlich die eine Art von Anlage (langlaufende Staatsanleihen) für die andere Art von Anlage (Bank-Reserven). 

Damit wird bloss die Zusammensetzung von Portfolios der Geschäftsbanken umgewandelt, was nicht unbedingt zu einem Anstieg des Einkommens von privaten Haushalten oder Unternehmen führt.

Als Fazit lässt sich festhalten, dass QE ein stumpfes Instrument ist, um die gesamtwirtschaftliche Nachfrage anzukurbeln. Wenn die Entscheidungsträger einsehen würden, dass das Kernproblem in den fortentwickelten Volkswirtschaften die mangelnde Nachfrage ist, müssten sie Fiskalpolitik einsetzen. Es kommt aber nicht dazu, weil sie eine falsche Vorstellung vom Geld hegen.





1 Kommentar:

Johannes hat gesagt…

Die QE Programme sind nur dafür da, um die EK Basis der Banken zu stärken.